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Staatliche Zwangsverheiratung

Gegenwehr gegen staatliche Zwangsverheiratung

Sie haben gute Chancen sich zu wehren, wenn man Sie zu einer eheähnlichen Bedarfs­gemein­schaft zwangs­verheiraten will. Nach geltender Recht­sprechung begründet eine eheähnliche Gemeinschaft keinen einklagbaren Unter­halts­anspruch. Deshalb kann auch niemand auf das Einkommen eines anderen verwiesen werden, wenn der nicht zahlt.

Wer der „Vermutung“ der ARGE widerspricht, hat gute Chancen Recht zu bekommen. Im Klage­verfahren vor den Sozial­gerichten bekommt er auf jeden Fall Recht.

Die (von der Behörde unterstellte) Einstehens­gemein­schaft ist aufgelöst (oder besteht nicht), wenn ein Partner sein Einkommen und Vermögen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwendet. (BVerfG 17.11.1992 – 1 BvL 8/87) Letztlich entscheidend ist also nicht die innere Bindung, die zu einer Annahme bzw. der Erwartung führt, dass der eine den anderen voll unterstützt (§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II), sondern die reale Unterstützung ist entscheidend.

Die Behörden dagegen beschränken sich auf Erwartungen, unabhängig davon, ob die Unterstützung real existiert oder nicht. Das senkt Sozial­ausgaben. Letztlich spekulieren die Behörden darauf, dass Hilfe­bedürftige in Unkenntnis der Rechtslage von sich aus zugeben, dass sie eine Einstehens­gemein­schaft bilden, indem sie beispielsweise auf den Formularen „eheähnliche Gemeinschaft“ ankreuzen, oder in anderer Weise zugeben, dass reale Unter­stützungs­gelder fließen. Es geht dabei nicht um Indizien, sondern um reale Zahlungen, die ausschließlich vom Willen der Beteiligten abhängen. Das ist für die Behörde aber kaum beweisbar. Deshalb spekuliert sie schlitzohrig darauf, dass sich die Hilfe­bedürftigen selbst als eheähnliche Gemeinschaft definieren, auch wenn sie es nicht sind, damit sie als solche behandelt werden können.

Das Rechts­verhältnis „Verantwortungs- und Einstehens­gemein­schaft“ muss durch die Behörde durch einen widerspruchs­fähigen Verwaltungsakt festgestellt werden (unter Würdigung der maßgeblichen Hinweis und Tat­bestands­voraus­setzungen). Gibt der Hilfe­bedürftige also an, eine eheähnliche Gemeinschaft zu führen, macht er damit den Partner auskunfts­pflichtig gegenüber der Behörde bezüglich Einkommen und Vermögen.

Abhilfe schafft hier, der Vermutung einer eheähnlichen Gemeinschaft durch die Behörde zu widersprechen und klarzustellen, dass Sie von Ihrem Partner keine Auskünfte über sein Einkommen und Vermögen bekommen können, weil dieser dazu (siehe oben) gar nicht verpflichtet ist. Stellt die Behörde trotzdem das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft fest, legen Sie Widerspruch ein und klagen Sie bei Ablehnung des Widerspruchs. Sie haben gute Chancen sich durchzusetzen.

Zwar kennen die Urteile des Bundes­verfassungs­gerichts von 1992 und 2004 und die der Obersten Gerichte (BGH, BVerwG und BSG), sowie das Bürgerliche Gesetzbuch keine Unter­halts­pflicht für Nicht­verheiratete. Trotzdem werden sie im Wesentlichen missachtet, um die Folgen der Arbeits­losigkeit auf die Lohn­abhängigen verlagern zu können. Unterhalt zwischen nicht verheirateten Paaren kann nur auf Freiwilligkeit beruhen.

Bundes­regierung und Bundestag jedoch wollen die fehlende Unter­halts­pflicht durch behördliche Leistungs­verweigerung ersetzen, die „Unterhalt“ erzwingt. Wenn die Behörde eine Einstehens­gemein­schaft nach einem Jahr einfach unterstellt und Ihnen die Existenzmittel entzieht, übt sie einen realen Zwang aus, damit der Partner doch zahlt.

Selbst wenn der Partner Ihnen im Rahmen der Nothilfe anstelle des Amtes einen Vorschuss zahlt bzw. ihre Mietzahlungen stundet, darf daraus noch nicht geschlossen werden, dass jetzt die Einstehens­gemein­schaft besteht. Die Behörde darf Sie nicht durch voreilige Leistungs­einstellung einer Notlage aussetzen. Demnach muss das Amt zuvor die Gewissheit haben, dass Ihre Existenz (und ggfs. die Ihrer Kinder), der Kranken­versicherungs­schutz usw. durch tatsächliche Unterhalts­leistungen des Partners sichergestellt sind. Ist eine solche Gewissheit nicht zu erreichen, ist die Leistung zumindest vorläufig nach § 328 SGB III zu bewilligen. Wenn sich die Behörde dennoch weigert zu zahlen, müssten Sie eine Einstweilige Anordnung vor Gericht stellen, also ein Eilverfahren einleiten.[1]

Der Vermutung von regelmäßigen Geldzahlungen von Verwandten oder Partnern sollten Betroffene durch folgende Erklärung entkräften: „Der/Die bei bei mir/uns lebende XY unterstützt mich/uns nicht.“ ALG-II-Bezieher sind keineswegs verpflichtet, der ARGE Angaben über Einkommen und Vermögen der bei ihnen lebenden Verwandten und Partnern vorzulegen. Wenn nicht miteinander verwandte Bürger zusammenleben und auch keine eheähnliche Gemeinschaft bilden, dann ist das rechtlich eine Wohn­gemeinschaft. Jedes Mitglied bildet eine eigene Bedarfs­gemein­schaft und kann allein einen Antrag auf ALG II stellen. Das Einkommen und Vermögen der Mitbewohner spielt dabei keine Rolle.[2]

Wer also der „Vermutung“ der ARGE widerspricht, hat gute Chancen Recht zu bekommen. Im Klageverfahren vor den Sozialgerichten bekommt er auf jeden Fall Recht.

Weitere Tipps und Informationen zum Umgang mit der ARGE bietet der Leitfaden von Tacheles e.V.[3] Der heutige Konzern­auf­sichts­rat Clement (SPD) hat den Leithilfeautoren sogar Beihilfe zum Betrug vorgeworfen, weil sie das Urteil des BVerfG im Leitfaden dargestellt haben.[4]

Eine eheähnliche Gemeinschaft liegt nur vor, „wenn zwischen den Partnern so enge Bindungen bestehen, dass von ihnen ein gegenseitiges EInstehen in Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann (Verantwortungs- und Einstehens­gemein­schaft).“ (BVerfG 17.11.1992 – 1 BvL 8/87)

„Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor (sic!) sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die verschärfte Bedürftigkeitsprüfung vergleichbar.“ (BVerfG 17.11.1992 – 1 BvL 8/87)

„Ohne rechtlichen Hinderungs­grund kann der mit dem Arbeitslosen nicht verheiratete Partner auch jederzeit sein bisheriges Verhalten ändern und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen einsetzen. Wenn sich ein Partner entsprechend verhält, besteht eine eheähnliche Gemeinschaft nicht oder jedenfalls nicht mehr.“ (BVerfG 17.11.1992 – 1 BvL 8/87) [5]

Mitglied einer Bedarfs­gemein­schaft ist – unter anderem – nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b SGB II, wer mit einem erwerbs­fähigen Hilfe­bedürftigen ‚in eheähnlicher Gemeinschaft lebt‘ (vgl. auch BTDrucks 15/1516, S. 52). Dies ist allein die Lebens­gemein­schaft eines Mannes und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebens­gemein­schaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschafts­gemein­schaft hinausgehen (vgl. BVerfGE 87, 234 ‚264’). Dass zwei Personen dieselbe Meldeadresse haben, reicht hierfür nicht aus (vgl. auch BVerwGE 98, 195 ‚198 f.’). (BVerfG 02.09.2004 – 1 BvL 1962/04)

Eine eheähnliche Gemeinschaft „ist allein die Lebens­gemein­schaft eines Mannes und einer Frau, […] die sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschafts­gemein­schaft hinausgehen.“ (BVerfG 02.09.2004 – 1 BvL 1962/04)

„Weder dieser [der Mitbewohner] noch sie selbst sind daher zu Angaben über ihre [gemeinsamen] persönlichen Verhältnisse verpflichtet.“ (BVerfG 02.09.2004 – 1 BvL 1962/04) [6]

„Existenz­sichernde Leistungen [dürfen] nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen verweigert werden.“ (BVerfG 12.05.2005)

Eine sehr grundsätzlich begründete Entscheidung zur eheähnlichen Gemeinschaft hat das Sozialgericht Dresden getroffen:

Stellt die ARGE eine eheähnliche Gemeinschaften fest, ohne dass das Element der tatsächlichen materiellen Unterstützung vorliegt, werden die vermögens- und einkommens­losen Partner dieser Gemeinschaft völlig rechtlos gestellt. Sie haben keinen Anspruch gegen die Behörde und keinen Anspruch gegen den vermeintlichen Partner. In der aktuelle Recht­sprechung wird aus diesem Grund der Stellungnahme der Partner zur Frage des Bestehens einer ‚eheähnlichen Lebens­gemein­schaft‘ entscheidende Bedeutung zugesprochen. (SG Dresden 18.05.2005 – S 23 AS 175/05 ER) [7]

Siehe: Bedarfs­gemein­schaft, Staatliche Zwangsverheiratung



[1] „Leitfaden ALG II / Sozialhilfe von A-Z“, Ausgabe 2008/2009, ISBN 3-932246-78-0, Stichworte: Bedarfs­gemein­schaft, S. 65-68, Eheähnliche Gemeinschaft, S. 78-92
[2] Was ist eine Bedarfs­gemein­schaft?
[3] Leitfaden ALG II / Sozialhilfe von A-Z, herausgegeben von Tacheles e.V., ISBN 3-932246-78-0, 10,- €
[4] „Leitfaden ALG II / Sozialhilfe von A-Z“, Ausgabe 2008/2009, S. 85;
„Zu den Angriffen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit auf den Leitfaden Alg II/Sozialhilfe von A-Z“ (Stellungnahme der Autoren) PDF-Dokument
[5] Bundes­verfassungs­gericht: BVerfG 17.11.1992 – 1 BvL 8/87
[6] Bundes­verfassungs­gericht: BVerfG 02.09.2004 – 1 BvL 1962/04
[7] Sozialgericht Dresden: SG Dresden 18.05.2005 – S 23 AS 175/05 ER (Entscheidungsdatenbank SGB II & SGB XII)
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2 Kommentare.

  1. Zwangsheirat ist eine echt schlimme Sache in meinen Augen. Diese Leute sollten bevorzugt hier einen Unter­halts­anspruch bekommen. Diese Leute haben ansonsten kein selbstbestimmtes Leben und das bringt keinem etwas. Danke für den Artikel!

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