„In Deutschland kann jeder aus der Ehe aussteigen, der will; Gründe dafür braucht er nicht.“ (Joachim Wiesner [1])
„Finanziell gesehen gibt es in Deutschland keine Scheidung, nicht einmal eine Trennung, wenn Kinder vorhanden sind.“ (TrennungsFAQ [2])
„Sehen Sie zu, dass Sie die Kinder besitzen. Dann muss Ihr Mann für alles bezahlen.“ (Joachim Wiesner [1])
„Eine Regelung, durch die der Staat ein ehekonformes und ehewilliges Verhalten rechtlich stützen würde, gibt es nicht.“ (Joachim Wiesner [1])
„Im deutschen Sozial- und Rechtsstaat ist das Familienrecht zum Auslöser und das Sozialhilferecht zum Zwischenfinanzierungsinstrument für Ehezerstörungen geworden.“ (Joachim Wiesner [1])
„Das Scheidungsrecht […] belastet die Ehe und auch die Familie mit wirtschaftlichen Risiken, die von der Eheschließung abzuraten nahelegen.“ (Karl Albrecht Schachtschneider [3])
„Frauen betrachten sich als unabhängig, wenn sie sich scheiden lassen, auch wenn sie sich an den Staat als Ersatzehemann halten.“ (Warren Farrell: „Mythos Männermacht“, S. 423)
Viele Männer gehen heute noch unaufgeklärt in die Ehe. Sie sind, was das Familienrecht angeht, recht ahnungslos und naiv. Falls Warnungen sie doch erreichen, werden diese nicht selten souverän beiseite geschoben. Erstens glauben Männer an ihre Liebe und zweitens vertrauen sie der Frau ihres Herzens und überhaupt – bislang sind sie noch mit jedem Problem fertig geworden. Während Frauen unübersehbar viele Möglichkeiten haben, sich über ihre Rechte und Ansprüche zu informieren, erkennen Männer nicht selten erst im Scheidungsprozess, worauf sie sich mit der Heirat eingelassen haben und dann fallen ihnen die Augen aus dem Kopf.
Es verwundert deshalb nicht, dass 60 bis 80 Prozent aller Scheidungen von Frauen eingereicht werden.[4] Und sie sind gut vorbereitet. Wenn bei der Frau eine Trennungsabsicht erkennbar wird, glaubt der Mann zumeist, dass die Ehe noch zu retten ist, während die Frau sich längst bei Frauenberatungsstellen und einer Anwältin eingehend beraten hat und das Scheidungsdrehbuch schon kennt. Den Mann hingegen trifft eine Scheidung meist völlig unvorbereitet.[5] Plötzlich überrollt ihn eine Welle von Klagen und Zahlungsaufforderungen, seine Kinder sind für ihn nicht mehr erreichbar und in einem rechtsfreien Raum, genannt Frauenhaus, seinem Zugriff entzogen. Darüber hinaus ernten sie die Häme der öffentlichen Meinung. Die Schuld für eine Scheidung wird zumeist den Männern zugeschoben, während der scheidungswilligen Frau meist die Opferrolle zugestanden wird.
Wer aktuell in Trennung lebt oder wem eine Scheidung bevorsteht, wird auf der TrennungsFAQ gut beraten. Dort finden sich hilfreiche Informationen und nützliche Tipps, was in Sachen Unterhalt und Sorgerecht zu tun ist.[2] Die Webseite ist wirklich gut, behandelt die wichtigsten Risiken und Fallen im Familienrecht und die Lektüre ist allen heiratswilligen Männern unbedingt vor der Eheschließung zu empfehlen.[6]
2.2.1. Die Illusion: Es gibt keine Scheidung
Wer Heiratsabsichten hat, der denkt für gewöhnlich an Art. 6 Abs. 1 GG und § 1353 Abs. 1 BGB. Wer aber glaubt, dass die Ehe eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft ist und unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht, geht in die Irre. Seit der Familienrechtsreform von 1976 ist die Scheidung der Schlüssel zu allem. Aus den dialektischen Implikationen des Scheidungsrechts ergeben sich alle Folgen für das Sorgerecht und den Unterhalt. Die Ehe wird also (im rechtlichen Sinne) von der Scheidung her verstanden. Der Vorgang an sich ist ja ganz simpel: Ein Ehepartner packt die Koffer und geht. Gründe dafür braucht er keine.
„In Deutschland kann jeder aus der Ehe aussteigen, der will; Gründe braucht er dafür nicht.“ [1]
Diese räumliche Trennung ist aber nur ein Aspekt. Rechtlich betrachtet sieht es ganz anders aus.
