Informationsstelle
für verheiratete
Männer und Frauen

Die Familie und ihre Zerstörer

Was schief läuft und was anders werden muss – Eine überfällige Debatte

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3.4.5.2. Die Unterhaltslüge

Die Unterhaltslüge besteht in der Vorstellung, eine Frau erwerbe sich Unter­halts­ansprüche wie ein Mann Renten­ansprüche. Während ein Mann sich seine Rente mit 30-40 Jahren harter Arbeit inklusive Renten­beitrags­zahlung erarbeiten muss, erwirbt eine Frau ihren Unter­halts­anspruch allein aufgrund einer Scheidung oder Geburt eines unehelichen Kindes.

Siehe auch: Unterhalt, Unter­halts­maximierungs­prinzip


Vergeblich hatte Walter M. versucht, mit seiner Frau zu einer vernünftigen Umgangs­regelung für den gemeinsamen Sohn zu kommen. Aber sie hielt sich nicht an Absprachen. Mal war der Kleine krank, mal war sie mit ihm verreist, wenn er ihn abholen wollte. Wochenlang hatte er seinen Sohn nicht gesehen. Schließlich wandte er sich ans Jugendamt, wo er auf Unterstützung hoffte. Die Sach­bearbeiterin war perplex, als er auftauchte. «Was wollen Sie denn hier?» fuhr sie ihn an. «Sie haben den Unterhalt doch schon überwiesen.» Der Fall war für sie erledigt: Die Frau hatte das Kind, und der Mann zahlte regelmäßig Unterhalt. Alles in Butter.

Unterhalt ist das zentrale Scharnier des feministischen Familien­diskurses. Unterhalt tritt dann in Kraft, wenn eine Ehe zerbrochen ist. Da statistisch jede zweite Großstadtehe nach relativ kurzer Dauer zerbricht, und zwar zu über zwei Dritteln auf Initiative der Frau, wird viel an Unterhalt bewegt. Die männliche Seite unserer Scheidungs­gesell­schaft verschmilzt zu einer Art Gesamtarbeitgeber, der Milliarden aufbringt, um die weibliche Hälfte der Gesellschaft zu alimentieren.

Jede Frau, die sich scheiden läßt, erwirbt sich – durch ebendie Scheidung – einen Unterhaltsanspruch. Die Qualifikation für diese finanzielle Zuwendung dauert ungefähr so lange wie eine Friseurlehre. Sie ist in einer etwa drei Jahre dauernden Kurzehe erworben. Doch die Gratifikation nach Abschluß dieser «Aus­bildungs­zeit» ist in vielen Fällen weitaus höher.

Eine Friseuse muß Haare schneiden und Dauerwellen legen. Eine Frau, die einen Unter­halts­anspruch hat, muß es nicht. Im Gegenteil. Sie ist gut beraten, das genau nicht zu tun; denn nur wenn sie nicht arbeitet, fließt der Unterhalt in voller Höhe. Es ist also weitaus lukrativer für eine Frau, zur Friseuse zu gehen, als selber eine zu werden. Der Gesetzgeber begründet das so: Schließlich hat sie die Sorge für die Kinder, die in einem staatlichen Kinder­garten von staatlich finanzierten Kinder­gärtnerinnen beschäftigt werden. Sie kann also nicht arbeiten gehen, sondern allenfalls zum Friseur.

Nicht nur Ehefrauen erwerben sich Unter­halts­ansprüche, sondern auch jene, die den Mann nur als Zeuger wollen. Die Zeitschrift Focus berichtete über den Kölner Jungunternehmer Kai M., dem nach einer losen Liaison der Laufpaß gegeben wurde. Als Abschiedsgeschenk eröffnete ihm die emanzipierte Freundin: «Ich bin schwanger, aber ich will dich gar nicht, nur das Kind.»

Allerdings wollte sie mehr – und bekam es auch: drei Jahre «angemessenen Unterhalt» von einem Vater, der keiner werden wollte, für eine Frau, die ihn heimlich auch nie als solchen, sondern nur als Versorgungs­unternehmen eingeplant hatte. Drei Jahre lang zahlt der Betrogene bis zur Hälfte seiner Einkünfte an die Betrügerin.

Unterhalt ist ein Euphemismus. Auf ihm liegt der sozial­demokratische Zauber, den auch Wohl­fahrts­staatsbegriffe wie «13. Monats­gehalt», «Krankengeld», «Urlaubs­regelung» etc. ausüben. Er bezeichnet für Frauen irgendetwas, auf das sie Anspruch haben, weil sie Frauen sind. Unterhalt – nicht etwa mehr oder minder hart erarbeitetes Geld des Mannes, sondern weibliches Geburtsrecht. So etwas wie die Menschen­rechte. Um den Unterhalt dreht sich alles.

Einst bezeichnete Unterhalt die Zuwendung, die eine Frau erhielt, der der Mann weggelaufen war. Die Unter­halts­zahlung diente damit als moralische Strafe für den Mann und als Rachetrost für die Zurück­gelassene. Gesetzliche Strafen für Frauen, die die Ehe verlassen, wurden nie erwogen.

Allerdings hatte sie bei ehelicher Untreue ihren Anspruch auf Unterhalt verwirkt. Doch mit der Aufhebung des «Schuld­prinzips» in der Rechtsreform von 1976 wurde selbst das geändert. Nun kann jede Frau praktisch tun und lassen, was sie will. Sie kann gegen Loyalität und eheliche Treue verstoßen. Die Regel gilt: Der Mann zahlt fast immer.

Heute also bezeichnet Unterhalt vielfach die Summe, die eine Frau mit Hilfe eines Kindes aus ihrem Mann heraus­schlägt, bevor sie sich einem anderen zuwendet. Eine lebenslange Luxus­steuer, die ein Mann für den fatalen Irrtum entrichtet, den Wunsch gehabt zu haben, mit ihr eine Familie zu gründen.

Autorin Gaby Hauptmann witzelt in einem Stern-Interview: «Nach drei Scheidungen muß es sich eine Frau einfach leisten können, einen Porsche zu fahren. Sonst hat sie was falsch gemacht.» Frauen lieben ihr Buch «Suche impotenten Mann fürs Leben» – ein Mega-Bestseller. Eine Schwarte, die gleichermaßen gutmütige Männer verspottet wie jene Frauen, die ihre Ehe immer noch nicht als zeitlich begrenzte Wegelagerei begreifen wollen.

