Ob sie ihm als Gastgeberin bei seiner Party helfen wolle, hatte er sie gefragt. Klar wollte Marnie das. Wenn sie an seiner Seite ein Fest geben würde, könnte doch das Verhältnis zu diesem Mann endlich offiziell den Beziehungsstatus erreichen! Also kaufte Marnie sich extra ein neues Kleid, begrüßte die Gäste, half in der Küche.
Bis er, der Mann, mit dem sie am Morgen noch Sex hatte, ihr im Weinkeller diese Frage stellte: „Findest du 500 dafür okay?“ – „Was, Dollar?“ „Ja.“ „Du musst mich doch nicht bezahlen – ich bin doch deine Freundin.“ Er lacht. „Das hab ich ja überhaupt nicht gewusst.“
Für Marnie bricht damit eine kleine Welt zusammen – während er überhaupt nicht versteht, was das Problem ist. „Aber wir hatten Sex!“, sagt sie, „Ja und?“, fragt er. [1]
Der Begriff Fickkumpel (Neudeutsch: Fuckbuddy[2]) beschreibt eine Beziehungsform, in denen man „nur“ miteinander schläft. Irgendwie ist man offiziell noch Junggeselle, vermischt diese Lebensweise aber mit Elementen einer ehelichen Lebensgemeinschaft. So trifft man einen Menschen, den man anziehend findet, man lernt sich kennen, mag sich, küsst sich. Man trifft sich wieder, schreibt sich flirtige Nachrichten, irgendwann hat man das erste Mal Sex, man trifft sich immer wieder, in größeren, in kleineren Abständen. Manchmal geht man auch ins Kino, manchmal telefoniert man, manchmal hört man aber auch ein paar Tage nichts voneinander. Während das so dahinplätschert, kommen irgendwann diese Fragen auf: Was ist das jetzt eigentlich? Sind wir zusammen? Warum sagt der andere nichts dazu? Stellen wir einander unseren Eltern vor? Schenken wir uns etwas zum Geburtstag? Ist es dann offiziell?
Die Zeiten, in denen ein Kuss oder zumindest der erste Sex es besiegelten, klarmachten, dass das hier nun eine besondere und exklusive Beziehung zwischen zwei Menschen ist, sind vorbei. Für diesen anstrengend-nervigen Zustand ist unter anderem auch die Verunklarung der Sprache verantwortlich. Die Thora (Altes Testament) beschreibt mit „er erkannte sie“ in einer ganzheitlichen Weise das persönliche Erkennen, die Aufnahme sexueller Beziehungen und die Schließung einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit einem einzigen Wort.
Das neumodische Geschwätz von der „Vielfalt der Lebensformen“ verführt dazu, zwischenmenschliche Dinge im Ungefähren zu lassen. Eine (mögliche) Beziehung bleibt in der Schwebe. Klarheit und Verbindlichkeit bleiben auf der Strecke. Marnie blamiert sich im oben zitierten Beispiel, weil sie eine Beziehung vermutet, wo der andere nur eine Affäre sieht. Auf dem „Jahrmarkt der Möglichkeiten“ und der Unverbindlichkeit verteilt ein jeder die Etiketten ganz nach persönlicher Befindlichkeit. Es gibt keine gemeinsame Grundlage mehr. Nachdem Begriffe wie Ehe und Familie „geöffnet“ wurden, also der Beliebigkeit preisgegeben wurden, gibt es auch keine Begrifflichkeiten mehr, über die man eine gemeinsame Grundlage herstellen könnte. Erst wurden also die Begriffe beliebig und inhaltsleer, danach die Beziehungen.
In Abwandlung des Ausspruches von Konfuzius könnte man sagen, wenn es in den Worten und Bezeichnungen Unordnung gibt, dann kommen die Beziehungsgeschäfte nicht zustande. Man hat heutzutage Stelldicheins (Neudeutsch: Dates), man hat Sex miteinander – und weiß trotzdem nicht, ob man denn nun ein Paar ist.