„Finanziell gesehen gibt es in Deutschland keine Scheidung, nicht einmal eine Trennung, wenn Kinder vorhanden sind.“ [2]
Tatsächlich erfolgt bei einer Scheidung nur eine Trennung von Tisch und Bett. Besonders für Männer bestehen auch nach dem Ende einer Beziehung Unterhaltspflichten von unbestimmter Dauer und in erheblicher Höhe fort. Dazu kommt ein mehr als unsicherer Status als Vater gegenüber den eigenen Kindern. Rechtlich bleiben die Ehepartner also auf immer verknüpft.
Die öffentliche Darstellung, dass eine Ehe leicht wieder auflösbar sei, ist also irreführend und falsch. In einer Gesellschaft, in der eine Beziehung heute mit einem „wir sind zusammen“ begründet und morgen mit einem „ich habe mich getrennt“ beendet wird, ist dies vielleicht sogar überraschend. Siehe auch: Die Scheidungslüge.
2.2.2. Die Schuldfrage: Ohne Verschulden keine Verantwortung
Die Beseitigung des Schuldfrage durch die Einführung des Zerrüttungsprinzips hat gerade nicht dazu geführt, dass die viel zitierte „schmutzige Wäsche“ nicht gewaschen werde (wobei zu fragen ist, was anderes als streitige Sachen – und damit „schmutzige Wäsche“ – ist eigentlich Gegenstand von Gerichtspraxis, wenn man das Gerichtswesen nicht mit Notariaten verwechseln will), sondern es führt vor allem auch verfahrensrechtlich dazu, dass die Gerichte sich in keiner Weise mehr die Mühe machen, tatsachenrichterlich die Verantwortlichkeit der einzelnen Ehepartner zu klären. Benannte Zeugen werden nicht geladen, Tatbestände werden nicht geklärt: In den Urteilsbegründungen heißt es in immer wieder variierter Weise, darauf käme es nicht an.
Die Verletzung des Verschuldensprinzips ist rechtspolitisch und sozialethisch nicht nur ambivalent, sondern wirkt letztlich auch rechtsstaatszerstörend: Mit dem Wegfall der personenbezogenen Zuordnung von Verschulden ist auch das Prinzip der Verantwortlichkeit im sozialen Handeln entfallen. Gaunerhaftes, an die Schwelle des schweren Vergehens und Verbrechens heranreichendes, Sozialverhalten wird geduldet, im Unterhaltsrecht bleibt es folgenlos und wird darüber hinaus in der Rechtspraxis prämiert.[1]
„Dasjenige Sozialverhalten, das die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft bewirkt, wird extensiv durch das gesamte Familien- und Scheidungsrecht begünstigt und förmlich geregelt. […] Eine Regelung jedoch, durch die der Staat ein ehekonformes und ehewilliges Verhalten rechtlich stützen würde, gibt es nicht.“ [1]
Gérard Bökenkamp bestätigt die Asymmetrie zwischen der Paarbindung und der Auflösung einer Partnerschaft:
„Damit eine Bindung zustandekommt, müssen beide einverstanden sein. Um die Bindung zu beenden, reicht es, wenn einer sie nicht mehr will. Selbst derjenige, der mit aller Entschlossenheit das Ziel verfolgt hat, die Aufforderung ‚bis dass der Tod euch scheidet‘ ernstzunehmen, kann unter diesen Umständen als verlassener Single dastehen.“ [7]
Die Frage ist, wie man in einem Rechtsstaat ohne Verschulden in die Verantwortung (Unterhalt) gezwungen werden kann, während der Verursacher nicht nur von Verantwortung freigesprochen wird, sondern gegebenenfalls auch noch von staatlich garantierten Transferleistungen profitiert.
Vergegenwärtigt man sich, dass die Basis der Gesellschaft sich auf den Familien gründet, dann kann die Bedeutung in seiner ganzen Schwere ermessen werden, wenn Verantwortlichkeit gerade auf Familienebene aufgehoben wird. Hier hat sich die Gesellschaft die Axt an die eigene Wurzel gelegt. Diese besondere Tragweite, über die Befürworter des Zerrüttungsprinzips für gewöhnlich salopp hinweggehen, gestattet es nicht nur, sondern erfordert es sogar, sich mit diesem Thema eingehender zu beschäftigen.
Mit Inkrafttreten der Eherechtsreform am 1. Juli 1977 trat an die Stelle des Schuldprinzips angeblich das Zerrüttungsprinzip. Es sollte keine gegenseitigen Anschuldigungen, keine Zeugen und ein Waschen „schmutziger Wäsche“ mehr geben. Für eine Scheidung sollte nun allein die gemeinschaftliche Erklärung ausreichen, die Ehe sei zerrüttet.[8]
Das Schuldprinzip wurde nicht aufgehoben, vielmehr wird der Mann nun per se – Par Ordre Du Mufti – zum Schuldigen erklärt, der zu zahlen hat – ohne Richter, ohne Verfahren und ohne Anwalt, also ohne rechtsstaatliche Verteidigungsmöglichkeit.