Der Unter­halts­anspruch ist zur Vielzweck­waffe geworden, zum Beispiel für all jene, die sich rächen wollen. Die Leitfäden für die moderne Frau lassen die Elendsgeste, mit der Unterhalt normalerweise eingefordert wird, längst fallen wie eine überflüssig gewordene Attrappe. Etwa: «Er hat sie gekränkt. Kein Grund zum Schmollen. Die bessere Alternative. Treffen Sie ihn an seiner empfindlichsten Stelle: zahlen soll er!»

Das empfiehlt Cosmopolitan-Autorin Lena Kirchberg unter der Rubrik «Rache­strategie». Die moderne Frau mag es nun mal nicht, gekränkt zu werden. Sie hat dann das Recht zur Vernichtung. Sie muß nur noch aufpassen, daß ihr der Kerl nicht vor der Zeit unter den Qualen wegstirbt: «Dem Spiel sind in natürlich Grenzen gesetzt. Soviel Geld hat er nämlich nicht. Irgendwann ist der Geschröpfte erschöpft. Daumen­schrauben lassen sich fester ziehen. Und Forderungen lassen sich hinauf­schrauben. Gnadenlos. Aber lustvoll.»

Das Wort Unterhalt birgt mehrere Lügen. Es ist geschlechts- und rollen­neutral, obwohl in Wahrheit fast ausschließlich Männer die Leistungs­geber und Frauen die Nutznießer sind. Es klingt nach kurzfristiger Über­brückungs­leistung, obwohl es in Wahrheit eine dauerhafte Leibrente ist. Und es klingt nach barer Über­lebens­notwendigkeit, so als sei Unterhalt die einzige Möglichkeit, eine getrennt lebende Frau vor der Not zu bewahren.

Zunächst bedeutet die Unter­halts­zahlung Härte für denjenigen, der arbeitet. Ein Schicht­arbeiter, der vor der Scheidung 5000 Mark verdient hat, wird nach der Scheidung nur noch knappe 1500 Mark für sich selber behalten können. Den Rest hat er an seine Frau und – in Form erhöhter Steuern – an den Staat abzuführen. Er liegt damit knapp über dem Sozialsatz.

Seine Frau käme auch ohne seine Hilfe auf den gleichen Tarif, rechnet man die staatlichen Zuwendungen zusammen: Sozialhilfe, Kindergeld, Erziehungsgeld, Unterhalts­vorschuss, das alles bei miet­freiem Wohnen. Selbstverständlich übernimmt der Staat Kranken- und sonstige Versicherungen. «Man lebt nicht schlecht als Allein­erziehende», versichert Tonia B., die auf einem Berliner Spielplatz mit anderen Allein­erziehenden in der Nachmittags­sonne sitzt.

Sie alle wissen: Der Staat schützt sie. Diejenigen aber, von denen sie sich getrennt haben, bestraft er doppelt. Nun sollen die Männer die Familien, die ihnen genommen wurden, weiter­ernähren, und werden zusätzlich besteuert wie ledige Singles.

Da ist der Jungmanager Jürgen S., dessen neue Lebensgefährtin mich anrief. Von den 17000 DM brutto, die er verdiente, blieben ihm ganze 3000. Nun ist er arbeitslos. Wäre er noch verheiratet, stünde ihm der Höchstsatz von 3600 Mark Arbeitslosengeld zu. Als geschiedener, unterhalts­pflichtiger Vater erhält er dagegen nur 2400 Mark. Seine Frau? Natürlich arbeitet sie nicht. Erstens ist Rache süß und zweitens das Nichtstun noch viel süßer.

Im sozialpolitischen Familien­diskurs wird so getan, als gäbe es das alles nicht. Als stürze ein Mann seine geschiedene Frau ins Elend, sollte er ihr – aus welchen Gründen auch immer – die Unter­halts­zahlung verweigern. Es gibt gute Gründe dafür. Doch dazu später.

Zunächst einmal: Warum sollten Frauen, die sich von ihrem Mann getrennt haben, nicht arbeiten gehen? Der Gesetzgeber immerhin meint, daß auch Frauen arbeiten sollten, wenigstens irgendwann, dann zum Beispiel, wenn die Kinder vierzehn Jahre alt sind. Doch selbst dagegen machen Frauen­verbände derzeit mobil.

Komisch. Als ob eine Frau nicht arbeitsfähig wäre. In der DDR etwa gab es bei Scheidungen keine Unter­halts­verpflichtung des Mannes, und es ist nicht bekannt, daß Frauen dort verelendeten. Ganz einfach: Sie arbeiteten, weil sie mußten, und das war durchaus von Vorteil. Kathrin Rohnstock, Autorin des Buches «Ost-westlicher Diwan», erinnert sich, daß Liebes­beziehungen im Osten aus einem einzigen Grund freier und romantischer waren: «Die Ehe hatte im Osten weitgehend ihre materielle Versorgungs­funktion verloren.» Abzocken hat nie eine Rolle gespielt, weil es nicht ging.

Fest steht doch: Auch die Allein­erziehenden, deren Kinder in Kindergärten und Hortein­richtungen unterkommen, können berufstätig sein. Und viele sind es auch, weil sie entdecken, daß Arbeit Teil der Identitäts­gewinnung ist, ein Schritt zur inneren Emanzipation. Doch die Mehrheit will davon nichts wissen.

Eine Mehrheit von allein­erziehenden Müttern erschleicht sich fort­dauernden Unterhalt, und sie setzen ohne Skrupel ihre Kinder als Joker ein. Da ist der Hamburger Versicherungs­unter­nehmer Rainer N. Seine Frau trennte sich von ihm und lebt nun mit ihrem neuen Lebens­gefährten in N.s Haus. Die beiden sechs- und achtjährigen Kinder leben die Hälfte des Monats bei ihm, doch er zahlt regelmäßig Unterhalt, denn schon in der Trennungs­phase hatte seine Frau einen gutdotierten Job bei der Post aufgegeben und sich eine Abfindung auszahlen lassen.

«Nun sitzt sie in meinem Haus und lackiert sich die Fußnägel.» Doch Rainer N. ist gut beraten, die Einigung nicht in Frage zu stellen. Seine Frau hatte unmißverständlich angekündigt, daß sie dann das alleinige Sorgerecht beantragen und er seine Kinder womöglich nicht wiedersehen werde.

Arbeitsverweigernde Allein­erziehende verlassen sich auf die Alimentierung durch den Exgatten oder den Staat. Sie schützen, Krankheit vor. Sie verschleiern Schwarz­einkünfte. Statt Arbeit aufzunehmen, buchen sie Fort­bildungs­kurse und brechen sie wieder ab. Ihnen ist klar: Würden sie arbeiten, würden sie damit gleichzeitig auch den verhaßten Ex von seiner Unter­halts­verpflichtung ganz oder teilweise befreien.

Und das wollen viele einfach nicht. Denen, die es tun, rufen Frauen­beraterinnen zu: «Sei doch nicht blöde.» Mittlerweile gilt als feministischer Verrat, einen Mann nicht abzuzocken. Den Mann, oder wenn er abgeschröpft ist, den Staat.

Englands neue Licht­gestalt, Premier­minister Tony Blair, ließ errechnen, daß dem Staat jährlich rund vier Milliarden Pfund durch betrügerisch erschlichene Sozial­leistungen verlorengehen, genug, um damit 100 Kranken­häuser zu bauen. Er beschloß radikale Abhilfe. Künftig solle jeder gesunde Erwachsene, der staatliche Hilfe kassiert, auch dafür arbeiten.

Blair bezog ausdrücklich die allein­erziehenden Mütter mit ein. Wie zu erwarten, kam der erbittertste Widerstand gegen sein Programm von der feministischen Lobby innerhalb seiner eigenen Partei.

Blair jedoch handelt, während die deutsche Lösung immer noch die der Treibjagd auf Väter ist, die keinen Unterhalt zahlen. Kampagnen gegen Männer gibt es zuhauf. Doch noch immer wartet man vergeblich auf eine staatliche Kampagne, die sich gegen betrügerisch erschlichenen Unterhalt durch allein erziehende Mütter richtet.

Im Gegenteil. Margot von Renesse, Rechtsexpertin der SPD, signalisierte kürzlich ihrer Klientel, daß sie weiter an der Verabschiedung eines Gesetzes arbeitet, das bisher am Widerstand der CDU gescheitert ist: dem zeitlich unbefristeten Betreuungs-Unter­halts­anspruch der Mutter. Diese soll weiter­kassieren, auch wenn die Kinder älter als vierzehn Jahre sind. Im Klartext signalisierte sie: Ihr, liebe Schwestern, werdet nie selber arbeiten gehen müssen, der abgehalfterte Mann zahlt bis an sein Lebensende.

Frauen, so argumentieren Feministinnen, seien chancenlos auf dem Arbeitsmarkt. Es gäbe nicht genug Teilzeit­arbeit. Längst haben Erhebungen ermittelt, daß die Wahrheit anders aussieht. In einer von dem Magazin Focus im November 1997 zitierten Untersuchung wurden Frauen gefragt, was ihnen lieber sei: mehr Möglichkeit zur Teilzeit­arbeit oder mehr Geld vom Staat? Nur 6 Prozent hatten Interesse an der Arbeit. Aber insgesamt 60 Prozent wollten mehr Staatsknete.

Nun, so argumentieren Frauen­rechtlerinnen, könne man Frauen schlecht­bezahlte Service-Berufe nicht zumuten. Doch: Hat man je einen Straßenfeger, einen Möbelpacker, einen Feuerwehrmann nach der Zumutbarkeit seiner Arbeit gefragt?

Das geisterhafte feministische Argument im Hintergrund lautet: Wenn wir überhaupt arbeiten sollen, dann, liebe Gesetzgeber, sorgt gefälligst dafür, daß wir in feinen Jobs beschäftigt werden. So fällt Journalistinnen, die periodisch die Frauen­feind­lich­keit der Redaktionen beklagen, bei denen sie gutes Geld verdienen, immer nur der gleiche Themen­vorschlag ein: «Mehr Frauen in die Chefetage». Vielleicht, liebe Kolleginnen, gibt es doch einen anderen Weg dorthin als den der Quote. Nämlich Leistung.

Seit der Gesetzgeber Scheidung und Kindersorge als Königsweg zu einem eigenen Gehalt für Frauen etabliert hat, ist der Leistungs­gedanke verkümmert. Gleichzeitig haben Frauen den Mann nach einer Scheidung, ganz im klassischen marxistischen Sinn, völlig auf seinen Tauschwert reduziert, haben ihn entpersönlicht und quantifiziert. Seine Vaterrolle ist nur noch die Summe auf einem Über­weisungs­scheck. Und er hat nur dann Chancen, sein Kind gelegentlich zu sehen, wenn er regelmäßig überweist.

Er soll selbst bei «schwer­wiegendem Fehl­verhalten» der Mutter weiter­zahlen müssen. Bisher droht der Gesetzgeber der Frau, etwa bei willkürlichem Umgangs­boykott, bei ruf­schädigenden Rache­kampagnen oder ähnlichem, ihren Unter­halts­anspruch zu verwirken. Es ist ein letzter, papier­dünner Schutz des Mannes vor Schikanen einer Exfrau.

Nach Vorstellung von Sozialdemokraten soll sie in Zukunft alles tun dürfen – Männe zahlt trotzdem. Klar, daß Renesse ihre Reform dem eigenen Lager als «ganz­heitlich feministisch» anpreisen konnte.

Die unappetitlichste Lüge im ganzen Unterhaltsstreit aber ist der moralische Hinweis auf das Los der Kinder. Mit dem Unterhalt würden getrennt lebende Väter deren Schicksal verbessern.

Zunächst einmal dient der Unterhalt einzig und allein der Ausstattung der Frau. Selbst der Kinderunterhalt wird vielfach von der Frau verkonsumiert. Nach der Düssel­dorfer Tabelle etwa liegt der Höchstsatz knapp unter tausend Mark – welches dreijährige Kind verbraucht 1000 Mark im Monat, selbst wenn jeden Tag ein neuer Power-Ranger gekauft wird?

Bisweilen sind der Phantasie nach oben keine Grenzen gesetzt, wie im Falle des Filmstars van Damme, dessen Frau sich wegen «seelischem und körperlichem Mißbrauch» von ihm trennte. Neben dem Unterhalt wurden ihr von einem Richter in Los Angeles 27 000 Dollar Kindergeld zugesprochen. Monatlich.

Vor Gericht sind Kinder ein psychologisch wirksames Faustpfand, und sie werden genutzt. Als der Tübinger Arzt W. im Januar 1998 eine Unterhalts­minderung beantragte, weil er die monatlichen 6400 Mark an seine Frau nicht mehr aufbringen konnte, staunte er nicht schlecht. Seine Frau hatte die zehnjährige Tochter Lucia in die Verhandlung mitgebracht. Er protestierte vergeblich bei der Richterin. So durfte W.s Tochter den Vater als ebenjenen hartherzigen Knauserer erleben, über den Mama sich immer furchtbar aufregen muß.

Die Ärztin, die ihn da in den letzten acht Jahren in insgesamt 41 Prozesse verwickelte, mehrfach pfänden ließ und in einer von ihm finanzierten Villa lebt, ist selber keine Verarmte – allerdings hatte sich ihr in die Ehe eingebrachtes Vermögen wundersam an die Minusgrenze gerechnet. Natürlich arbeitet sie nicht mehr. Ihre Arbeit besteht aus Schriftsätzen und Verhandlungen.

Mit ihren Unterhalts­rechten nehmen es diese Frauen sehr genau. Von ihren Unter­halts­pflichten dagegen wollen sie selten etwas wissen. Tatsächlich gibt es Väter, die das Sorgerecht haben und die von ihren berufstätigen Frauen alimentiert werden müßten. Doch hier sind Vermögens­verschleierung und Unterhalts­verweigerung selbst­ver­ständ­lich. Nach Auskunft eines Trennungs­beraters liegt der Anteil der Mütter, die Unterhalt verweigern, «bei fast hundert Prozent – die sehen nicht ein, daß sie zahlen sollen, wenn sie sowieso nichts von ihrem Kind haben».

Als Bild unter dem Titel «Schämt euch, Männer!» einen Kommentar zur «laxen Zahlmoral» von geschiedenen Vätern brachte, wurde die Redaktion mit Briefen überschüttet, die auszugsweise auch abgedruckt wurden. Briefe von wütenden Männern, deren unterhalts­pflichtige Frauen sich wie selbst­ver­ständ­lich weigern zu zahlen. Peter H. aus Berlin, einer für alle: «314 Mark sollte meine Ex-Frau für unsere Tochter (11) zahlen. Plötzlich war sie arbeitslos! Keinen Pfennig hat sie seit der Scheidung bezahlt!»

Doch in der Unterhaltslüge ist nur vom bösen Mann die Rede, der die junge Frau mit fünf Kindern sitzenläßt und in den Untergrund geht. Und die Lüge funktioniert prächtig. Der verengte weibliche Tunnelblick aufs Geld blendet alle anderen gesell­schaft­lichen Probleme aus.

Die bezeichnendste Reaktion auf den Spiegel-Artikel, in dem die Ausgrenzung der Väter von der Kindessorge verhandelt wurde, war daher eine asymmetrische Verschiebung der Diskussion auf unterhalts­säumige Väter.

Es kamen Rufe wie: Wir rächen uns an einem (eingebildeten oder tatsächlichen) gesell­schaft­lichen Gesamtunrecht, indem wir mit einzelnen Vätern barbarisch verfahren. Es ist überflüssig, darauf hinzuweisen, daß das die Logik von Terroristen ist, die das System verwunden wollen, indem sie die Repräsentanten erschießen. Also in diesem Falle das Patriarchat, das tatsächliche oder eingebildete, bekämpfen, indem man die Entrechtung des einzelnen Vaters beifällig quittiert: Laßt sie «greinen», es geschieht ihnen recht.

Interessant daran ist, daß dieses Argument nicht vom schrillen feministischen Flügel vorgetragen wird, sondern von der gemüthaft brummenden, partei­über­greifenden Mitte der Gesellschaft. Männer machen sich aus dem Staube, Männer sind an dem Elend schuld.

Je deutlicher wird, daß dies eine Propaganda­lüge ist, desto grimmiger hält die Politik an ihr fest. Sie spürt den moralischen und den wirtschaftlichen Bankrott, den ihr das von Frauen mißbrauchte Scheidungsrecht von 1976 gebracht hat, und sie befürchtet nun zu Recht, auf den Folgekosten sitzen­zu­bleiben. Doch sie hält sich nicht an die Verursacher dieser Malaise, sondern an die Opfer.

Die Statistiken sind eindeutig. Männer sind nicht mehr bereit, sich zum Idioten zu machen und die Unterhaltslast für Familien zu tragen, für die sie nur noch ausgesperrte Arbeits­drohnen sind. Sie schieben ihre finanzielle Verantwortung auf den Staat zurück, also auf denjenigen, der sie ihnen einst auflud, als er die verhängnisvolle Mechanik der Scheidungs­industrie in Gang setzte.

Sie können oft gar nicht anders. Die Bundes­regierung hat das ein für allemal klargestellt. In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der SPD am 28.5.1993 gab sie zu Protokoll, daß «in etwa 70 v. H. bis 75 v. H. der Fälle die Strafverfolgung des Unter­halts­anspruchs des Kindes aussichtslos» sei, weil «Leistungs­unfähigkeit» vorliege. Leistungs­unfähigkeit wird attestiert bei Arbeits­losigkeit, Sozial­hilfe­bezug, zu niedrigem Einkommen oder Inhaftierung.

Es komme, so die Bundes­regierung, «ein nicht unerheblicher Anteil der Fälle hinzu, … in denen … die Vollstreckung wegen nachträglich eingetretener Leistungs­unfähig­keit ausgeschlossen ist. Dieser Anteil kann mit 10 v. H. bis 15 v. H. angenommen werden».

Fazit: Bis zu 75 Prozent der unterhalts­säumigen Väter können nicht zahlen, weil sie selbst aus verschiedenen Gründen mittellos sind. Sie müssen die sozial­für­sorgliche Dienst­leistung demjenigen überlassen, der als ideeller Gesamt­ehemann ohnehin mit ihnen in Konkurrenz getreten ist: dem Staat.

Das System ist schlicht überreizt. Als die Gesetzes­reformer 1976 das neue Unterhaltsrecht beschlossen, dachten sie daran, dem Mann die Hauptlast aufzubürden, da sie ihn insgeheim sowieso für das Scheitern einer Ehe verantwortlich machten. Zunächst also sollte die Frau auch nach der Trennung Anspruch auf den gleichen Lebens­standard haben, den sie in der Ehe gewohnt war.

Da diese Klausel schnell dazu führte, daß Frauen die Erstehe als Zwischen­station zu einem eigenen üppigen Gehalt nutzten, wurde sie modifiziert. Doch der Mißbrauch setzte sich fort. Es hat einen Grund, daß heute immer noch doppelt so viele Frauen die Scheidung einreichen wie Männer.

Allerdings haben sich die Zeiten geändert. Die üppigen siebziger und achtziger Jahre sind den mageren Neunzigern gewichen. Frauen können nach Scheidungen nicht mehr aus dem Vollen schöpfen. Die finanziellen Parameter haben sich verschoben. Nach einer nicht billigen Scheidung treffen sich oft beide Eheleute auf dem Sozialamt wieder. Trotz aller Mahnungen, daß das soziale System havariert ist, trotz aller Brems­bemühungen brummt die Scheidungs­industrie weiter wie ein mächtiger Ozeantanker, der Kurskorrekturen erst Kilometer später umsetzen kann.

Mittlerweile ist klar, daß das System der automatischen Alimentierung der geschiedenen Frau durch ihren Exmann besonders für die unteren zwei Drittel der Gesellschaft versagt. Es ist überlastet. Daß es dennoch, bei Politikerinnen, Beamtinnen, Journalistinnen so hoch im Kurs steht, hat einen ganz einfachen Grund. Diese gehören dem oberen Drittel der Gesellschaft Und dort funktioniert die Wert­abschöpfung prächtig.

Die Frau eines Rechts­anwaltes, eines Zahnarztes, eines Architekten hat selbst nach dreijähriger Kurzehe ausgesorgt. Und die Politikerinnen und Journalistinnen, die die Meinungs­führer­schaft im öffentlichen Diskurs übernommen haben, sind nicht mit Möbel­packern verheiratet, sondern mit der finanziellen und akademischen Elite.

So werden immer neue Kampagnen ausgeheckt, um säumige Zahlväter zur Strecke zu bringen, als seien diese das Problem. Der Öffentlichkeit machen sie glauben, daß es dabei um die Allein­erziehende in Steilshoop oder in der Platten­bau­wohnung in Marzahn geht. Doch wenn sie Unterhalt sagen, meinen sie die Pferde auf der Privatkoppel, den Urlaub in Brasilien, den Boutiquenbesuch in Eppendorf.

Es gibt wohl nichts Trostloseres als die First-Wives-Clubs der Hamburger Medien­society, die über das Unrecht in der Welt seufzen, ihre Probleme mit den Kinder­mädchen beim Kaffee­klatsch erörtern und das Schröpfen ihrer Exmänner als Emanzipation ausleben. Und als schiere Rache: «Zahlen soll er!»

Soziologen sprechen von «falschen Anreiz­signalen», die mit dem neuen Scheidungsrecht gesetzt worden sind. Noch einmal: Einst war die Unter­halts­zahlung eine tatsächliche Kompensation für den Notfall. Seit der Scheidungsreform ist sie eine Ermunterung zur Trennung.

Was hilft es, wenn sich mittlerweile herumgesprochen hat, daß die früh verhärmten Emanzipations- und Scheidungs­veteraninnen nur noch schnatternde Karikaturen sind, ob sie sich nun in Stern-Interviews äußern oder im Kino vorgeführt werden, sich etwa in dem Film «Jerry Maguire» zum Kaffee­klatsch treffen und über die bösen Männer herziehen? Und was hilft es, wenn sie sich in stillen Stunden nach den Familien zurücksehnen, die sie einst aufgelöst haben. Die Mechanik, einmal in Gang gesetzt, läßt sich schwer wieder zurückdrehen.

In früheren Zeiten, so die Kultur­historikerin Yvonne Knibiehler, fiel der weibliche Wunsch, über eigenes Geld zu verfügen, als Trennungsmotiv weg. «Niemand kam auf den Gedanken, den Vater zur Zahlung einer Summe zu verurteilen, damit sich die Mutter um die Kinder kümmern konnte.» Wenn eine Mutter nach dem Erziehungs­recht verlangte, wurde es ihr – ohne das Versprechen finanzieller Kompensation – zugesprochen. «Die Kinder waren der Trost der unglücklichen Ehefrauen.» Doch meistens behielt der Familien­ernährer, der Mann, die Kinder bei sich, auch die kleinen.

Ein wesentlicher Gedanke wurde dem Scheidungsrecht in Frankreich nach 1884 hinzugefügt. Er behielt fast hundert Jahre lang Gültigkeit. Das Fairneß-Prinzip: «Dementsprechend erhielt der nichtschuldige Elternteil das Kind als eine Art Prämie zugesprochen.» Wiederum waren die Kinder als eigener, immaterieller Wert anerkannt. Vor allem aber: Das Schuldprinzip schuf Hürden. Wer mutwillig eine Ehe aufkündigte und eine Familie zerstörte, wurde mit dem Verlust der Kinder bestraft.

In ihrer Untersuchung rechnet Yvonne Knibiehler durchaus hart mit dem alten Scheidungsrecht ab, das Männern öfter die Kinder zugesprochen hat. Für sie war es eine typisch männliche Recht­sprechung, eine patriarchalische Bastion, die mit der neuen Rechtsreform geschliffen wurde. Allerdings kommt sie nicht umhin, nun einen soziologischen Paradigmen­wechsel festzustellen, der die Männer aufwertet und wenig schmeichelhaft für Frauen ist.

Seit die Männer erkennen, daß ihnen die Kinder nicht mehr automatisch zugehören («daß sie entthront und bar der alten Macht sind»), kämpfen sie um ihre Kinder. War der gleichgültige Vater vielleicht doch von jeher nur eine Propaganda­erfindung? «Der Mann kann sich seiner Vatersorgen entledigen; darum bemerkt er bei sich selbst das Bedürfnis, diese Sorgen auf sich zu nehmen, er will sich von der Mutter nicht mehr verdrängen lassen.»

Kurz: Seit der Mann nicht mehr durch gesell­schaft­liche und historische Determinanten in die Vaterrolle gezwungen ist, nimmt er deren Pflichten freiwillig auf sich. Gleichzeitig erkennt Knibiehler, daß das Klammern der Mütter an ihren Kindern – seit die Regeln des neuen Scheidungsrechts gelten – «nicht immer von edlen Absichten» getragen ist. Sprich: Sie versuchen, Unterhalt heraus­zu­schlagen.

Daher ein Vorschlag zur Güte an alle Parteien und Behörden, an Gesetzgeber und Richter. Der Vorschlag, den Staatsbankrott zu mildern, mehr Menschlichkeit ins Familienrecht zu bringen und die Unterhalts­diskussion ein für allemal zu beenden, räumt denjenigen, die die Familie ernähren – also in den meisten Fällen den Männern –, zumindest die Möglichkeit ein, nach einer Scheidung grundsätzlich die Kinder zu behalten und für sie zu sorgen.

Gebt ihnen all die Unter­stützung (Tages­mütter, Frei­beträge, Miet­zuschüsse etc.), die Frauen gewährt werden. Verpflichtet gleichzeitig die nun mit viel freier Zeit gesegneten Mütter, sich auf dem Arbeitsmarkt intensiv nach einer Beschäftigung umzusehen. Selbst mit einfachen Tätigkeiten läßt sich heutzutage soviel verdienen, daß zumindest der Kindes­unter­halt überwiesen werden kann, der nun dem Mann zusteht.

Eine solche Maßnahme würde Wunder bewirken. Die Zahl der Scheidungs­anträge würde über Nacht dramatisch zurückgehen. Die Unterhaltsfrage würde niemanden mehr beschäftigen, weil sie kein Problem mehr ist; denn anders als die Männer würden Frauen, die ja an nichts anderes denken als an das «Kindeswohl», begeistert ihren Unter­halts­verpflichtungen nachkommen.

Die Frauen wären endlich frei, das zu tun, was sie dem öffentlichen Gerede zufolge am liebsten tun würden: unbelastet in «sinnvolleren» Beschäftigungen endlich die Erfüllung zu finden, die ihnen durch die Kinder­fürsorge bisher versagt geblieben ist. Gleichzeitig würde man erstaunt sein, wie viele der als desinteressiert verschrieenen Männer sich ihrer Vaterschaft erfreuen werden.

Tatsächlich scheint die Gesellschaft, den weiblichen Verlaut­barungen zufolge, an einem historischen Scheidepunkt zu stehen. Mutterschaft scheint von Frauen nur noch als Drangsal und zutiefst frauen­feindliche Last wahrgenommen zu werden, die finanziell entgolten werden muß. «Aufzucht der Brut» heißt es gering­schätzig in dem Kampfartikel einer allein­erziehenden Journalistin, als sei die Sorge für Kinder eine Art Hamsterzucht, die Gewinn abwerfen sollte.

Womöglich stimmt es ja, was die französische Philosophin Elisabeth Badinter herausgefunden zu haben meint, daß Mutterliebe nämlich ein Gefühl ist, das erst im 17. Jahrhundert erfunden wurde; daß es also keine genetische, sondern eine pure historische Determinante ist.

Vielleicht ist diese historische Determinierung im Verschwinden. Vielleicht ist dies der Grund, daß Frauen ihre Kinder nur noch als Last empfinden können. Ein Grund mehr für Gesetzgeber, umzudenken. Laßt uns die Frauen von der Last befreien, ihre Kinder großziehen zu müssen. Das neue Zeitalter: eines der Väter.

Doch die Entwertung der Kinder zur puren «Last» ist stets der erste Schritt, der den zweiten für eine finanzielle Kompensation nach sich zieht. Oft wird er von gut­verdienenden Journalistinnen getan, die für das angebliche Heer verelendeter allein­erziehender Mütter streiten.

Sie verschweigen oft dabei ihre gut budgetierten Jobs und das Kinder­mädchen oder die Tages­mutter, die sie für «die Aufzucht der Brut» einstellen. Wie so oft benutzen Frauen aus dem oberen Drittel der Gesellschaft das untere Drittel, um ihre Pfründe zu verteidigen und ihre private Rache auszuleben.

Der muntere Aufruf zur Habgier, der mittlerweile salonfähig geworden ist, wechselt mit Therapie­schablonen, die von ebendieser ablenken sollen. Trennung kommt bei Therapeuten immer nur als weibliche Notwehr vor. Männer, die emotionalen Krüppel, erspürten die Krisen einer Ehe weniger sensibel als Frauen, die sich irgendwann «emanzipieren». Daß die Männer im Falle einer Trennung oft wie überrumpelt dastünden und zukunfts­ängstlicher als Frauen seien, beweise, daß sie «psychisch, und physisch labiler» seien.

Kann es sein, daß Männer von der Nichtigkeit der Trennungs­gründe tatsächlich oft überrumpelt werden? Daß sie schockiert gewahr werden, wie rechtlos sie im Falle einer Trennung sind? Daß sie buchstäblich in einen Abgrund blicken? Tatsächlich schnellt das Selbst­mord­risiko bei Männern im Fall einer Scheidung um das Vielfache nach oben. Doch die Gründe dafür werden von der therapeutischen Deutungs­industrie nicht zur Kenntnis genommen, nämlich, daß Männer die seelische und finanzielle Hauptlast einer Trennung zu tragen haben. Sie verlieren ihre Kinder und müssen sich auf ein Leben als ungeliebtes, aus­geplündertes Arbeitstier einstellen.

Der Feminismus – einst eine wirklich emanzipatorische Idee – ist ein reaktionäres, zynisches System zur Besitz­stands­wahrung geworden. Er hat es fertiggebracht, die traditionelle Ernährer­rolle des Mannes gleichzeitig zu diskreditieren und sie für sich brauchbar zu machen.

