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Die Familie und ihre Zerstörer

Was schief läuft und was anders werden muss – Eine überfällige Debatte

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Exkurs zu Ehe, Konkubinat und Arrangierte Heirat

Dieser Exkurs soll herausarbeiten, dass Konkubinat und Ehe zwei völlig unterschiedliche Konzepte des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau sind. Es soll aufgezeigt werden, dass die Krise der Familie auch dadurch zustande kommt, weil versucht wurde, das Liebesideal des Konkubinats in die Ehe und die existentielle Absicherung der Ehe in das Konkubinat hineinzutragen. Der gesell­schaft­liche Schutz der Familie wurde dadurch ausgehebelt und die Ehe in Verbindung mit der Familie dem Verfall preisgegeben. Auf der anderen Seite werden gescheiterte Liebes­beziehungen zwischen Mann und Frau mit ungerechtfertigten Unter­halts­verpflichtungen nach der Trennung belastet.


Durch die beliebige Partnerwahl und die hohe Scheidungsrate ist in der Praxis das Institut der Ehe immer mehr dem Institut des Konkubinats angenähert worden. Allerdings werden in der Praxis die so unterschiedlichen Lebensentwürfe zwischen Mann und Frau nicht sauber aus­ein­ander­gehalten. Alles wird irgendwie unter dem Begriff Ehe oder „eheähnlicher Gemeinschaft“ subsumiert. Aber das Konkubinat ist keine „eheähnlicher Gemeinschaft“. Die Ehe zeichnet sich durch die Dauerhaftigkeit (§ 1353 BGB) und die Herstellung von Verwandt­schafts­beziehungen zwischen den Herkunfts­familien aus. Die verwandt­schaft­lichen Verbindungen und auch der Nachwuchs – Kinder haben ein Recht auf Mutter und Vater, sowie auf beide Groß­eltern­paare und auf Tanten, Onkel, Cousin und Cousinen. Das verträgt sich nicht mit dem Trennungs­wunsch vieler Paare. Aber weil die auf Verwandtschaft und Nachwuchs fokusierte Ehe und das auf eine Zweier­beziehung fokusierte Konkubinat nicht getrennt betrachtet werden, kommt es zu der absurden Erscheinung, dass einerseits der Ehebund wie schon das Konkubinat beliebig auflösbar geworden ist und andererseits das Konkubinat mit den Sicherheiten einer Ehe (Unter­halts­ansprüche nach der Scheidung) ausgestattet wurde. Das nicht auf Dauer angelegte Konkubinat, das sich auf die Beziehung der beiden Liebenden beschränkt, begründet keinen Unter­halts­anspruch nach der Aufhebung der Beziehung. Die Grundlage war und ist die Liebe, und wenn die nicht mehr besteht, dann ist die Geschäfts­grundlage entfallen und damit auch jeder Anspruch auf Unterhalt. Die Lebens- und Einstehungs­gemeinschaft der Ehe, die sich über die Zweier­gemein­schaft auf die Kinder und Verwandtschaft ausdehnt, verträgt sich hingegen nicht mit der „Wir sind jetzt zusammen.“-und-„Ich habe mich heute getrennt.“-Mentalität des Konkubinats.

Schematisch können Ehe, heterosexuelles Konkubinat und homosexuelle Lebens­gemein­schaft so dargestellt werden:

Ehe / Konkubinat heterosexuell homosexuell
Ehegemeinschaft
(Familie)
Basis: Verwandtschaft
Ziel: Nachwuchs, Erbschaft, Existenzsicherung
Dauer: auf Lebenszeit [1]
Ende: Nach der Scheidung besteht Anspruch auf Entschädigung (Unterhalt)
Recht: Schutz nach Art. 6 Abs. 1 GG
? [2]
Lebens­gemein­schaft
(Konkubinat)
Basis: Zweierbeziehung von Mann und Frau
Ziel: Selbstverwirklichung, Sex
Dauer: unbestimmt
(so lange es gut geht)
Ende: Mit dem Erlöschen der Liebe entfällt die Geschäfts­grundlage
Recht: nicht justiziabel, nicht schützbar
Basis: Zweierbeziehung von Schwulen oder Lesben
Ziel: Selbstverwirklichung, Sex
Dauer: unbestimmt
(so lange es gut geht)
Ende: Mit dem Erlöschen der Liebe entfällt die Geschäfts­grundlage
Recht: nicht justiziabel, nicht schützbar