Diplom-Psychologin Wiebke Neberich beobachtet als Phänomen, dass viele Leute wissen nicht mehr wissen, ob sie nun in einer Beziehung sind oder nicht. Ihr fiel bei einer Studie auf, dass bei der Frage nach dem Beziehungsstand zahlreiche Teilnehmer da kein Kreuzchen machen konnten – waren sie nun alleinstehend oder in einer Beziehung? Sie hätten es schlicht nicht gewusst. Wiebke Neberich berichtet: „Ich habe dann mit den Leuten gesprochen, die mir erzählten, sie würden sich zwar mit jemandem treffen, aber was genau das sei, das könnten sie nicht sagen.“[1]
Es gibt verschiedene Gründe für diese neue Unverbindlichkeit. Der eine ist die Angst, zu viele andere, vielleicht bessere Möglichkeiten auszuschließen, wenn man sich eindeutig zu einem Menschen bekennt. Auch der explizite Wunsch nach Selbstverwirklichung stellt sich dem Bindungswillen entgegen. Ein weiterer Grund dafür, eine offizielle Klärung des Beziehungsstatus so lange wie möglich hinauszuschieben, liegt in der Vermeidung von Verpflichtungen. Die Entwicklung zu einer infantilen Gesellschaft und der Trend zum Kindischen und der Unwille, erwachsen zu werden, wurde bereits angesprochen. Die Kräfte der Gesellschaft, die sich dieser Infantilisierung entgegenstemmen, sind offenbar zu schwach.
Wer sich nicht binden mag, dabei aber widersprüchliche Signale sendet, weil er eben doch ganz gerne mal ein Wochenende auf dem Sofa kuschelt und in Kauf nimmt, dass der andere sich Ernstes erhofft, wo nichts Ernstes sein soll, fügt dem Partner (der ja keiner sein soll) echten Schaden zu. Es ist gegen die Menschenwürde, jemanden das Gefühl zu geben, nicht zu genügen, nur der Lückenbüßer zu sein, bis etwas Besseres kommt. Und es kann dauerhaft Probleme im Leben des anderen verursachen, wenn der unfreiwillige Lebensabschnittsfickkumpel dann selbst in der darauffolgenden Paar-Situation zögert und zaudert, weil er Angst hat, wieder so verletzt zu werden.
Und so ist der Fickkumpel das vorläufige Ende in der Beziehung zwischen Mann und Frau:
Die erste Stufe ist die Zunahme der Ehescheidungen.
Die zweite Stufe ist die Abnahme der Eheschließungen, womit man sich die Scheidung erspart.
Die dritte Stufe ist die Zunahme von unverbindlichen Beziehungsformen, wo man nicht einmal mehr „Schluß machen“ muss.
4.6.4. Der Fickkumpel
Der Begriff Fickkumpel (Neudeutsch: Fuckbuddy[2]) beschreibt eine Beziehungsform, in denen man „nur“ miteinander schläft. Irgendwie ist man offiziell noch Junggeselle, vermischt diese Lebensweise aber mit Elementen einer ehelichen Lebensgemeinschaft. So trifft man einen Menschen, den man anziehend findet, man lernt sich kennen, mag sich, küsst sich. Man trifft sich wieder, schreibt sich flirtige Nachrichten, irgendwann hat man das erste Mal Sex, man trifft sich immer wieder, in größeren, in kleineren Abständen. Manchmal geht man auch ins Kino, manchmal telefoniert man, manchmal hört man aber auch ein paar Tage nichts voneinander. Während das so dahinplätschert, kommen irgendwann diese Fragen auf: Was ist das jetzt eigentlich? Sind wir zusammen? Warum sagt der andere nichts dazu? Stellen wir einander unseren Eltern vor? Schenken wir uns etwas zum Geburtstag? Ist es dann offiziell?
Die Zeiten, in denen ein Kuss oder zumindest der erste Sex es besiegelten, klarmachten, dass das hier nun eine besondere und exklusive Beziehung zwischen zwei Menschen ist, sind vorbei. Für diesen anstrengend-nervigen Zustand ist unter anderem auch die Verunklarung der Sprache verantwortlich. Die Thora (Altes Testament) beschreibt mit „er erkannte sie“ in einer ganzheitlichen Weise das persönliche Erkennen, die Aufnahme sexueller Beziehungen und die Schließung einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit einem einzigen Wort.