In jedem zweiten Artikel einer Journalistin zur Unterhaltsfrage wird der Kniefall vor der Lebens­leistung einer Mutter gemacht, die ihre Kinder großzieht. Jedoch der Kniefall vor dem Mann, der ein Leben lang schuftet, um dieser Familie finanzielle Sicherheit zu geben, fällt weg. Der Mann kommt bei dem feministischen Abrakadabra nur als Fehlleistung der Schöpfung vor.

Die gesetzliche Unterhaltungs­mechanik tarnt nicht nur pure Ausplünderung, sondern sie entschuldigt mittlerweile auch die Ausgrenzung von Vätern. Eine weibliche Lösegeld­industrie. Wer nicht zahlt, darf sein Kind nicht sehen. Wenn der Gesetzgeber sich dazu bekennt, daß beide Elternteile für die Erziehung der Kinder wichtig sind, dürfte er das nicht zulassen.

So gut wie gar nichts dürfte zum Umgangs­boykott führen. Selbst ein Mann, der fremdgeht, hat Anspruch auf Umgang mit seinen Kindern. Er kann ein Weiberheld sein oder ein Kriecher, einer mit Pickeln, ein Stotterer, einer, der den Unterhalt nicht zahlen kann, er kann der Mann sein, den die Frau nicht mehr riechen kann, der Mann, mit dem es regelmäßig Zoff gibt – er ist der Vater, und er bleibt es sein Leben lang.

Er hat ein Naturrecht auf seine Kinder, und seine Kinder haben dieses Recht auf ihn, und dieses Recht wird in mehreren Artikeln des Grundgesetzes bestätigt. Doch der Staat besinnt sich nicht mehr auf den Schutz der Familie, sondern beschränkt sich auf die «Förderung der Frau».

Die Allmacht, die der Gesetzgeber den Frauen gegeben hat, führt mittlerweile dazu, daß ihre Geldgier bisweilen auch ein Glücksfall für den Mann sein kann, eine Art Berechenbarkeit. Eine Frau, die nur von Rache getrieben ist, will verletzen. Sie reagiert – in der Medea-Tradition – auch zum eigenen Nachteil extrem, bis hin zur psychischen und physischen Schädigung ihrer Kinder. Doch eine, die Geld erpressen will, läßt eventuell mit sich reden – zum Nutzen der Kinder. Weiblicher Eigennutz ist manchmal die letzte Chance für Väter, die Väter ihrer Kinder bleiben wollen. Auch das ist die Realität des herunter­gewirtschafteten Familienrechts.

Im allgemeinen jedoch ermuntert das Unterhalts­recht zum wirtschaftlichen Vernichtungs­kampf, ganz besonders gegen Leistungs­träger. Im Leserbrief zu einem FAZ-Artikel kann Renate Rebmann vom «Bürgerbund für eine faire Scheidung» nur bitter feststellen: «Hatte vor 1977 der schuldig Geschiedene die Lasten zu tragen, so ist nun an seine Stelle der Besser­verdienende getreten, der automatisch und oft ruinös lebenslang in die Pflicht genommen wird. Während die Empfänger­seite vor Gericht problemlos sichere Einkünfte ohne Gegenleistung durchsetzen kann, muß die Geberseite verzweifelt versuchen, die Früchte ihrer beruflichen Bemühungen und damit die Arbeits­motivation für sich zu retten.»

Seit der Bundes­gerichts­hof festgelegt hat, daß auch nachehelich erzielte Einkommens­verbesserungen teilweise abgetreten werden müssen, wird sich keiner der geschiedenen Packesel anstrengen, mehr zu leisten als unbedingt erforderlich. Die so herbeigeführte Motivations- und Leistungsfeindlichkeit mag dem Ideal eines sozial­demokratischen Alimente­staates entsprechen die Volkswirtschaft hingegen hat darunter zu ächzen.

Renate Rebmann schließt ihren Brief mit der Forderung nach einer zeitlich begrenzten Unter­halts­zahlung, nicht nur um die Leistungsgeber zu entlasten, sondern auch um die Arbeitsmotivation der Alimente-Empfänger zu stärken.

Die Statistiken im Unterhaltsrecht sprechen eine deutliche Sprache. Zwei Drittel der Geschiedenen leben an der Grenze zur Verelendung, ein Drittel gedeiht. Gibt es in diesem Drittel Väter, die sich vor Zahlungen drücken? Und ob.

Von denjenigen, die rein statistisch zahlen könnten und es nicht tun, sind es wiederum zwei Drittel, bei denen das Jugendamt feststellen muß, daß nichts mehr zu holen ist. Bleibt ein relativ kleiner Prozentsatz von Vätern, die zahlen könnten, aber nicht zahlen wollen. Das Bemerkenswerte hier ist nur, daß die Zahl nicht weitaus höher ist und daß nicht viel mehr Väter den Unterhalt boykottieren.

Zunächst einmal kann der Unterhalts­boykott ein Mittel der Selbst­behauptung sein. Welcher Mann, der noch bei Trost ist, wird sich freiwillig zum Deppen machen wollen, indem er eine Ex alimentiert, die ihn wegen eines anderen verlassen hat? Oder wer will sich freiwillig von einer rachsüchtigen Geschiedenen – die, so Cosmopolitan, die «Daumen­schrauben gnadenlos anzieht, lustvoll, bis er schreit» – ausplündern lassen?

Das Menschenbild, das die Rechts­psychologie mit der Scheidungsreform von 1976 entwarf, kann nur von wirklichkeits­fremden Narren zusammen­gekrakelt worden sein. Die Gesetzgeber rechneten mit der rousseauhaft-naturguten Frau, die die Machtfülle, die ihr gegeben wurde, mit großer Verantwortung nutzt. Den Mann dagegen sahen sie als schuldhaften Bösewicht, dem etwa Kinder nach einer Trennung nur selten anvertraut werden können.

Im Unterhaltsrecht dagegen kalkulierten sie ihn ein als endlos leidensfähigen, absurd sanften, selbst­ver­leugnenden Zahler, der selbst Mißbrauch, Rache, Willkür still duldend erträgt. Sicher, den gibt es. Aber es gibt ihn – ein positives Zeichen – zunehmend weniger.

