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Die Familie und ihre Zerstörer

Was schief läuft und was anders werden muss – Eine überfällige Debatte

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3.4.5.12. Die Rente ist sicher

Der Mythos von der Rente wurde durch den Satz „Die Rente ist sicher!“ begründet. Er stammt von Norbert Blüm, der von 1982 bis 1998 Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung war.

Siehe auch: Altersvorsorge


Heutzutage wird Norbert Blüm durch die Talkshows gereicht, wo er erklären darf, dass er mit dem Versprechen „Die Rente ist sicher!“ nicht gelogen habe. Die (staatliche garantierte) Rente ist tatsächlich sicher und über die Rentenhöhe wäre dabei ja keine Rede gewesen. Damit hat Blüm Recht, gelogen hat er nicht, dazu ist er zu gewieft. Trotzdem war und ist sein Satz eine Beschwichtigungs­formel und alles andere als aufklärerisch, was die Alterssicherung betrifft.

Renten- und Sozial­experte Jürgen Borchert weist darauf hin, wie falsche Begriffe richtiges Verständnis verhindern und in die Irre führen können. Renten­versicherung, Generationen­vertrag, versicherungs­fremde Leistungen, Familien­leistungs­ausgleich, kostenfreie Mitversicherung, nachhaltige Sozialpolitik usw., all diese Begriffe täuschen, weil sie nicht sagen, was wirklich ist!

Der Begriff „Renten­versicherung“ ist das verheerendste Beispiel der sozialen Zerstörung durch Sprache, womit der Staat seit Ende der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts semantischen „Versicherungs­betrug“ betreibt. Zu Bismarcks Zeiten war bei einer Lebens­erwartung von nur 40 Jahren und einem Renteneintrittsalter von 70 Jahren das Erreichen des Rentenalters eine Ausnahme von der sozialen Norm und deshalb prinzipiell auch versicherbar. Denn das Versicherungs­prinzip ist nur geeignet, den Einzelnen gegen die Abweichung eines Falles von der sozialen Norm zu sichern. Heute aber werden wir 80 und mehr Jahre alt, der Rentenfall ist also zur – per se unversicherbaren! – sozialen Norm geworden. Das Risiko der unter­schiedlichen Dauer des Ruhestandes trägt vollständig die Nachwuchs­generation!

Die Versicherungs­terminologie suggeriert dem Versicherten außerdem, dass seine Alters­vorsorge mit seinen Beiträgen weitgehend geregelt ist. Real­ökonomisch sind diese Beiträge aber gar keine Vorsorge, weil sie ausschließlich dem Unterhalt der jeweiligen Eltern-Generation dienen. Der ihnen zugeschriebene Vorsorge­charakter ist eine juristische Fiktion! Hier entpuppt sich die Versicherungs­terminologie als besonders schwer­wiegender semantischer Betrug, weil sie Politik und Gesellschaft vergessen lässt, dass Kinder ohne die angeblich renditearme gesetzliche Renten­versicherung für ihre Eltern privat haften müssen, was sie teuer zu stehen kommen kann, und dass sie gleichzeitig für ihr eigenes Alter durch Kinder­erziehung vorsorgen müssen. Wer keine Kinder hat, baut für seine Alters­vorsorge auf die Kinder anderer Leute. Das hat auch das Bundes­verfassungs­gericht in seinem so genannten Trümmer­frauen­urteil 1992 und wieder im Pflegeurteil 2001 klar gestellt.[1]

Der Generationen­vertrag bezeichnet einen fiktiven gesell­schaft­lichen Konsens, der die Finanzierung der gesetzlichen Renten­versicherung sichern soll. Die jeweils sozial­versicherungs­pflichtigen Erwerbstätigen zahlen mit ihren Beiträgen in die Renten­versicherung die Leistungen für die aus dem Erwerbsleben ausgeschiedene Generation und erwerben dabei einen Anspruch auf ähnliche Leistungen der nachfolgenden Generationen an sich selbst. Der Generationen­vertrag ist ein Euphemismus zur Beschreibung des Umlageverfahrens in der gesetzlichen Renten­versicherung.[2] Der Begriff Generationen­vertrag entstand mit dem Umlage­verfahren, das unter Konrad Adenauer mit der Rentenreform 1957 eingeführt wurde. Ein funktionierender Generationen­vertrag setzt natürlich nicht nur voraus, dass die aktive Generation Rentenbeiträge für die verrentete Generation erwirtschaftet, sondern auch durch Kinder­aufzucht für eine heranwachsende Generation sorgt, die später die eigene Rente erwirtschaftet. Konrad Adenauer sagte dazu nur lapidar: „Kinder kriegen die Leute von alleine!“ [3] Doch weil die Menschen nicht so blöd sind, wie Politiker glauben, haben sie schnell begriffen, dass selbstgewählte Kinder­losigkeit von Vorteil ist. Die kinder­losen Doppel­verdiener (DINKs) profitieren dreifach: Durch das doppelte Einkommen können sie sich in der Zeit eigener Berufstätigkeit durch ein höheres Einkommen einen besseren Lebens­standard leisten, im Alter profitieren sie von höheren Renten­anwart­schaften und sie sparen sich die Reproduktions­arbeit. Ihre Rente muss von den Kindern derer erwirtschaftet werden, die wegen geleisteter Reproduktions­arbeit weniger Einkommen erwirtschaften konnten und damit auch weniger für die eigene Renten­anwart­schaft einzahlen konnten. Damit ist klar: „Wer Kinder kriegt, zahlt drauf.“[4] Das verstößt zwar gegen die Verfassung, kümmerte aber verantwortliche Politiker nicht. Die begnügten sich mit Parolen von der „sicheren Rente“. 2001 wies das Bundes­verfassungs­gericht unter dem Akten­zeichen 1 BvR 1629/94 darauf hin, dass das Konzept der von Generation zu Generation weiter­gereichten Verantwortung für die Schwachen und Alten nicht funktioniert, wenn es nicht mehr genug Kinder gibt.[4]

Mit der Riester-Rente und der so genannten „Eigen­vorsorge“ wird alles noch viel schlimmer. Eine Familie mit Kindern bezahlt für die Rente dreifach:

  • Die staatlichen Renten­beiträge finanzieren die Rente der Eltern­generation.
  • Die Kinder erarbeiten die Rente der Kinderlosen.
  • Das Riester-Modell ist schließlich eine Vor­finanzierung der eigenen Rente.

Wirtschafts­professor Heinz Lampert fasst so zusammen: „Die Nutzen der Kinder­erziehung werden sozialisiert, ihre Kosten dagegen privatisiert.“ [4] Mit einfacheren Worten: Wer als Mann heute Kinder zeugt, ist ein Depp! Das gilt umso mehr, wie im Kapitel Unterhalt gezeigt wurde, dass der Mann in der Regel auch noch die geschiedene Allein­erziehende finanzieren „darf“.

Bevor Otto von Bismarck im Jahre 1891 die erste Invaliden- und Alters­versicherung in Kraft setzen ließ, waren die Bürger bei ihrer Alters­versorgung auf sich allein gestellt. Die beste Alters­vorsorge waren viele Kinder, die für ihre Eltern sorgten, wenn diese nicht mehr arbeiten konnten. Das zeigt sich u. a. im dem System des Altenteils.[5] Das Problem der Alters­versorgung beschränkt sich nicht in dem Spannungsfeld der Kinderlosen und der Familien. Dazu lohnt es sich, das System des Altenteils zu studieren. Es zeichnet sich unter anderem damit aus, dass sowohl die Dienst­leistung der Kinder­generation als auch der Konsum der Eltern­generation in der Hand der Familie bleibt. In der modernen Alters­versorgung kann es dazu kommen, dass die Eltern von professionellen Pflegekräften versorgt werden (die mit damit ihre Familien ernähren), während die Kinder arbeitslos sind und ihre Familie nicht (selbst) ernähren können. Das macht für die Familie als Wirtschafts­einheit gesehen, keinen Sinn, denn das schwächt nicht nur die soziale Bindung, sondern auch die wirtschaftliche Basis. Die Riester-Rente trocknet die Familien finanziell vollkommen aus. Eine primitive Art der Alters­vorsorge wäre, einen gewissen Betrag monatlich beiseite zu legen und unter dem Kopfkissen zu deponieren. Der Vorteil dabei ist, dass die Familie über die Geldsumme die Verfügungs­hoheit behält. Ob unerwartete Operationen oder notwendige Reparaturen am Haus, das gesparte Geld kann kurzzeitig eingesetzt werden. Natürlich ist Geld untern dem Kopfkissen nicht sehr produktiv, die Familie könnte das Geld aber auch in ein selbstständiges Geschäft oder in die Bildung der Kinder investieren. Mit der Riester-Rente steht das Geld nicht der Familie zur Verfügung, sondern anderen: Den Versicherungen, den Banken und dem Geldmarkt. Es profitieren andere von der Finanzkraft der Familie und nicht die Familie selbst. Die Riester-Rente ist also ein System, den Familien die liquiden Mittel zu entziehen. Das führt letztlich dazu, dass Normalverdiener sich Familie einfach nicht mehr leisten können. Damit kehrt die Gesellschaft in Zeiten zurück, wo sich die (bürgerliche) Ehe nur begüterten Kreisen vorbehalten war.



WDR – Monitor
„Arm trotz Riester. Sparen fürs Sozialamt.“, 10. Januar 2008 HTML-Dokument PDF-Dokument Video-Dokument
(Schlechte Beratung, Riester-Rente wird auf Grundsicherung, der Sozialhilfe im Alter, angerechnet. Schon für einen Durch­schnitts­verdiener lohnt sich Riester nicht.)
„Milliarden Subventionen für die Versicherung dank Riester?“, 22. Mai 2008 HTML-Dokument HTML-Dokument PDF-Dokument Video-Dokument
(Die Kalkulation der Riester-Rente. Vergleich der Nachsteuerrenditen von verschiedenen Rentenprodukten. Verhältnis von Lebenserwartung und Auszahlung, die Rolle der staatlichen Subventionen. Die Lebenserwartung der Bevölkerung beträgt 88 Jahre, Versicherungen rechnen aber mit 98 Jahren.)
2:10 Min: Wie eine Riester-Rente funktioniert. Die Versicherer kalkulieren legal mit Lebenserwartungen von 98 Jahren. Die garantierte Rate (aus Beitrag und Subvention) ist so kalkuliert, dass dieses Geld erst aufgebraucht ist, wenn er 98 Jahre alt ist. Stirbt der Riester-Rentner früher, fließen dann erstmal in die Risiko­über­schüsse der Rücklagen der Versicherer.
3:15 Min: Nach 67 erhält der Riester-Renter in den ersten 20 Jahren nur das selbst eingezahlte (verzinste) Eigenkapital zurück, erst danach würde er von den Subventionen profitieren.
4:00 Min: SPD-Rentenexperten Rudolf Dressler: Dem Renter wird suggeriert, dass er einen hohen Anteil der staatlichen Subvention auch tatsächlich erhält. Die Wahrheit ist aber, dass er im Durchschnitt nur 87 Jahre alt wird, die Subvention würde ihn aber erst erreichen, wenn er viel älter wird als 87 Jahre.
7:40 Min: Die Versicherer verdienen Milliarden an den Subventionen, von den Risiko­über­schüssen dürfen sie 25 % einbehalten.
„Trotz Riester-Rente keinen Euro zusätzlich. Interne Berechnungen der Deutschen Renten­versicherung wecken Zweifel am Nutzen der Riester-Rente für Geringverdiener.“ – MONITOR Nr. 598, 24. September 2009HTML-Dokument
„Riester-Rente lohnt sich nicht? Sparen fürs Sozialamt.“ – 10. Januar 2008HTML-Dokument Audio-Dokument Audio-Dokument Video-Dokument
ARD – Tagesschau
„Große Unterschiede bei Riester-Versicherungen. Falsch geriestert – weniger Rente.“ HTML-Dokument Video-Dokument Audio-Dokument
„Millionen Versicherten droht Nachteil. Wem nützt die Riester-Rente?“ HTML-Dokument Video-Dokument Video-Dokument Video-Dokument
ZDF – Frontal21
„Fragwürdige Versprechen. Kaum Rendite mit Riester-Rente.“, 11. November 2008 HTML-Dokument PDF-Dokument Video-Dokument
(Die Rendite der Riester-Rente. Die Gebühren der Versicherungen fressen rund 20 % der Beiträge.)
ARD – PlusMinus
„Finanz-TÜV gebraucht. Wie Riester-Berater reihenweise durchfallen.“, 4. März 2009 HTML-Dokument Video-Dokument
(Die Gebühren der Versicherungen.)
„Das Rentensystem schützt nicht mehr vor Armut“, Interview mit Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands HTML-Dokument
(Die private Vorsorgeleistung wird mit der Grundsicherung, der Sozialhilfe im Alter, verrechnet.)
Altersvorsorge. Bauchlandung mit Immobilienfonds., 17. Februar 2009
Sparen für nichts. Trotz privater Altersvorsorge später arm., 15. Januar 2008
„Riestern lohnt sich auf jeden Fall für den Staat“, Interview mit dem Sozial­wissen­schaftler Professor Meinhard Miegel
Norbert Blüm bei „Markus Lanz“ am 17. November 2016:
„Ich halte die Riester-Rente für Betrug.“ Video-Dokument



[1] „Wie Juristen Flüsse bergauf fließen lassen – Die Sprache der Familien­politik“, Wenn Begriffe das Begreifen verhindern, Interview mit Jürgen Borchert auf dem Familienkongress 2006
[2] Wikipedia: Generationenvertrag
[3] Deutschlandradio: Lebenszeit: Nur noch die Selbstverwirklichung im Blick, 30. März 2007
[4] a b c Ein Segen für die Familie, Spiegel am 9. April 2001
[5] WGvdL-Forum: „Die Zerstörung der Familie“