Ursache für das Durcheinander ist, dass versucht wurde, das romantische Liebesideal des Konkubinats, beziehungsweise Affäre, in das Konzept der Ehe einzuführen. Das Ergebnis ist, mit den Worten Karl Albrecht Schachtschneiders, dass der Staat nicht mehr weiß, was eine Familie ist.[3]

„Der Staat hat die Familie nicht zu schützen vermocht. Er hat die Ordnung der Ehe und Familie mehr und mehr dem hedonistischen Zeitgeist angepasst und damit deren Verfall beschleunigt.“ [3]

Er fährt fort:

„Längst werden Ehe und Familie entgegen dem grundgesetzlichen Text nicht mehr als Einheit erfasst. Zweck der Ehe ist nicht mehr die Familie, die Ehe ist zur bloßen Lebens­gemein­schaft zwischen Mann und Frau abgesunken, auf Lebenszeit oder auch nur auf Zeit. Die gleich­geschlecht­liche Lebens­partner­schaft ist ihr fast gleichgestellt.“ [3]

Die von homosexuellen Lobbyisten verlangte Gleichstellung von gleich­geschlecht­lichen Liebes­beziehungen mit der Ehe war nur dadurch möglich, dass die Ehe de facto abgeschafft und auf das Niveau eines Konkubinats abgewertet worden ist.

In der Tabelle wurde unter homosexueller Ehegemeinschaft ein Fragezeichen gesetzt. Es mag gleich­geschlecht­liche Lebens­gemein­schaften geben, die längere Zeit „gutgehen“. Es ist aber fraglich, dass die beiden Herkunfts­familien durch die homosexuelle Liebe zu einer Verwandtschaft verbunden wurden. Das Motiv dafür dürfte weniger in gesell­schaft­lichen Ressentiments, denn in der Tatsache zu suchen sein, dass aus einer homosexuellen Verbindung kein Nachwuchs hervorgehen kann. Trotzdem wird versucht, die Illusion der Homo-Ehe herzustellen, indem auf künstlichem Wege Kinder in das homosexuelle Konkubinat eingeführt werden, etwa durch Samenspenden bei Lesben oder durch Adoption.

Im liberalen ef-magazin hat nun Gérard Bökenkamp sich mit dem familien­politischen Thema „Liebe, Heirat und Vertrag“ beschäftigt.

„Es gibt Freiheiten, die man als solche gar nicht mehr wahrnimmt, weil sie so selbstverständlich erscheinen. Dazu gehört die Freiheit, seinen Partner selbst zu wählen. Die Vorstellung, vor dem Eingehen einer Beziehung erst einmal die Familien um Erlaubnis zu fragen oder gar einen Ehepartner zu akzeptieren, weil die Eltern ihn ausgesucht haben, erscheint heute ziemlich absurd. Selbst überzeugte Konservative kommen nicht mehr auf die Idee, in ihren privaten Angelegenheiten auf diese Weise zu verfahren.“

„In den meisten historischen Gesellschaften lag Ehe, Vaterschaft und Mutterschaft keine freie Entscheidung zugrunde, sie waren gesell­schaft­lich obligatorisch. Man heiratete nicht, man wurde verheiratet.“ [4]

Zwei Familien einigen sich, dass es zum beiderseitigen materiellen und politischen Nutzen ist, eine Verwandt­schafts­beziehung miteinander einzugehen und dies wurde mit der Heirat ihrer Kinder besiegelt.

Die Verschwägerung der beiden Familien von Braut und Bräutigam bildet den Kern einer Ehe.

Der einseitigen Freiheit, seien Ehepartner frei zu wählen, steht der Zwang gegenüber, den Heiratswillige auf die Herkunfts­familien ausgeüben, die nämlich damit konfrontiert werden eine Verwandt­schafts­beziehung einzugehen, wozu sie möglicherweise gar nicht bereit sind. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Ehebeziehung der Ehepartner aus. Sobald es zur Ehekrise kommt, wird sich der fehlende soziale Rückhalt besonders bemerkbar machen. Nun legt der Zeitgeist großen Wert auf die individuelle Freiheit, selbst zu entscheiden, während auf die Verwandt­schafts­beziehungen wenig Beachtung geschenkt wird.

Dazu kommt die Liebesheirat als romantische Idee, die unter dem Einfluss der beginnenden Romantik um 1800 zum Ideal des Bürgertums wurde. Das Problem dabei ist, dass nicht nur der Beginn einer Liebes­beziehung allein durch den Willen der beteiligten Personen bestimmt wird, sondern auch ihr Ende. Durch die beliebige Aufkündbarkeit des Ehebundes wurde das Verständnis von Ehe immer weiter in die Nähe eines Konkubinats gerückt.

Die einseitige Freiheit, eine Ehebeziehung wieder zu trennen (Scheidung), bedeutet einen Gewaltakt gegenüber den Familien­mitgliedern, die unter­einander verwandt­schaft­liche Beziehungen pflegen. Eine Paar­beziehung (etwas in einer Lebens­gemein­schaft, Konkubinat) mag einfach zu lösen sein, da sie nur die zwei Partner betrifft. Ein Geflecht von Verwandt­schafts­beziehungen ist nicht auflösbar und die gewaltsame Auflösung wäre eine Katastrophe. Am stärksten trifft es dabei die Scheidungs­waisen, Kinder, die durch Scheidung einen ihrer Elternteile verlieren.

Leider hat sich im europäischen Kulturraum das Konkubinat als Norm durchgesetzt, auch wenn ihr mit dem Begriff Ehe etikettiert wurde. Der Faktor Liebe wurde zum alles überragende Entscheidungs­merkmal, die Frage, ob die beiden Herkunfts­familien für eine verwandt­schaft­liche Verbindung zusammen passen, wurde immer stärker vernachlässigt.

„Die Liebesheirat setzt einen Suchprozess voraus. Die Suche nach der oder dem „Richtigen“ ist eine Lebens­aufgabe. Artikel, Bücher, Filme, Serien, Ratgeber, Kontaktbörsen – ein enormer kultureller und kommerzieller Komplex – befassen sich ausschließlich mit diesem Suchprozess. Denn nicht in jeden Menschen kann und will man sich verlieben. Man muss aktiv werden, um den Partner zu finden, mit dem man eine Familie gründen kann und will. Nehmen wir an, jemand ist zwei Jahre auf der Suche nach dem richtigen Partner. Dann dauert es, sagen wir einmal, noch ein halbes Jahr, sich zusammen­zu­finden. Anschließend baut man eine Beziehung auf, um nach weiteren zwei oder drei Jahren festzustellen, dass die Gefühle nicht mehr dieselben sind und die Liebe so schnell wie sie kam auch wieder verschwunden war. Daraufhin findet eine Trennung statt, die für viele Menschen emotional aufreibend ist. Nach einer Phase des Verarbeitens beginnt die neue Suche, und der Vorgang startet von vorn. So wird verständlich, warum Eheschließung und Geburten sich immer weiter nach hinten verschieben. Und es wird auch klar, wie wenig Krippen­plätze oder Finanz­spritzen daran grundsätzlich ändern können. Eine Frau, die Mutter werden will, muss einen Mann suchen, in den sie sich verliebt, der sich in sie verliebt und der auch Kinder haben will. Und das alles möglichst zur selben Zeit. Dabei können verschiedene Probleme auftreten. Sie verliebt sich, aber der Mann verliebt sich nicht in sie. Ein Mann verliebt sich in sie, aber sie verliebt sich nicht in ihn. Beide verlieben sich ineinander, aber er will keine Kinder oder sie will keine Kinder oder noch keine Kinder. Beide verlieben sich ineinander, wollen auch Kinder, stellen aber fest, dass sie sich im Alltag gegenseitig auf den Wecker gehen. Und da sie sich schon nicht auf den gemeinsamen Urlaub einigen können, lassen sie das mit den Kindern erst einmal sein. Wenn solche Paar­bindungen einige Male scheitern, stoßen umgerechnet in Lebenszeit viele Frauen bereits an die biologische Alters­grenze.“

Es tun sich bereits unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Familien­gründung auf, lange bevor sich Fragen nach Karriere­chancen, Kinder­krippen oder Steuer­belastung überhaupt stellen.

Der liberale Autor hat das Problem durchaus erkannt und auch zutreffend beschrieben. Er bemerkt sogar, dass der individualistische Ansatz nicht zu einer Lösung führt:

„Um in einer Gesellschaft mit Liebesheirat eine ähnlich hohe Geburtenrate zu erreichen wie in Gesellschaften ohne Liebes­heiraten, müsste sich folgendes Modell durchsetzen: Das Paar müsste sich früh in ihrem Lebenslauf kennenlernen, schnell heiraten und die materielle Grundlage für Familie und Kinder schaffen, sie müssten beide Kinder haben wollen, beide zusammen­bleiben. Dass sich ein solches Standard­modell durchsetzt, ist extrem unwahrscheinlich.“

Im Grunde wurden die Umstände benannt, weshalb es historisch zu den arrangierten Ehen gekommen ist. Da man die Probleme kannte, begannen Eltern und Verwandtschaft, dem heirats­fähigen Nachwuchs bei der Partnerwahl behilflich zu sein. Allein das Ideal der individuellen Freiheit verbietet es, den Gedanken der arrangierten Ehe wieder aufzugreifen. Dabei haben Untersuchungen gezeigt, dass bei Liebes­heiraten der Liebes­faktor am Anfang konkurrenzlos hoch ist, dann aber langsam, aber kontinuierlich abfällt. Die Macht der Gewohnheit fordert ihren Tribut. Bei Vernunftehen ist der Liebes­faktor am Anfang eher geringt, mit der Erfahrung von Nähe, Vertrauen und Verlässlichkeit entwickelt sich die Liebe, bis etwa ab dem Siebenten Ehejahr die Vernunftehe auch in Sachen Liebes­faktor der Liebesheirat überflügelt.

Der Autor erkennt auch die Asymmetrie zwischen der Paarbindung und der Auflösung einer Partnerschaft. Sie liegt in dem offensichtlichen Umstand begründet, dass eine freiwillige Partnerschaft aus zwei Menschen besteht, die nur im Konsens zusammenkommen, aber sich sowohl im Konsens als auch im Dissens wieder trennen können. Damit eine Bindung zustandekommt, müssen beide einverstanden sein. Um die Bindung zu beenden, reicht es, wenn einer sie nicht mehr will.

Einzig gelingt es dem Autor nicht, zwischen Konkubinat und Ehe zu unterscheiden, weil er daran festhält, für alle Beziehungs­varianten zwischen Mann und Frau den Begriff Ehe zu verwenden. Das führt zu Begriffs­verwirrungen und verstellt die Sicht auf die Lösung. Er spricht von einer „Kultur der Zwangs­verheiratung“, kennt aber den Gegenbegriff „Zwangs­verschwägerung“ nicht. Denn es gibt bei einer Beliebigkeit in der Partnerwahl entweder keine Verwandt­schafts­beziehungen zwischen den Herkunfts­familien mehr, oder nur als Zwangs­arrangement, da die Eltern ja die Mitsprache verwehrt wird.

Es gibt aber keine „Kultur der Zwangs­verheiratung“, sondern nur eine „Kultur der arrangierten Ehe“, was etwas völlig anderes ist. Bei einer arrangierten Ehe haben sowohl die Eheleute als auch ihre Eltern sowohl ein Vetorecht als auch ein Vorschlagsrecht. Es ist kein kluges Verhalten der Eltern, sich auf nur einen Kandidaten für ihr Kind festlegt, das gerade diese Person vielleicht nicht annehmbar findet. Es ist auch kein kluges Verhalten der Kinder, sich (etwa aus Liebes­blindheit) auf nur einen Heirats­kandidaten kapriziert, weil sich herausstellen kann, dass die beiden Herkunfts­familien nicht kompatibel sind. Und das könnte langfristig nur in einer Scheidung und viel Verdruss enden.

„Ehe und Liebe gehören in unserem Grundverständnis untrennbar zusammen.“

Liebesbeziehungen beziehungsweise das Konkubinat gehören untrennbar zusammen. Da liegt das Missverständnis. Bei der Ehe stehen auch andere Dinge im Vordergrund: Verwandtschaft, Biologische Reproduktion, Versorgungs­sicherheit, Arbeits­teilung und Erbschaft.
Diese Aufgaben sind allerdings nur durch eine „Ehe auf Lebenszeit“ zu erreichen und nicht durch ein „Konkubinat solange die Liebe hält“. Ausschlag­gebend für das Funktionieren der Ehe ist die Vertrags­sicherheit.

„Auf der Grundlage der Liebe lässt sich nur schwer eine verlässliche Vertragsbindung aufbauen.“

Man kann sich die Verwandtschaft, die man anheiratet, aussuchen. Man kann sich dazu verpflichten, treu zu sein oder dazu, eine bestimmte Rollen­erwartung zu erfüllen. Aber man kann sich realistischer­weise nicht verpflichten, jemanden für alle Ewigkeit zu lieben. Das Wort „Realismus“ ist hierbei entscheidend. In der Moderne spielt die Romantik in dieser Frage eine dermaßen große Rolle, dass eine nüchterne Betrachtung selbst fast zu einem Sakrileg geworden ist.

„Wenn man es nüchtern betrachtet, beruht die Liebesheirat in der Tat auf einem tiefen Widerspruch. Logische Widersprüche einer Institution führen zum häufigen praktischen Scheitern. Viele Probleme, die sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend deutlicher abzeichneten – wie hohe Scheidungsraten, die wachsende Zahl von Allein­erziehenden und nicht realisierte Kinder­wünsche – sind unter anderem darauf zurückzuführen, dass zwei unterschiedliche Prinzipien, nämlich Vertragssicherheit und Emotionalität, in der Liebesheirat miteinander verknüpft wurden.“

„Die Ehe ist im Kern ein Vertrag, der Rechte und Pflichten definiert. Die Liebe ist das vielleicht stärkste und am wenigsten durch die reine Vernunft beeinflussbare Gefühl. Mit der Liebesheirat wird ein rationales Vertragswerk an die stürmischste aller Leiden­schaften gekoppelt. Ein Vertrag, dessen Geltungs­dauer von schwer steuerbaren emotionalen Prozessen abhängt, kann nur eine begrenzte Sicherheit bieten. Das Prinzip „pacta sunt servanda“ – Verträge müssen eingehalten werden – gilt für die moderne Ehe praktisch nicht. Damit ist sie ein Stück weit der zentralen Funktion eines Vertrages beraubt. Der Vertrag wird geschlossen, wenn die Gefühle stark sind. Sind die Gefühle nur noch schwach, kann der Vertrag aufgekündigt werden. In dem Vertrauen auf diese Vertrags­gemeinschaft werden jedoch zentrale ökonomische Entscheidungen getroffen: Investition in die Kinder, Berufs­entscheidungen, der gemeinsame Bau und Erwerb von Immobilien. So kann die Aufkündigung der Vertragsgemeinschaft erhebliche materielle Schäden mit sich bringen. Mit jeder Ehe, die scheitert, geht – auch wenn das wenig romantisch klingt – ein Geschäftsmodell in die Brüche. Viele Scheidungen haben zum persönlichen Ruin der Betroffenen geführt, bis hin zur Obdachlosigkeit.“

„Die Ehe in früheren Zeiten und in vielen Regionen auch heute war genau das: ein Fusionsvertrag zwischen zwei Familien. Sie hatte primär eine ökonomische, politische und soziale Funktion. Vielleicht würden wir zu weit gehen, wenn wir feststellten, das die Gefühle der zukünftigen Eheleute immer völlig unwichtig für das Zustande­kommen waren. Aber insgesamt waren sie allenfalls zweitrangig. In einigen Kulturräumen lernen sich die zukünftigen Eheleute sogar erst am Tag der Hochzeit kennen, was den Einfluss persönlicher Gefühle weitgehend ausschließt. In vielen Regionen der Welt, in denen diese Traditionen ungebrochen gelten, etwa in Afrika und großen Teilen Asiens, sind die Geburtenraten bis heute sehr hoch. Es ist deshalb nicht unbegründet, zwischen beiden Phänomenen einen Zusammenhang herzustellen.“

„Die Liebesheirat beruht auf den wenig reflektierten Idealen, die Dichter, Künstler und Schriftsteller in einer Welt entwickelt haben, welche die Liebesehe so nicht kannte und in der die Liebe ein subversives Ideal war. Das Scheitern dieser Konzeption war geradezu vorprogrammiert.“

„Denn in der Wirklichkeit heiraten nicht Romeo und Julia oder Tristan und Isolde, sondern Frau Müller und Herr Meier. Und selbst Romeo und Julia mussten nicht unter Beweis stellen, dass die Liebe ein gutes Fundament für eine dauerhafte Vertrags­gemeinschaft war. Es ist kein Zufall, dass die meisten der großen Liebes­beziehungen der Weltliteratur ein tragisches Ende finden. So haben sich die Autoren um die Antwort herumdrücken können, was mit der großen Liebe im Alltag passiert. Sie schufen damit die Illusion eines dauernden Elysiums, das ein weniger stabiles Fundament für die Ehe bot als die Familien­interessen, die bis dahin die Eheanbahnung bestimmt hatten.“

Das Gesagte sollte belegen, dass das romantische Liebesideal allein nicht für das Fundament eine Ehegemeinschaft ausreichend ist. Auch ist das Gefühl der Liebe weder schützbar noch garantierbar noch justiziabel.

Wenn die hier vorgetragenen Hypothesen stimmen, dann ergeben sich daraus folgende Annahmen: Sofern sich in einer Gesellschaft die Liebesheirat ausbreitet, steigt längerfristig die Scheidungsrate und die Geburtenraten gehen zurück.

Der Autor meint:

„Zielführend wäre es, aus dem einstigen Kollektiv­vertrag, den die Ehe bis ins 19. Jahrhundert hinein darstellte, einen frei ausgehandelten Individual­vertrag zu machenden Ehevertrag als Abschluss zwischen zwei Privatpersonen, der genau die Rechte und Pflichten regelt und die Bedingungen einer möglichen Auflösung definiert und einklagbar macht. Dagegen steht der Wunsch des Staates, einen Teil des Kollektiv­charakters der Ehe aufrecht­zu­erhalten – ungeachtet der beschriebenen Tatsache, dass dieses Merkmal durch die Entwicklung inzwischen vollkommen ausgehöhlt ist. Dagegen steht auch, dass die Romantisierung der Paarbindung zu einem Tabu geführt hat, die Ehe als eine materielle Angelegenheit zu betrachten, die wie andere zentrale Bereiche des Lebens wie Kredite, Erbschaften, Geschäfts­beziehungen oder der Erwerb von Eigentum eindeutiger juristischer Regelungen zwischen den Vertrags­partnern, also den Eheleuten, bedarf, um Konflikte zu vermeiden und Risiken zu begrenzen.“

Das Problem bei dem Vorschlag ist, dass bei einem Konkubinat, auf dem Ideal der Liebe aufgebaut, nichts einklagbar ist. Die Konsequenz aus dieser Erkenntnis müsste im ersten Schritt sein, dass Ehe und Konkubinat wieder als zwei unterschiedliche Institute des Zusammenlebens von Mann und Frau wahrgenommen werden. Die Menschen hätten dann die freie Wahl: Die Ehe für Vertrags­sicherheit und verbindliche Rechte und Pflichten, die auf der Basis eines Ehevertrages auch einklagbar sind. Das Konkubinat für das Liebesideal als Kernelement der Lebens­gemeinschaft mit Freiheit für beide Seiten, diese Gemeinschaft jederzeit auflösen zu können.

Das wäre zumindest ein Anfang. Es würde zumindest für mehr Klarheit und Ehrlichkeit sorgen. Ein Kernproblem der Familien­zerstörung ist, dass die Pflichten einer Ehe auf das Niveau eines Konkubinats gedrückt wurden und die Rechte der Frauen nach der Aufhebung eines Konkubinats auf das Niveau eines Ehebundes gesetzt wurden. Das wird keinem der beiden Lebens­konzepte gerecht.


[1] Christlich: „Bis der Tod euch scheidet.“„Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“ (Matthäus 19,6; Markus 10,8-9) – „Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr: Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen – wenn sie sich aber trennt, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich wieder mit dem Mann –, und der Mann darf die Frau nicht verstoßen.“ (1. Korinther 7,10-11) – „Denn ich hasse die Scheidung, spricht der Herr, Gott Israels.“ (Maleachi 2:16) – „Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere Frau heiratet, begeht Ehebruch; auch wer eine Frau heiratet, die von ihrem Mann aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.“ (Lukas 16,18; Matthäus 5,31-32)
Islamisch: „Und wenn sie sich zur Ehescheidung entschließen, dann ist Allah allhörend, allwissend.“ (Sure 2, 227) – „Unter den erlaubten Dingen ist die Scheidung Allah am meisten verhasst.“ (Hadith: Abu Dawud)
Säkular: Da die Ehebeziehung auf Dauer angelegt ist – Verwandt­schafts­beziehungen wurden zwischen zwei Familien geknüpft – sollte die Scheidung die Ausnahme bleiben.
[2] Gibt es nicht! Was soll das sein?
[3] Karl Albrecht Schachtschneider: „Rechtsproblem Familie“, a) Seite 1, b) Seite 4, c) Seite 2
[4] Gérard Bökenkamp: „Ehepolitische Provokation: Liebe, Heirat und Vertrag. Eine progressive Erklärung steigender Scheidungs- und sinkender Geburtenraten.“, ef-magazin 113, S. 25 HTML-Dokument PDF-Dokument
[5] Joachim Kahl, „Sexualität – Ehe – Familie. Eine Polemik gegen den modischen Irrtum einer Gleichrangigkeit aller Lebensformen.“
[6] Warren Farrell, „Mythos Männermacht“, 1995, ISBN 3-86150-108-2, Seite 108f.
[7] Holger Bertrand Flöttmann: „Steuerrecht des Lebens“, Novum-Verlag 2006, ISBN 3-902514-53-1, S. 192-206
[8] Gerhard Amendt: „Kultur, Kindeswohl und homosexuelle Fortpflanzung“ HTML-Dokument PDF-Dokument, Leviathan: Zeitschrift für Sozial­wissen­schaft, Jahrgang 30 – 2002, Heft 2, S. 161-174; eine gekürzte Fassung erschien am 8. November 2002 in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (Nr. 260, S. 8), „Aggressive Persiflage. Kultur, Kindeswohl und homosexuelle Fortpflanzung“
[9] a b c Philipp Gut: Essay: Der Kult um die Schwulen, Die Welt vom 17. Oktober 2009; Debatte: Homosexualität ist zu einer Art Religion geworden, Die Welt vom 18. Oktober 2009; André F. Lichtschlag: Politisch korrekter Weg in den Totalitarismus: Schwulsein als religiöses Bekenntnis, 6. Juli 2009