Gerichtsverfahren werden mit der „Reform“ nicht gespart, sondern die Auseinandersetzung wird nur aus dem Scheidungsverfahren in die Sorgerechts- und Unterhaltsverfahren verlagert.
Die Ehe, und damit auch die Familie, wird damit der Beliebigkeit preisgegeben. Die Erosion des Verfalls der Grundlage eines Gemeinwesens wird damit zugunsten eines Zeitgeistes und Egomanie hingenommen.
Die Ehe wurde de facto als „Gemeinschaft auf Lebenszeit“ abgeschafft und durch eine Art Konkubinat ersetzt.
Wurde die Ehe der Eltern vor 1977 geschieden, ging das Kind zum unschuldig geschiedenen Elternteil, denn es galt ja das Verschuldensprinzip. Die Abschaffung des Verschuldensprinzips hätte konsequenterweise dazu führen müssen, das Sorgerecht für das Kind bei beiden Eltern zu belassen. Tatsächlich setzte sich die Überzeugung durch, dass das Kind „zur Mutter“ gehöre. Das sprach sich alsbald herum. Und, weil der, der zuerst kommt, bekanntlich auch zuerst mahlt, nahm der sich vom anderen trennende Elternteil das Kind gleich mit, ganz ohne Unrechtsbewusstsein als eine Form menschlichen Zugewinns aus einer beendeten Lebenspartnerschaft.[8]
Im Grundsatz besteht zwar eine gegenseitige Unterhaltspflicht beider Ehepartner und „ohne Verschulden“ sollte nach einer Scheidung auch „keine Verantwortung“ in Form von Unterhaltszahlungen folgen. Tatsächlich verhält es sich aber anders, denn wenn ein Eheteil „bedürftig“ – weil wirtschaftlich nicht leistungsfähig – ist, der andere Teil jedoch „leistungsfähig“ ist, so hat der schwächere Partner einen aus der ehelichen Solidarität abgeleiteten Rechtsanspruch.
§ 1570 BGB regelt diesen Sachverhalt folgendermaßen:
„Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.“ [9]
Aus der Überzeugung, dass das Kind „zur Mutter“ gehöre, wurde das alleinige Sorgerecht zu 94 % der Mutter zugesprochen. Weil die Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nun sofort die Unterhaltsberechtigung mit sich bringt, ist es schon rein aus ökonomischen Gründen wichtig, das Kind in seinen Besitz zu bringen. Aus diesem Grund geben Rechtsanwälte scheidungswilligen Müttern den Rat:
„Sehen Sie zu, dass Sie die Kinder besitzen. Dann muss Ihr Mann für alles bezahlen.“
Seit 1977 regelt das Ehescheidungsrecht nicht etwa nur den streitigen Sonderfall einer zu Tode erkrankten Ehe als einer ultima ratio, sondern es löst seinerseits erst Verhaltensweisen aus, die bei einem der beiden Ehepartner das Ziel der zwischenzeitlichen oder endgültigen Familien- und Ehezerstörung haben. Eine Ingangsetzung der vorsätzlichen Ehezerstörung führt – wegen des gesetzesimmanenten Automatismus – immer zum „Erfolge“.
Eine ehemüde und scheidungswillige Ehefrau kann also risikolos aus einer Ehe aussteigen, darf sich darauf verlassen, dass ihr das Kind bzw. die Kinder zugesprochen werden und sie sich so die Unterhaltsberechtigung sichert. Der Mann verliert dabei doppelt, er verliert die Kinder und muss seiner Exfrau Unterhalt zahlen. Rechtlich befindet sich der Mann letztlich in der gleichen Lage wie nach dem alten Scheidungsrecht schuldig geschieden zu sein. Deshalb wurde 1977 mit der Eherechtsreform nicht etwa das Schuldprinzip abgeschafft, sondern nur die Schuldfrage. Diese Frage wurde mit dem stärker werdenden Feminismus ja generell beantwortet: „Der Mann ist schuld, die Frau ist das Opfer!“ Nichts lag also näher, als das Eherecht in dieser Form zu ändern, wo der Mann sich in der Position des Schuldigen wiederfindet.
Der Mann hat keine Chance, sich aus den Verstrickungen zu befreien, der gesetzesimmanente Automatismus sieht für ihn nur die Rolle des Unterhaltspflichtigen, des Zahlesels, vor.
Das Verschuldensprinzip in einer so gesellschaftstragenden Institution wie die Familie abzuschaffen ist unverantwortlich und widerspricht den gängigen Normen in anderen Bereichen der Gesellschaft. Man stelle sich vor, das Verschuldensprinzip würde bei Verkehrsunfällen und Umweltverschmutzungen abgeschafft. Im Familienrecht jedoch wird das Recht in seiner sittlichen Dimension, zugleich aber auch in seinen von der Mehrheit dieser Rechtsgesellschaft konsentierten Prinzipien in diesem Staate von Staats wegen (!) seit 1977 vorsätzlich und kontinuierlich pervertiert. Der Staat der Bundesrepublik hat seine sittliche Qualität im Familienraume verleugnet und verloren. Er hat damit zugleich seinen ethisch begründeten Legitimitätsanspruch selbst verwirkt.[1]
Wenn beabsichtigt war, mit der Eherechtsreform die gerichtlichen Auseinandersetzungen bei einer Scheidung zu reduzieren, dann hat die Entwicklung der Rechtsprechung bzgl. Sorgerecht und Unterhalt in den letzten 30 Jahren dies in der Praxis längst widerlegt.
Im Klartext wurde nicht das Eherecht „reformiert“, sondern die Ehe als „Gemeinschaft auf Lebenszeit“ de facto abgeschafft und (unter gleichem Namen) ein Konkubinat eingeführt. Das verstößt gegen den im Grundgesetz Artikel 6 verankerten Schutz der Ehe und folglich hätte das Gesetz vom Verfassungsgericht gestoppt werden müssen. Das ist nicht geschehen und deshalb ist seit 1977 der vom Grundgesetz geforderte Schutz von Ehe und Familie faktisch abgeschafft, Artikel 6 GG zu einer inhaltsleeren Hülle verkommen, die keinerlei rechtliche Konsequenz mehr entfaltet.
2.2.3. Der Unterhalt: Keine Wiedergutmachung ohne Schuldigen
Es wird immer wieder irreführend behauptet, im Scheidungsverfahren wäre das Schuldprinzip abgeschafft und Gerichte würden dadurch entlastet.
In einem Rechtsstaat gibt es aber ohne Schuldige keine Wiedergutmachung, wie es auch ohne Gesetz keine Strafe geben kann. Der Ehegattinnenunterhalt wurde immer als Entschädigung für die altgewordene treue Ehefrau legitimiert, die nach 30jähriger Ehe von ihrem Gatten sitzengelassen wurde, der sich nun mit einer jüngeren Frau auf Mallorca amüsiert. Man war sich einig, dass man altgediente Gattinnen nicht einfach sich selbst überlassen darf, die notfalls putzen gehen müssten, um für sich selbst zu sorgen, nachdem sie sich jahrelang für die Familie „aufgeopfert“ haben.
Der Gesetzgeber machte es also zu seiner Aufgabe, die Finanzen der Frau von Gesetzes wegen zu ordnen: Wenn sie Kinder erzieht, zu alt oder zu krank ist, um zu arbeiten, wenn sie „in Erwartung der Ehe“ eine eigene Ausbildung abgebrochen oder gar nicht erst angefangen hat, muss der Mann zahlen.[10]
„Da der Schuldige bereits feststeht – der Mann – muss die Schuldfrage nicht mehr individuell geklärt werden.“
2.2.4. Die Reform: Familie nach bolschewistischem Vorbild
Das 1. EheRG von 1976, das von seinen Machern als „Jahrhundertwerk“ gepriesen wurde, erweist sich als Plagiat des bolschewistischen Scheidungsrechts nach der russischen Revolution von 1917. Auch die Auswirkungen sind vergleichbar.[11] Nach den Marxisten galt es, die Familie „praktisch und theoretisch zu vernichten“.[12] Bewusst oder unbewusst gelang es, mit dem Ehereformgesetz diese Zielsetzung rechtsförmig zu organisieren.
Zu dem Gesetz schrieb Professor Dr. jur. Detlef Liebs:
„Die Liberalen brachten das Weglauf-Prinzip ins neue Scheidungsrecht ein, das freilich ursprünglich auch keinen Geschiedenenunterhalt vorsah. Die Sozialdemokraten fügten das nacheheliche Versorgungs-Prinzip hinzu, allerdings in maßvoller Höhe. Und die christlichen Demokraten mit ihrer Sperrmehrheit im Bundesrat pfropften darauf das Mutti-Prinzip, das besagt: Wer den Trauschein geschafft hat, darf sich für sein weiteres Leben aufs Sofa legen, und zwar ein Sofa nach den Verhältnissen des oder auch der Angetrauten. … Hoch und niedrig ist ihnen [den Scheidungsrichtern] ausgeliefert. Nie waren ihrem Ermessen so weitreichende Entscheidungen anvertraut; nie auch dauerte eine Scheidung, zermürbend vor allem für den, der eine Ehe ernst nahm, so endlos lang, konnte sie einseitig so unabsehbar in die Länge gezogen werden. Vaterschaftsprozesse und höchst ungerechte Kindesunterhaltsansprüche sind die Folge. Das Schlimmste an der geltenden Regelung ist aber, dass sie dazu verführt, die nächste Generation dem besseren Heuchler zu überantworten. Großzügig belohnt wird, wer am gewissenlosesten Kindeswohl vormachen kann; wer sich nicht scheut, Kinder gegen den anderen Elternteil aufzuhetzen. Oder brauchen Kinder vor allem selbstsüchtige Erzieher?“
Diese Darstellung von Detlef Liebs offenbart alle Merkmale von Desinformation der „politischen Klasse“. Alle drei Parteien konnten ihrer Klientel das „Reformwerk“ als Erfolg verkaufen, obgleich sie mit diesem Machtwerk nichts Geringeres als die Abkehr vom Rechtsstaat und die Rückkehr zum Faustrecht geschaffen hatten. Diese reduktionistische Sicht von Realität wird durch die Alimentation ermöglicht, die sanktionslose Wahrnehmungsverzerrung aus politischen Absichten duldet. Die Wirkungen dieser Desinformation – mehr als 150 Milliarden Euro künstlich erzeugte Soziallasten jährlich – bleiben dabei entweder a priori unberücksichtigt oder sind Bestandteil einer absichtsvoll systemverändernden Strategie. Auch zeigt sich hier, wozu beamtetes Denken und dessen Umsetzung durch staatliche Bürokratie imstande ist. Die Desinformationsstrategie der „politischen Klasse“ lässt sich bis in die sprachliche Formulierung erkennen, wie Prof. Dr. Horst Albert Glaser unter der Überschrift „Erschleichung von Folgerungen aus logisch falschen Begriffen“ aufzeigte:
„Die Ehescheidungsreform ist […] eine jener epochalen Taten, auf die sich Sozialdemokraten und Freidemokraten noch heute einiges zugute halten. Der ‚Ehegatte nach der Scheidung‘, wie er in Paragraph 1569 des Bürgerlichen Gesetzbuches auftaucht, ist nicht viel mehr als eine juristische Kunstfigur, die es in Wirklichkeit nicht gibt. In Wirklichkeit kann der ‚Ehegatte nach der Scheidung‘ bereits wieder verheirateter Ehegatte sein – verheiratet freilich mit einem anderen Ehegatten als demjenigen, für den er Ehegattenunterhalt zahlen muss. Eine ähnliche Kunstfigur stellt der Begriff der ‚Folgelast gescheiterter Ehen‘ dar, von der Familienrichterinnen gern sprechen. Die Bedürftigkeit, in die geschiedene Frauen und Männer geraten können, ist nicht eo ipso eine Folgelast ihrer gescheiterten Ehe. Haben sie die Ehe aus freien Stücken (etwa zum Zwecke der Selbstverwirklichung) verlassen, so ist ihre Bedürftigkeit auf die eigene Tat, aber nicht auf die Ehe zurückzuführen. An dieser Stelle – wie es getan wurde und wird – von Folgelasten oder gar von Solidarität der ‚Ehegatten‘ zu sprechen, ergibt Nonsens. Wer die Solidargemeinschaft der Ehegatten zerstört, kann sie nicht nachher für sein Schicksal verantwortlich machen. Es gibt sie nicht mehr, so wenig wie den ‚Ehegatten nach der Scheidung‘. Allfällige Unterhaltsklagen wären demgemäß als ‚unzustellbar‘ zu behandeln.“ [13]
„Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Sie kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist.“ Mit diesen dürren Sätzen besiegelte der Gesetzgeber vor über 30 Jahren eine der umstrittensten Reformen des Familienrechts. Eine Ehe gilt als gescheitert, wenn sie zerrüttet ist. Der Begriff „Zerrüttung der Ehe“ suggeriert allerdings, dass am Scheitern einer Ehe (immer) beide Ehepartner schuld seien, weshalb auf eine gegenseitige Aufrechnung (Waschen schmutziger Wäsche) verzichtet werden könne. So wird sehr wirksam verschleiert, dass in geschlechtsdiskriminierender Weise alleine dem Mann die Schuld angelastet und so in die Rolle des Zahlers gezwungen wird. Das widerspricht rechtsstaatlichen Prinzipien und ist deshalb verfassungswidrig.
Daran ändert auch nichts, dass es 1977 politisch gewollt war, allein Männern die Schuld am Ehezerbruch zuzuschreiben. Ohnehin ist es heutzutage sehr en vogue, Männern die Schuld an allem zu geben. Besonders der Feminismus schlägt mit vevre in diese Kerbe und fordert neben Gewaltschutzgesetz immer weitere Frauenquoten und -förderungen. Obwohl die treue, nach 30 Ehejahren unschuldig verlassene Gattin weniger die Regel ist als die Tatsache, dass 2/3 der Scheidungen von Frauen betrieben werden, bleibt die Rechtswirklichkeit im Familienrecht so: Hat die Frau es geschafft, während der Ehe nicht gearbeitet zu haben, braucht sie das auch nach der Trennung nicht zu tun.
Die vordergründig geschlechtsneutral verfassten Gesetzestexte können ja nicht über die Rechtswirklichkeit hinwegtäuschen und ihre Intention wurde ja auch in der gesellschaftlichen Debatte exemplarisch am „Muttchen-Artikel“ deutlich.[10] Die wenigen Frauen, die heute Ehegattenunterhalt an ihre Exmänner zahlen, sind nicht nur die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt.
Wenn man davon absieht, dass die Unterhaltsgesetze eine Lebensstandardgarantie für Frauen sind, und davon, dass die Kinder zu 94 % der Mutter zugesprochen werden, die sich dadurch einen Barunterhaltsanspruch erwirbt, dann wird der Berufstätige (= wirtschaftlich Leistungsfähige) zum Zahlsklaven für den nicht berufstätigen Unterhaltsempfänger gemacht. Echte Gleichberechtigung vorausgesetzt, dann könnte der Pfleger auch eine Ärztin heiraten, seinen Job kündigen und sich um die Kinder kümmern, später die Scheidung einreichen, um sich mit einem großzügig bemessenen Unterhaltsanspruch ein unbeschwertes Leben ohne die Frau zu machen.
Das ist eine schlechte Motivation für Frauen, berufstätig zu sein und im Sinne eines Rollentauschs einen Hausmann zu ehelichen. Das Familienrecht in der gegenwärtigen Form macht es für Frauen und für Männer sehr unattraktiv, eine Familie zu gründen und für ihren Unterhalt zu sorgen. Eine Garantie für den Bestand der Ehe gibt es nicht, dafür trägt der Leistungsträger das große Risiko, nach einer Scheidung mit unvorhersehbaren Unterhaltspflichten belastet zu werden. In der heutigen Form bietet das Scheidungsrecht die seltene Möglichkeit, eine lebenslange leistungsunabhängige Rente zu beziehen; nicht für jeden natürlich, aber für die, die schon während der Ehe gut leben konnten. Es sind Männer wie für Frauen gut beraten, keine Familie zu gründen oder einen gut verdienenden Partner zu finden, der dumm genug ist, die damit verbundenen Risiken auf sich zu nehmen. Das kann gesellschaftlich nur schiefgehen. Eine weitere Abnahme von Familiengründungen ist ebenso zu erwarten wie die Zunahme von Einzelpersonenhaushalten. Aus selbstbestimmten Familien werden so staatlich bestimmte Bedarfsgemeinschaften.
Es erweist sich als Milchmädchenrechnung zu glauben, die Gerichte würden entlastet. Tatsächlich wird oft der Versorgungsausgleich abgetrennt, damit die Ehe sofort geschieden werden kann. Der Versorgungsausgleich wird dann später nachgeholt. Die Auseinandersetzungen aus den Scheidungsprozessen in die Unterhalts- und Sorgerechtsprozesse verlagert.
De facto werden also die Gerichte nicht entlastet, sondern es entstehen vielmehr Prozessmarathons, die sich viele Jahre hinziehen können. Davon profitieren vor allem Anwälte.[14] Nicht selten endet eine Scheidungsauseinandersetzung mit einem wirtschaftlichen Totalschaden für beide Seiten.
In den folgenden Kapiteln geht es um den Kampf ums Kind, der unter anderem nur deshalb geführt wird, um Unterhaltsforderungen zu begründen. Julia Onken sagte in einem Interview dem Tagesanzeiger:
„Dass Frauen ihren Machtanspruch in der Familie so ausleben, kommt doch eher aus der alten Kiste der traditionellen Familienfrau, die denkt, dass der Mann für sie verantwortlich ist, sie glücklich machen und sich so verhalten muss, wie sie es sich wünscht. Und bei einer Scheidung muss er dafür sorgen, dass es ihr gut geht. Wenn er das nicht tut, wird er bestraft, indem ihm die Kinder entzogen werden. Die emanzipierte Frau hingegen sagt: Glücklich mache ich mich selbst.“ [15]
[4] Die Angaben schwanken. Der Focus berichtete 1994 sogar einen Anstieg der von Frauen eingereichten Scheidungen auf 85 Prozent. Marika Schaertl, in: Gesellschaft: K.O. durch Scheidung, Focus am 30. September 1994
[6] Erstens sind Männern die unkalkulierbaren Risiken offenzulegen und darüber aufzuklären, warum Familiengründung und Kinder in Deutschland für Männer derzeit keine gute Idee sind. Zweitens sind Frauen darüber aufzuklären, warum sie keinen Mann für ihren Kinderwunsch finden und Männer zu einer Familiengründung bereit sind.
[7]Gérard Bökenkamp: „Ehepolitische Provokation: Liebe, Heirat und Vertrag. Eine progressive Erklärung steigender Scheidungs- und sinkender Geburtenraten.“, ef-magazin 113, S. 25
[8]abWolfgang Klenner: „Essay über die Wandlung des Kindes im Familienrechtsverfahren vom Rechtsobjekt als Verfügungsmasse zum Rechtssubjekt“
[10]ab „Unfair zu Muttchen“ titelte Sebastian Haffner 1976 einen Kommentar zum ersten damals gerade publizierten Gesetzentwurf. Er gilt als Meilenstein für die Unterhaltsgesetzgebung in Deutschland.
[11] vgl. dazu Valentin Gittermann: Die russische Revolution; in: Golo Mann und Alfred Heuss: Propyläen Weltgeschichte, 1976
[14] Das Buch „Protokoll einer Scheidung und die Verlierer“ dokumentiert in allen Einzelheiten, wie RechtsanwältInnen einen Scheidungsprozess in die Länge ziehen und kräftig daran verdienen. Erschienen im Selbstverlag 2007, ISBN 3-00-019353-7
2.2. Die Scheidung
Viele Männer gehen heute noch unaufgeklärt in die Ehe. Sie sind, was das Familienrecht angeht, recht ahnungslos und naiv. Falls Warnungen sie doch erreichen, werden diese nicht selten souverän beiseite geschoben. Erstens glauben Männer an ihre Liebe und zweitens vertrauen sie der Frau ihres Herzens und überhaupt – bislang sind sie noch mit jedem Problem fertig geworden. Während Frauen unübersehbar viele Möglichkeiten haben, sich über ihre Rechte und Ansprüche zu informieren, erkennen Männer nicht selten erst im Scheidungsprozess, worauf sie sich mit der Heirat eingelassen haben und dann fallen ihnen die Augen aus dem Kopf.
Es verwundert deshalb nicht, dass 60 bis 80 Prozent aller Scheidungen von Frauen eingereicht werden.[4] Und sie sind gut vorbereitet. Wenn bei der Frau eine Trennungsabsicht erkennbar wird, glaubt der Mann zumeist, dass die Ehe noch zu retten ist, während die Frau sich längst bei Frauenberatungsstellen und einer Anwältin eingehend beraten hat und das Scheidungsdrehbuch schon kennt. Den Mann hingegen trifft eine Scheidung meist völlig unvorbereitet.[5] Plötzlich überrollt ihn eine Welle von Klagen und Zahlungsaufforderungen, seine Kinder sind für ihn nicht mehr erreichbar und in einem rechtsfreien Raum, genannt Frauenhaus, seinem Zugriff entzogen. Darüber hinaus ernten sie die Häme der öffentlichen Meinung. Die Schuld für eine Scheidung wird zumeist den Männern zugeschoben, während der scheidungswilligen Frau meist die Opferrolle zugestanden wird.
Wer aktuell in Trennung lebt oder wem eine Scheidung bevorsteht, wird auf der TrennungsFAQ gut beraten. Dort finden sich hilfreiche Informationen und nützliche Tipps, was in Sachen Unterhalt und Sorgerecht zu tun ist.[2] Die Webseite ist wirklich gut, behandelt die wichtigsten Risiken und Fallen im Familienrecht und die Lektüre ist allen heiratswilligen Männern unbedingt vor der Eheschließung zu empfehlen.[6]
2.2.1. Die Illusion: Es gibt keine Scheidung
Wer Heiratsabsichten hat, der denkt für gewöhnlich an Art. 6 Abs. 1 GG und § 1353 Abs. 1 BGB. Wer aber glaubt, dass die Ehe eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft ist und unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht, geht in die Irre. Seit der Familienrechtsreform von 1976 ist die Scheidung der Schlüssel zu allem. Aus den dialektischen Implikationen des Scheidungsrechts ergeben sich alle Folgen für das Sorgerecht und den Unterhalt. Die Ehe wird also (im rechtlichen Sinne) von der Scheidung her verstanden. Der Vorgang an sich ist ja ganz simpel: Ein Ehepartner packt die Koffer und geht. Gründe dafür braucht er keine.
Diese räumliche Trennung ist aber nur ein Aspekt. Rechtlich betrachtet sieht es ganz anders aus.
Tatsächlich erfolgt bei einer Scheidung nur eine Trennung von Tisch und Bett. Besonders für Männer bestehen auch nach dem Ende einer Beziehung Unterhaltspflichten von unbestimmter Dauer und in erheblicher Höhe fort. Dazu kommt ein mehr als unsicherer Status als Vater gegenüber den eigenen Kindern. Rechtlich bleiben die Ehepartner also auf immer verknüpft.