Das neumodische Geschwätz von der „Vielfalt der Lebensformen“ verführt dazu, zwischenmenschliche Dinge im Ungefähren zu lassen. Eine (mögliche) Beziehung bleibt in der Schwebe. Klarheit und Verbindlichkeit bleiben auf der Strecke. Marnie blamiert sich im oben zitierten Beispiel, weil sie eine Beziehung vermutet, wo der andere nur eine Affäre sieht. Auf dem „Jahrmarkt der Möglichkeiten“ und der Unverbindlichkeit verteilt ein jeder die Etiketten ganz nach persönlicher Befindlichkeit. Es gibt keine gemeinsame Grundlage mehr. Nachdem Begriffe wie Ehe und Familie „geöffnet“ wurden, also der Beliebigkeit preisgegeben wurden, gibt es auch keine Begrifflichkeiten mehr, über die man eine gemeinsame Grundlage herstellen könnte. Erst wurden also die Begriffe beliebig und inhaltsleer, danach die Beziehungen.
In Abwandlung des Ausspruches von Konfuzius könnte man sagen, wenn es in den Worten und Bezeichnungen Unordnung gibt, dann kommen die Beziehungsgeschäfte nicht zustande. Man hat heutzutage Stelldicheins (Neudeutsch: Dates), man hat Sex miteinander – und weiß trotzdem nicht, ob man denn nun ein Paar ist.
Diplom-Psychologin Wiebke Neberich beobachtet als Phänomen, dass viele Leute wissen nicht mehr wissen, ob sie nun in einer Beziehung sind oder nicht. Ihr fiel bei einer Studie auf, dass bei der Frage nach dem Beziehungsstand zahlreiche Teilnehmer da kein Kreuzchen machen konnten – waren sie nun alleinstehend oder in einer Beziehung? Sie hätten es schlicht nicht gewusst. Wiebke Neberich berichtet: „Ich habe dann mit den Leuten gesprochen, die mir erzählten, sie würden sich zwar mit jemandem treffen, aber was genau das sei, das könnten sie nicht sagen.“[1]
Es gibt verschiedene Gründe für diese neue Unverbindlichkeit. Der eine ist die Angst, zu viele andere, vielleicht bessere Möglichkeiten auszuschließen, wenn man sich eindeutig zu einem Menschen bekennt. Auch der explizite Wunsch nach Selbstverwirklichung stellt sich dem Bindungswillen entgegen. Ein weiterer Grund dafür, eine offizielle Klärung des Beziehungsstatus so lange wie möglich hinauszuschieben, liegt in der Vermeidung von Verpflichtungen. Die Entwicklung zu einer infantilen Gesellschaft und der Trend zum Kindischen und der Unwille, erwachsen zu werden, wurde bereits angesprochen. Die Kräfte der Gesellschaft, die sich dieser Infantilisierung entgegenstemmen, sind offenbar zu schwach.
Wer sich nicht binden mag, dabei aber widersprüchliche Signale sendet, weil er eben doch ganz gerne mal ein Wochenende auf dem Sofa kuschelt und in Kauf nimmt, dass der andere sich Ernstes erhofft, wo nichts Ernstes sein soll, fügt dem Partner (der ja keiner sein soll) echten Schaden zu. Es ist gegen die Menschenwürde, jemanden das Gefühl zu geben, nicht zu genügen, nur der Lückenbüßer zu sein, bis etwas Besseres kommt. Und es kann dauerhaft Probleme im Leben des anderen verursachen, wenn der unfreiwillige Lebensabschnittsfickkumpel dann selbst in der darauffolgenden Paar-Situation zögert und zaudert, weil er Angst hat, wieder so verletzt zu werden.
Und so ist der Fickkumpel das vorläufige Ende in der Beziehung zwischen Mann und Frau: