Informationsstelle
für verheiratete
Männer und Frauen

Die Familie und ihre Zerstörer

Was schief läuft und was anders werden muss – Eine überfällige Debatte

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2.11. Die Konsequenzen

Die Regulierer: Gesetzgeber und Bürokratie haben besonders in Deutschland den Drang, alles regulieren zu wollen. Die Stärke der Familie liegt aber gerade in ihrer Autonomie und der Fähigkeit, familiäre Angelegenheit eigenständig regeln zu können. Wo das nicht in ausreichendem Maße klappt, sollten von privaten Organisationen (Kirche, Wohlfahrts­verbände, Selbst­hilfe­vereine) Mediatoren anbieten. Die Tendenz des Staates mit seinem Rechtsapparat einzugreifen, führt selten zu einer Lösung und in der Regel zu einer Eskalation mit fatalen Folgen.[1] Der Staat ist denkbar ungeeignet Familien­probleme zu lösen, der Gesetzgeber regiert immer stärker in die Familie hinein, was die Familie nachhaltig schwächt. Denn mit jeder Entscheidung von Gericht, Jugendamt, etc. wird der Familie Entscheidungs­kompetenz und Handlungs­freiheit genommen, entmündigt und letztlich handlungs­unfähig gemacht.

Die Ideologen: Eine weitere unangenehme Erscheinung ist, dass verschiedene Ideologen dem Bürger per Gesetz Vorschriften machen wollen. Auch das läuft in der Konsequenz auf eine Entmündigung des Bürgers hinaus. Gesundheits­apostel setzen so ein gesetzliche Rauchverbote durch, die 68er-Fraktion lässt die anti­autoritäre Erziehung per Gesetz festlegen, Genderisten setzen auf vielen Ebenen ihr Weltbild durch und Feministinnen versuchen die Bevorzugung der Frau gesetzlich festzuschreiben.

Familie in Gefahr: Der private Bereich, der nicht staatlicher Regulierung ausgesetzt ist, wird immer kleiner, die Handlungs­spiel­räume der Familie immer kleiner. Dazu wird seit der Eherechtsreform 1976 die Auflösung erleichtert und umfangreich durch den Staat subventioniert. In Verbindung des mit dem Zeitgeist einhergehenden Individualismus und der Egomanie gerät die Familie in eine unheilvoll schwache Lage. Zuletzt zeigen die untersuchten Gesetze, dass nahezu alle Rechte auf Seiten der Frau und alle Pflichten auf Seiten des Mannes liegen. Die damit verbundene extrem ungleiche Machtverteilung zwischen Mann und Frau verhindert eine ausbalancierte Familien­struktur, was im Konfliktfall sehr oft zu ihrem Scheitern führt.

Demographische Entwicklung: Jetzt befinden wir uns aber auf dem Weg zu einer inneren Spaltung der Gesellschaft zwischen einer Population der Familien und eine Population der „Singles“ – Menschen, die ohne Kinder leben. Diese haben andere Prioritäten, Bedürfnisse und Interessen als Familien. Sie sehen die Welt anders als Eltern. In den USA, wo die Familien durch Steuergesetze unterstützt werden, beginnen die kinderlosen Singles „gesell­schaft­lich“ zu rebellieren. Sie versuchen, die Gesetze zu ändern, damit sie sich nicht diskriminiert fühlen. Wenn sie einmal ein Drittel der Gesellschaft repräsentieren und dank ihrer beruflichen Position eine ökonomische Stärke von zwei Dritteln darstellen können, ist damit auch großer politischer Einfluss verbunden.
Es handelt sich vor allem um Menschen, die als Unternehmer tätig sind oder sich ganz ihrem Beruf widmen. Gegenüber Eltern mit kleinen Kindern haben sie einen großen Vorteil, da Eltern nur sehr schwer mit genauso großem Einsatz arbeiten können. Familien mit Kindern werden so einerseits dem Druck der steigenden Zahl von alten Menschen, anderseits dem der dynamischen Singles standhalten müssen. Als beängstigend sollte man auch die Tatsache wahrnehmen, dass mit höherer Bildung der Frau auch die Wahr­scheinlich­keit steigt, dass sie ihr ganzes Leben keine Nachkommen haben wird. Manchmal wird bereits der Ausdruck „Berauschtheit durch Reichtum“ verwendet. Junge Leute versuchen, immer mehr und mehr zu erwirtschaften, bis sie Kinder ganz vergessen. Man spricht auch vom „Peter-Pan-Komplex“, wenn die Population das Erwachsensein ablehnt. Die Illusion von ewiger Jugend, die einmal vom Kommunismus verkauft wurde und die mit noch größerem Erfolg die heutige Konsum-Gesellschaft verkauft, diese Illusion zieht viele Menschen in ihren Bann. Aber haben sie einmal Kinder, ist diese Illusion zu Ende. Dabei gründet die ganze Wirtschaft auf der Annahme, dass wir jedes Jahr etwas mehr kaufen. Wenn wir mehr kaufen wollen, brauchen wir mehr Zeit und Freiheit, um mehr Geld verdienen zu können. Und um das zu erreichen, müssen wir dynamischer und flexibler werden. Kinder machen das kompliziert – daher der Druck zur Kinderlosigkeit in unserer Kultur. Diese Logik ist selbstmörderisch, sogar aus der Sicht des Marktes. Wer soll denn einkaufen, wie viele „Konsumenten“ wird es geben in 50-100 Jahren? Obendrein fehlt bereits bei Kleinkindern eine auf Elterntum ausgerichtete Erziehung.
Neulich wollte ich meiner Enkel­tochter ein Spielzeug kaufen, und ich muss ihnen sagen, ich war sehr überrascht, dass es sehr schwer ist, eine Baby-Puppe zu bekommen, mit der die kleinen Mädchen immer gern gespielt haben. Eine Barbie, Musterbild eines Modells, findet jedoch man überall. Spiel­zeug­geschäfte richten sich nach dem Markt und zeigen uns genau, was man heutzutage kauft, womit die kleinen Kinder von heute spielen. Und dieses Bild ist gar nicht erfreulich. Diese Entwicklung bringt verschiedene Phänomene mit sich, die wir uns bis jetzt nicht einmal vorstellen konnten. Familien mit einem Kind wurden zum Merkmal einer tiefgehenden Umbildung der Gesellschaft. Sehen wir uns Italien als Beispiel an. Dieses Land wurde seit jeher durch seine Großfamilien charakterisiert. Sie haben das Bild Italiens in der Welt genauso stark geprägt, wie die Oper oder Pizza. Beim derzeitigen Trend stirbt aber das Phänomen des Vor­handen­seins zahlreicher Cousinen und Cousins aus. Ein anderes Beispiel: heutzutage ist es sehr schwer, einem Kind das Wort „Bruderschaft“ zu erklären. Wie wollen Sie es einem Kind klarmachen, das keine Geschwister hat? Junge Menschen heiraten nicht mehr, oder sie warten mit der Heirat bis – aus der Sicht der Fortpflanzung betrachtet – ins hohe Alter, bereits geschlossene Ehen zerfallen, die Scheidungsrate erreicht Rekordwerte und die traditionelle Ehe von einem Mann und einer Frau wird durch andere, lockere Bindungen, ersetzt, die vom Staat genauso gefördert und unterstützt werden wie eine Ehe.
Die „Unterhaltungs­gesell­schaft“ von heute verlangt Aufregung und „Fun“ um jeden Preis. Konsum wurde zur Ideologie im heutigen Europa. Die Menschen sehen auf sich selbst, und die überall anwesende Werbung steuert das alltägliche Leben eines modernen Europäers. Die Kirchen werden leer, aber in Fitness-Zentren und Beauty-Salons wimmelt es von Menschen. Als Ursache dieser Situation wird von einigen die „Metaphysik der Langweile“ genannt, die unsere Kultur befallen hat. Die Leute verhalten sich so, als ob sie nur Zeit totschlagen wollten – und das „zerschlägt“ sie und uns alle.
Der berühmte Biograph von Papst Johannes Paul II., George Weigel, meint, dass es den Völkern, die nicht fähig sind, sich fort­zu­pflanzen, an elementarem Selbst­vertrauen mangelt. Wer keine Kinder will, glaubt nicht an die Zukunft, hat kein Vertrauen in sie, hat kein Vertrauen in sich selbst. So sieht das Gesund­heits­zeugnis von Europa aus. Der Heilige Vater Benedikt XVI. hat die Familie, die durch die Ehe entstanden ist, als „Erbe der Menschheit“ und elementare Institution der Gesellschaft bezeichnet; sie ist eine lebende Zelle und ein Tragpfeiler der Gesellschaft, und das bezieht sich ebenso auf Gläubige, wie auf Nicht-Gläubige. Manchmal scheint es, als ob die Familien in eine Gefangen­schaft der Angst vor dem Leben, vor Vater- und Mutterschaft geraten sind. Es ist daher notwendig, ihnen Vertrauen zurückzugeben, damit sie sich der Ausübung ihrer edlen Bestimmung, in Liebe Kinder zu zeugen, wieder zuwenden können.[2]

zurück2.11.1. Vorschubleisten von Rechts­bruch

Schachtschneider weist darauf hin, dass der Gesetzgeber mit seinen Initiativen der Familie immer mehr Schaden zufügt.[3] Ein Nebeneffekt der Gesetzänderungen ist die Einladung zum Missbrauch der Gesetze.

Der geduldete Rechts­bruch beginnt meist damit, dass die Frau auf dem Weg ins Frauenhaus oder zum neuen Liebhaber ihre Kinder entführt. Ohne Zustimmung des Ehemannes und Vaters dürfte sie das nicht. Die Justiz ist aber nicht gewillt, diesen Rechts­bruch zu ahnden, weil die Über­zeugung vorherrscht, dass das Kind ja eh zur Mutter gehört. Frauenhaus, Jugendamt und Sozialamt sichern den Rechts­bruch institutionell ab.[4] Dieser scheidungs­politische Sündenfall ermutigt viele Scheidungsfrauen in der Folge zu weiteren Rechts­brüchen, die dann meist ebenfalls ungesühnt bleiben. Diese Rechtspraxis bewirkt, dass sich bei allein­erziehenden Mütter kaum Unrechts­bewusstsein entwickelt. Die ausbleibenden Sanktionen bestärken die Mutter in ihrem Handeln und dem subjektiven Gefühl „im Recht“ zu sein. Die Frau fühlt sich dann oft unverwundbar, nimmt Umgangs­regelungen nicht ernst und ist notwendigen Kompromissen immer weniger zugänglich. Nicht selten fühlt sie sich dazu ermutigt, nicht selten durch „Frauen­rechtlerinnen“ und „Freundinnen“ angestachelt, aktiv Umgangs­vereitelung zu betreiben.

Die Initiativen im Kampf gegen Kindes­missbrauch führen zu Falsch­beschuldigung der Mütter im Sorge­rechts­streit mit den Vätern. Keine Frau wurde wegen Vortäuschens einer Straftat verurteilt. Wenn das Risiko aber so niedrig ist, kann ihre Anwältin ihrer Mandantin auch bedenkenlos diese Strategie empfehlen.

Mit dem Wohnungs­zuweisungs­gesetz kann die scheidungs­willige Ehefrau ihren Nochehemann aus der ehelichen Wohnung verweisen lassen. Bevor der sich wehren kann, kann die Frau die Wohnung ausräumen und wichtige Dokumente wie Lohn­bescheinigungen, Versicherungs­policen, Sparbücher und ähnliches für die bevorstehe Unterhalts­klage sicherstellen. Der Rechts­bruch bleibt in der Regel ohne Konsequenzen für die Frau und sie hat aber sicher einen Unterhalts­titel in der Hand, den sie gnadenlos eintreiben lassen kann.[5]

Mit Babyklappen und anonymen Geburten wird die Legalisierung kriminellen Verhaltens von Frauen betrieben, während Männer sich ihren Vaterpflichten nicht entledigen können und ihnen kann mit postumen Vater­schafts­tests bis nach dem Tod nachgestellt werden.

Davon abgesehen könnte das „Klappenprinzip“ von der Geburt auch auf das Sterben ausgedehnt werden, wie die nebenstehende Karikatur andeutet. Außerdem haben Mütter Probleme mit puber­tierenden Jugendlichen, sind deshalb „Teenager-Klappen“ angesagt?

zurück2.11.2. Ökonomische Konsequenzen

Richterbund und Rechts­anwälte, die sich stets befürwortend für die derzeitige Systematik zu Wort melden, ziehen aus dem jetzigen Rechtssystem einen mehrfachen Vorteil; Richter haben es verfahrens­mäßig „einfacher“ als zuvor. Außerdem melden sich nur solche Richter-Funktionäre zu Wort, die ein ideologisches Interesse an dieser Art von Familien- und Eherecht haben, wie der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Leonardy, auf dem Saarbrücker FDP-Parteitag vom 24. Februar 1985 berichtete. Anwälte – nicht zuletzt solche aus dem prononciert katholischen Raum – argumentieren in derselben Weise: Jetzt brauche man nicht mehr soviel zu schreiben wie früher, schließlich sei die Anwaltskanzlei ja auch ein wirtschaftliches Unternehmen, wurde dem Verfasser bei seinen Recherchen bedeutet. Tatsächlich stellen die rd. 680.000 Scheidungs- und Scheidungs­folgen­sachen, die jährlich bei den Familien- und Ober­landes­gerichten anhängig sind und von rechnerisch 35.000 Rechts­anwälten vertreten werden, ja einen nicht zu unter­schätzenden Einkommens­strom für die Anwälte, sozialstrukturell zudem einen ökonomischen Um­ver­teilungs­prozess von Erheblichkeit dar. Die Gesamtzahl aller Verfahren wird von jeweils zwei Parteien mit jeweils zwei Rechts­anwalts­kanzleien bestritten und verdoppelt sich somit auf 1,36 Millionen Vertretungs­fälle in einem einzigen Jahr.

Detaillierte Zahlen hierfür sind nicht erhältlich, doch erlauben die veröffentlichten Statistiken über den Mindest­gebühren­streit­wert in Familiensachen einige Schluss­folgerungen hinsichtlich der Tendenz: Im Bezugsjahr 1982 hatten 33,6 % aller bei Amtsgerichten anhängigen Familien­sachen einen Streitwert zwischen 6.000 und 10.000 DM, der Hauptanteil der Verfahren lag mit einem Streitwert zwischen 10.000 und 50.000 DM bei 40,4 % aller Fälle. Nach den Erkundigungen des Verfassers bei Scheidungs­betroffenen, bei Anwälten sowie beim Bürgerbund gegen Scheidungs­unrecht belaufen sich die Gesamtkosten eines Scheidungs­verfahrens einschließlich der Folgesachen für einen der beiden Ehepartner mit gehobenen mittlerem Einkommen (Angestellter, Volks­schul­lehrer) auf rd. 5.000 bis 10.000 DM. Multipliziert man mit diesem Faktor und legt man die Zahl von 120.000 Scheidungs­fällen = 240.000 Prozess­parteien zugrunde, so ergibt sich eine (fast unrealistisch niedrige) Gesamtsumme von 600 Millionen DM jährlich, eher jedoch 1,2 Milliarden jährlich für alle Scheidungs­fälle (einschließlich der Folge­verfahren) zusammen­genommen.

Bei solchem „Branchen­umsatz ist das Eintreten für den Fortbestand dieser Rechts- und Einkommens­quelle verständlich: Mindestens 20.000 DM jährlich, eher 30.000 DM, fließen dem einzelnen Anwalt an Gebühren aus Scheidungs­fällen zu. Bei der ökonomischen Verelendung der Scheidungs­betroffenen zahlt der Steuerzahler einen erheblichen Teil der Gebühren: eine Million jährlich beim Familien­gericht in Osnabrück, Für Nordrhein-Westfalen wird eine jährliche Belastung des Justiz­haushaltes von vierzig bis fünfzig Millionen erwartet – Die Allgemeinheit zahlt die Scheidungs­zeche mit. Auf die Bundesrepublik hochgerechnet sind das 120 bis 150 Millionen Mark pro Jahr.

Diese Trenddaten, selbst in ihrer vorsichtigen Reduzierung, signalisieren, welche außergewöhnliche Vermögens­umwälzung. mit dem Scheidungs- und Ehe­zerfalls­prozess in der Bundesrepublik verbunden ist. Es ist nichts Geringeres festzustellen, als dass eine disproportionale Vermögens­über­tragung von den vielen mittleren und einfacheren Arbeits­einkommen zu Best­verdienern der Rechts­anwälte stattfindet.

Tatsächlich geraten – nach den Erkundigungen des Verfassers bei Scheidungs­betroffenen, bei Banken und Bauspar­kassen – die „kleinen“ Eigenheim-Vermögen, die die Eheleute in oftmals jahre­langer und jahr­zehnte­langer Ent­behrungs­zeit aufgebaut haben, radikal unter den Hammer, oder aber sie werden zu Schleuder­preisen verkauft. Ein Blick in die Immobilien-Anzeigen der regionalen Tages­zeitungen zeigt diesen Sachverhalt auch dem Außen­stehenden. Darüber hinaus jedoch landen – und Rechts­anwälte geben dies ungerührt – häufig sogar zynisch zu – nach der Scheidung oftmals beide Ehepartner beim Sozialamt, weil die Teilung eines Einkommens beide unter die Grenze der Sozial­hilfe­sätze drückt. Die Erfahrung, dass in sozialen Systemen die Mathematik­regeln außer Kraft gesetzt werden, weil 1 + 1 nicht 2 sind, sondern sich in kybernetisch synergistischer Weise in ihren Potentialen über­proportional verstärken, kehrt sich im Falle der Teilung (2:2) um: Nicht die Hälfte – wie es Politiker und Juristen schematisch glauben – kommt durch Teilung eines vorhandenen Ganzen heraus, sondern jeweils weitaus weniger. Wenn manche Politiker sich derzeit über die „Neue Armut“ aufregen, so müssen gerade sie nicht nur darauf hingewiesen, sondern vielmehr persönlich verantwortlich dafür gemacht werden, dass sie selbst durch eine die gesamte Gesellschaft (weil nämlich deren familiäre Basis) bedrohende Rechts­systematik diese neue Armut vorsätzlich und sehend mit verursacht haben. Vor allem den Sozialdemokraten ist dieses Ergebnis in ihr ideologisches Lehrbuch zu schreiben.[6]

Journalist Michael Möhnle nennt für 2005 folgende Zahlen, in Deutschland werden rund 600.000 Familien­verfahren an (Familien­gerichte und Ober­landes­gerichte) entschieden, mit einem durch­schnitt­lichen (Gebühren)Streitwert von fast 10.000 Euro ergibt das einen Streit­volumen von rund 6 Mrd. Euro.[7]

zurück2.11.3. Individuelle Konsequenzen

Keinem ehetreuen und familien­willigen Teil kann geholfen werden, wenn sein Partner Ehe und Familie – möglicherweise unter rechts­widriger Mitnahme der Kinder – zerstört. Er wird in einen unerbittlich voran­drehenden Zerfalls­prozess hinein­gezogen, aus dem es – abgesehen von dem nicht zu messenden menschlichen Leid – kein Entrinnen gibt. Die novellierte Version des Scheidungs­rechts hat diese Dynamik erstmals sogar rechtsförmig zur Kenntnis genommen und ihr bereitwillig Rechnung getragen:

„Leben die Ehegatten getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt …“.

Die Politiker und die Juristen haben dieses Volk wissentlich und vorsätzlich mit einer geradezu „automatischen“ Familien­zerstörung überzogen, wie sie selbst der Zweite Weltkrieg in diesem Ausmaße nicht produziert hat; sie haben in Friedenszeiten die Familien mit den Wirkungen eines Krieges überrollt.

Wer seinen Kindern wohl will und über die Familien­rechts­praxis hinreichend aufgeklärt ist, muss ihnen derzeit ernsthaft und eindringlich abraten, in der Bundesrepublik Deutschland eine förmliche Ehe nach staatlichem Recht einzugehen. Keine nennenswert große politische Partei wird den derzeitigen rechtlichen Zustand ändern: keine sieht das Problem, keine will prinzipielle und strukturelle Wandlungen. Die Ehe bleibt daher rechtlich eine unverbindliche und ungeschützte Sozialform – eine unter anderen. Wer sie eingeht, riskiert die Zerstörung seiner Lebensplanung in Deutschland durch den „Partner“, ist zeitlebens dessen Gutwilligkeit zum Zusammenhalt ausgesetzt, wird sich nicht und niemals gegen die Ingangsetzung des Automatismus der Verantwortungs­losigkeit wehren können, wohl aber in solchem Falle nur negative Konsequenzen in seelisch-personaler und ökonomisch-sozialer Hinsicht zu erleiden haben. Wer die Quälen und Schmerzen einer solchen Lebenswende durchlitten hat, wird verständlicherweise dazu neigen, eine rechtsförmige Ehe als Lebens­gemein­schaft auch dann abzulehnen und der nachwachsenden Generation der Söhne und Töchter davon aus Liebe und Verantwortung dringlich abraten, wenn durch eine Nichtehe im rechtlichen Sinne auch die kirchliche Einsegnung und Trauung einer Lebens­gemein­schaft (aus öffentlich-rechtlichen Gründen) unmöglich werden sollte.

Eine Einrede gegen einen solchen Hinweis – etwa von kirchlicher Seite – hat für sich keine moralische Berechtigung, weil die Kirche selber dieses eherechtliche und familien­rechtliche Un-System akzeptiert, ohne auch nur mehr als nur geringfügige Anstrengungen zu seiner strukturell-qualitativen Reform zu machen. Würde die katholische Kirche nur einen Bruchteil ihrer Kraft­anstrengungen, die sie begründeterweise für die Reform des § 218 StGB einsetzt, für diese familien­rechts­politische – hier behandelte – Fragestellung aufwenden, so würde sie gewiss an Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft zurückgewinnen.

Bei seinen empirischen Erkundungen sind dem Verfasser zudem zahlreiche Fälle praktizierender Christen beider Konfessionen begegnet, die sich wegen der Eherechts- und Familien­fragen von der Kirche abwenden. Kinder von schuldlos Scheidungsbetroffenen – der Verfasser denkt an einen ehemaligen beamteten Akademiker im Kirchendienst einer rheinischen Diözese – sind voller Zorn aus der katholischen Kirche ausgetreten; in Kassel hat eine große Geschiedenen-Gruppe nahezu geschlossen die evangelische Kirche Hessens mit der Begründung verlassen, ihre Kirche mache sich unglaubwürdig, wenn sie nichts gegen das Weiterbestehen der jetzigen Rechtsregelung unternehme oder gar dafür eintrete.

Dass die Zahl der Abtreibungen – entgegen den staatlich veröffentlichten Ziffern – nunmehr in die Zone der 50 %-Marke, bezogen auf die Geburtenzahlen von rund 650.000 jährlich, gelangte, hat sicherlich nicht allein mit dem Ehescheidungs- und Ehe­scheidungs­folgen­recht zu tun; aber diese Quoten, die individuelle (Nicht-)Bereitschaft zur Schwangerschaft (gerade bei ungewollten Kindern) und das Rechtssystem stehen in einem Dreiecks­zusammen­hange: sie sind allesamt Resultate von Werten und Unwerten, die sich gegenseitig bedingen und verstärken und die durch das Rechtssystem als solches in ihrer Beständigkeit und Widerstands­fähigkeit gegen jegliche bessernde Reform gefeit werden. Wer als Kindesvater weiß, dass Kinderaufziehung innerhalb einer Familie ständig mit der rechtlich begünstigten Bedrohung einer Familien­zerstörung konfrontiert ist, wird kaum Kinder­zeugung und Kinder­erziehung als erstrebenswerten Lebensinhalt begreifen und als junger Erwachsener und Heiratsfähiger möglicherweise – werden Kinder in (vorehelicher) Lebens­gemein­schaft gezeugt – die schwangere Mutter zur Abtreibung zu bestimmen versuchen. Diese Entwicklungen sind nicht zu begrüßen, aber sie sind verständliche Reaktionen auf eine veränderte rechtliche, soziale, politische und werthafte Umgestaltung von Familie und Gesellschaft durch Staat und Politik. Insgesamt stellen sie eine sozial-psychisch erklärliche, ja rationale, Verhaltens­veränderung dar aufgrund einer ordnungs­politischen Umwälzung nicht nur der engeren familialen, sondern der gesamten sozialen Umwelt.

So nimmt es kein Wunder, dass die Zahl der nicht­ehelichen Lebens­gemein­schaften selbst dann als ständig wachsend wahrgenommen werden kann, wenn ihre statistische Ermittlung sehr schwierig ist. Die Anzahl dieser Lebensform wurde bereits für die Wende zu den achtziger Jahren auf knapp eine Million gemischt-ehelicher Lebens­gemein­schaften von Jugendlichen und/oder Geschiedenen geschätzt. Bei aller Unter­schied­lichkeit der rechtlichen Merkmale gegenüber einer förmlichen Ehe ist sie unter der Herrschaft des neuen Scheidungsrechts materialiter nicht mehr wesentlich von einer Ehe unterschieden. Auch die Ehe ist – trotz der verbalen Leerformel von der lebenslänglichen Verpflichtung – vom ständigen und nicht zu verhindernden tatsächlichen Zerfall bedroht, sobald ein Ehepartner risikolos ausbrechen will. In einer rechtlich jedoch nicht förmlich geschlossenen Lebens­gemein­schaft, also in der Sozialform, die man früher das „Konkubinat“ nannte, haben beide Partner das gleiche Lebens­führungs- und Wirtschafts­risiko. Nur gegenüber Kindern hat die rechtlich ledige, jedoch in einer festen Partnerschaft lebende Mutter das alleinige Sorgerecht, dem Vater gehört es aus verfassungs­grund­sätzlicher Sicht nicht. Aber ihm wird es ja im Falle der Scheidung ohnehin in der Regel genommen, so dass sich auch dann kaum ein Unterschied zu einer förmlichen Ehe ergibt.[8]

zurück2.11.4. Gesellschaftliche Perspektiven

Im Bereich der Familien als der wahrhaft gesell­schaft­lichen Basis hat sich nach Inkrafttreten des neuen Ehe­scheidungs­rechtes von 1977 eine gewaltige Grundwoge der gesell­schaft­lichen Umwälzung entwickelt: Allein in den ersten drei Jahren dieses Jahrzehnts (1980-1982) wurden mit 324.225 Scheidungsfällen 650.000 Erwachsene und noch einmal 300.000 Kinder von diesen Vorgängen betroffen, also: eine Million Menschen in nur drei Jahren. Auch dann, wenn man zur rechnerischen Kontrolle das jüngst erreichbare Globaldatum von 118.483 Ehescheidungen des Jahres 1982 zugrunde legt, umfasst dieses Aggregat 236.966 Erwachsene und noch einmal 94.407 Kinder. Extrapoliert man die dadurch gewonnene Summe der 331.373 durch Scheidungsfälle pro Jahr betroffenen Personen auf den Zeitraum von nur drei Legislatur­perioden des Bundestages, also auf die Spanne von nicht einmal einer halben Generation (die so genannte „Ära Adenauer“ dauerte 14, die „Sozial-Liberale Koalition“ 13 Jahre), so werden in 12 Jahren fast vier Millionen Menschen von Scheidungs­vorgängen betroffen sein. In erfahrbare Bezugsgrößen übertragen, besagen diese Daten: In 12 bis 14 Jahren würde die gesamte Bevölkerung von Schleswig-Holstein und Hamburg oder von Rheinland-Pfalz und dem Saarland (jeweils zusammen­genommen), halb Bayern würde in 15 Jahren ausschließlich aus geschiedenen Eltern und ihren Scheidungs­waisen bestehen, wollte man in der Bundesrepublik hypothetisch diese Familien in geschlossenen Regionen zusammenführen.

Von den dann rd. 1,2 Millionen Scheidungs­waisen (aus 13 Prozess­jahren) werden nicht nur Zehntausende, sondern wohl Hundert­tausende in ihren vormaligen zerfallenen Familien die Lebens­erfahrung gemacht haben, dass man unter der Herrschaft dieses Familien-, Scheidungs- und Scheidungs­folgen­rechts nicht recht, sondern unrecht tun muss, um materielle Eigenvorteile zu gewinnen (dem persönlichen Ruin als Mann zu entgehen und materielle Eigenvorteile als Frau zu gewinnen), und dass es umgekehrt töricht wäre, sich an „für Ehe und Familie grundlegend(en) Lebens­prinzipien“ zu orientieren, wie „Liebe, Treue und Vertrauen“, wie Bundeskanzler Dr. Kohl meint. Die bittere Lebens­erfahrung lautet vielmehr: durch ehetreues Verhalten kann der Mann in diesem Lande nur Schaden nehmen, – und nicht etwa nur materiell, sondern nicht zuletzt auch geistig und seelisch an seiner ganzen Person.

Von der staatlich verursachten, tiefen menschlichen Not, von dem zugunsten ehezerstörender und familien­vernichtender Partner durch Gesetzgeber und Richter bewirkten Leid, das niemals mehr zu lindern sein wird, von den Tränen der Kinder und der Verzweifelten, der Getäuschten und Betrogenen, die zugunsten „der gnadenlosen Härte abstrakter Ideologien […] zum Spielball und Opfer des […] Zeitgeistes“ gemacht worden sind (vgl. Zeidler), konnte in dieser Studie gar keine Rede sein.[9]

Michael Möhnle nennt für den Zeitraum vom 1998-2008 folgende Zahlen, in Deutschland werden jedes Jahr 218.000 Ehen geschieden, wodurch 170.000 minderjährige Kinder den Zerfall ihrer Familie erleben. In dieser Zeitspanne erfolgten in Deutschland rund 2,2 Millionen Scheidungen mit rund 1,7 Millionen minder­jährigen Kindern.[7]



[1] Joachim Wiesner titelt deshalb auch seinen Aufsatz „Vom Rechtsstaat zum Faustrechts-Staat“
[2] Kann die traditionelle Familie Europa retten?, Vortrag von Anna Záborská
[3] Karl Albrecht Schachtschneider in seinem Aufsatz „Rechtsproblem Familie“ (Abschnitt: Ordnung durch Verträge)
[4] Joachim Wiesner: „Vom Rechtsstaat zum Faustrechts-Staat: Eine empirische Studie zur sozial­ethischen und ordnungs­politischen Bedeutung des Scheidungs-, Scheidungsfolgen- und Sorgerechts“, 1985, Abschnitte: Der Rechts­bruch wird gesichert, Rechtstatsächliche Beobachtungen
[5] Vergleiche mit Joachim Wiesners Rechtsethische Bewertungen, S. 19
[6] Joachim Wiesner: „Vom Rechtsstaat zum Faustrechts-Staat: Eine empirische Studie zur sozial­ethischen und ordnungs­politischen Bedeutung des Scheidungs-, Scheidungsfolgen- und Sorgerechts“, 1985, Abschnitt: Ökonomische Konsequenzen, S. 46
[7] a b Michael G. Möhnle: „Kommerzialisierung der Familienjustiz“, 17. Juli 2008 HTML-Dokument PDF-Dokument
[8] Joachim Wiesner: „Vom Rechtsstaat zum Faustrechts-Staat: Eine empirische Studie zur sozial­ethischen und ordnungs­politischen Bedeutung des Scheidungs-, Scheidungsfolgen- und Sorgerechts“, 1985, Abschnitt: Individuelle Konsequenzen, S. 49
[9] Joachim Wiesner: „Vom Rechtsstaat zum Faustrechts-Staat: Eine empirische Studie zur sozial­ethischen und ordnungs­politischen Bedeutung des Scheidungs-, Scheidungsfolgen- und Sorgerechts“, 1985, Abschnitt: Gesellschaftliche Perspektiven, S. 52