Der ausgemusterte Mann, der sich weigert, seine Frau zu alimentieren, tut dies nicht nur, um einen letzten Rest an Würde zu bewahren. Viel wichtiger ist der Unterhaltsboykott als letztes Mittel, Druck auf eine Mutter auszuüben, eine letzte Möglichkeit, die einem Vater bleibt, um eine streitsüchtige Frau dazu zu bewegen, ihren Kindern den Umgang mit ihm zu gestatten.

Tatsächlich ist der Weg zum Gericht für Männer, die ihre Kinder nicht verlieren wollen, eine Falle. Viele Väter lassen sich in dieses juristische Spiegel­labyrinth locken mit dem Vertrauen auf die Selbst­verständlichkeit ihres Anspruchs. Denn natürlich ist es durch und durch krank, einem Vater das Recht streitig zu machen, seine Kinder zu sehen.

Doch nach oft jahrelangen Prozessen erleben diese Väter, finanziell, nervlich und seelisch am Ende, daß es für sie keine Gerechtigkeit gibt, ja, daß das Faustrecht der Mutter gesiegt hat. Da ist Unterhalts­boykott die einzige verbliebene Gegenwehr.

Daß es tatsächlich noch Väter gibt, die, als Partner ausgemustert und als Erzieher entsorgt, für das Recht, alle zwei Wochenenden als guter Onkel für ihre Kinder zu fungieren, ihre Ex­ehe­frauen pünktlich alimentieren, grenzt ohnehin an ein Wunder.

Ein Wunder, das nur mit der historischen und gesell­schaft­lichen Konditionierung von Männern zu erklären ist. Männer sind als Ernährer und Wächter erzogen, und sie funktionieren in diesen Rollen selbst dann, wenn sie für ihre Familie nur noch abstrakt dasein können, nämlich als Zahler.

Es wird Zeit für Männer, diese Konditionierungen abzuschütteln, denn die Zeiten haben sich endlich geändert. Und sie tun es, zögernd. Sie bestreiken ihre Rolle. Sie tauchen unter. Rund 33 000 Männer sollen nach Angabe von Frauengruppen derzeit in der sozialen Selbst­aus­löschung leben.

Männer lernen von Frauen. Sie melden sich ab in die Arbeits­losig­keit, sie suchen das, was Frauen als selbst­ver­ständ­liches Recht einklagen: Sie bleiben zu Hause, kümmern sich um die Kinder. Zunehmend haben Gerichte mit Männern zu tun, auf die das alte, bequeme Rollen­klischee des Arbeitstiers nicht mehr paßt. Zunehmend mit Männern, die beweisen können, daß sie genauso viel Zeit für die Kinder­für­sorge haben wie ihre Frauen.

Und dieser Zustand wird sich weiter verschärfen. Immer weniger Männer werden einsehen, daß sie sich kaputt­schuften sollen, damit ihren getrennt lebenden Frauen die Kinder zugesprochen werden und diese mit ihrem Geld eine ruhige Kugel schieben. Sie beginnen, den Spieß umzudrehen.

Sie haben jeden Grund, sich von der schuftenden und alimentierenden Arbeitsfront zu verabschieden. Wie soll man einem Möbel­packer, der sich für 15 Mark in der Stunde die Bandscheiben kaputt­schleppt, klarmachen, daß er die Hälfte seiner Einkünfte an eine Frau abzutreten hat, die ihn beschimpft? Wie einem Arzt, daß er seine Praxis verpfänden muß für eine Frau, die ihn verhöhnt, ihm die Kinder streitig macht und diesen womöglich befiehlt, einen neuen Lebens­gefährten als Papa zu akzeptieren und dafür den alten zu vergessen?

Zunehmend weichen solche Männer, die ihren Kindern ohnehin nicht mehr Vater sein dürfen, aus in den schwarzen Arbeitmarkt, um ihren Lohn an Exfrauen und deren ideellen Gesamtehemann – dem Staat – vorbeizuschmuggeln.

Der passive Streik, die Verweigerung der Arbeitskraft, der zivile Ungehorsam, letztlich der Gesetzesbruch – all das sehen sie mittlerweile als akzeptable und akzeptierte Kampfmittel in einer Situation, in der das Recht versagt und ein Unrecht anders nicht zu bekämpfen ist.

So wie der Schriftsteller Henry David Thoreau als Steuer­verweigerer ins Gefängnis ging, weil er den amerikanisch-mexikanischen Krieg nicht mitfinanzieren wollte, so weigern sich zunehmend mehr Männer, den familiären Zerstörungskrieg der Scheidungs­gesell­schaft zu finanzieren. Sie nehmen sich das Recht, einer geschiedenen Frau Luxus­alimente zu verweigern, besonders dann, wenn diese ihrem Kind das Recht auf den Vater streitig macht. Der Unter­halts­boykott als Druckmittel ist dann legitim, wenn das Elementar­recht von Kind und Vater gebrochen wird.

Männer lernen zunehmend, unbequem zu sein. Sie werden diesem Staat, der sie im Stich läßt, die Loyalität aufkündigen. Scheidungs­väter werden sich bei der nächsten Wahl genau überlegen, wen sie da wählen. Wer etwa eine der Quotenfrauen der Grünen wählte, muß lebensmüde sein.

Darüber hinaus werden sich Männer in weit stärkerem Maße schon zu Beginn von festen Beziehungen mit Verträgen gegen das Ende absichern. Umfragen unter Teenagern signalisieren, daß diese sich bereits an das Zwielicht gewöhnt haben, das die Frauen­bewegung hinterlassen hat: Viele sind gar nicht mehr bereit zu heiraten, und wenn, dann nur noch mit Ehevertrag. Und diejenigen, die den Schritt vor den Altar gewagt haben, werden bei den ersten Anzeichen einer Krise mit der gleichen Umsicht vorgehen müssen, die Frauenbüros ihren Klientinnen empfehlen.

Der weibliche Mißbrauch des Scheidungs­rechts besonders in der Unterhaltsfrage hat in den letzten dreißig Jahren einen gigantischen Müllhaufen aufgetürmt. Er hat Liebe durch Haß ersetzt, Vertrauen durch Mißgunst, Familiensinn durch Egoismus, Loyalität durch Habgier. Es wird Zeit, Bilanz zu ziehen und aufzuräumen.[1]



[1] Matthias Matussek, „Die vaterlose Gesellschaft“, ISBN 3-86150-108-2, S. 125-145