Die öffentliche Darstellung, dass eine Ehe leicht wieder auflösbar sei, ist also irreführend und falsch. In einer Gesellschaft, in der eine Beziehung heute mit einem „wir sind zusammen“ begründet und morgen mit einem „ich habe mich getrennt“ beendet wird, ist dies vielleicht sogar überraschend. Siehe auch: Die Scheidungslüge.
2.2.2. Die Schuldfrage: Ohne Verschulden keine Verantwortung
Die Beseitigung des Schuldfrage durch die Einführung des Zerrüttungsprinzips hat gerade nicht dazu geführt, dass die viel zitierte „schmutzige Wäsche“ nicht gewaschen werde (wobei zu fragen ist, was anderes als streitige Sachen – und damit „schmutzige Wäsche“ – ist eigentlich Gegenstand von Gerichtspraxis, wenn man das Gerichtswesen nicht mit Notariaten verwechseln will), sondern es führt vor allem auch verfahrensrechtlich dazu, dass die Gerichte sich in keiner Weise mehr die Mühe machen, tatsachenrichterlich die Verantwortlichkeit der einzelnen Ehepartner zu klären. Benannte Zeugen werden nicht geladen, Tatbestände werden nicht geklärt: In den Urteilsbegründungen heißt es in immer wieder variierter Weise, darauf käme es nicht an.
Die Verletzung des Verschuldensprinzips ist rechtspolitisch und sozialethisch nicht nur ambivalent, sondern wirkt letztlich auch rechtsstaatszerstörend: Mit dem Wegfall der personenbezogenen Zuordnung von Verschulden ist auch das Prinzip der Verantwortlichkeit im sozialen Handeln entfallen. Gaunerhaftes, an die Schwelle des schweren Vergehens und Verbrechens heranreichendes, Sozialverhalten wird geduldet, im Unterhaltsrecht bleibt es folgenlos und wird darüber hinaus in der Rechtspraxis prämiert.[1]
Gérard Bökenkamp bestätigt die Asymmetrie zwischen der Paarbindung und der Auflösung einer Partnerschaft:
Die Frage ist, wie man in einem Rechtsstaat ohne Verschulden in die Verantwortung (Unterhalt) gezwungen werden kann, während der Verursacher nicht nur von Verantwortung freigesprochen wird, sondern gegebenenfalls auch noch von staatlich garantierten Transferleistungen profitiert.
Vergegenwärtigt man sich, dass die Basis der Gesellschaft sich auf den Familien gründet, dann kann die Bedeutung in seiner ganzen Schwere ermessen werden, wenn Verantwortlichkeit gerade auf Familienebene aufgehoben wird. Hier hat sich die Gesellschaft die Axt an die eigene Wurzel gelegt. Diese besondere Tragweite, über die Befürworter des Zerrüttungsprinzips für gewöhnlich salopp hinweggehen, gestattet es nicht nur, sondern erfordert es sogar, sich mit diesem Thema eingehender zu beschäftigen.
Mit Inkrafttreten der Eherechtsreform am 1. Juli 1977 trat an die Stelle des Schuldprinzips angeblich das Zerrüttungsprinzip. Es sollte keine gegenseitigen Anschuldigungen, keine Zeugen und ein Waschen „schmutziger Wäsche“ mehr geben. Für eine Scheidung sollte nun allein die gemeinschaftliche Erklärung ausreichen, die Ehe sei zerrüttet.[8]
Wurde die Ehe der Eltern vor 1977 geschieden, ging das Kind zum unschuldig geschiedenen Elternteil, denn es galt ja das Verschuldensprinzip. Die Abschaffung des Verschuldensprinzips hätte konsequenterweise dazu führen müssen, das Sorgerecht für das Kind bei beiden Eltern zu belassen. Tatsächlich setzte sich die Überzeugung durch, dass das Kind „zur Mutter“ gehöre. Das sprach sich alsbald herum. Und, weil der, der zuerst kommt, bekanntlich auch zuerst mahlt, nahm der sich vom anderen trennende Elternteil das Kind gleich mit, ganz ohne Unrechtsbewusstsein als eine Form menschlichen Zugewinns aus einer beendeten Lebenspartnerschaft.[8]
Im Grundsatz besteht zwar eine gegenseitige Unterhaltspflicht beider Ehepartner und „ohne Verschulden“ sollte nach einer Scheidung auch „keine Verantwortung“ in Form von Unterhaltszahlungen folgen. Tatsächlich verhält es sich aber anders, denn wenn ein Eheteil „bedürftig“ – weil wirtschaftlich nicht leistungsfähig – ist, der andere Teil jedoch „leistungsfähig“ ist, so hat der schwächere Partner einen aus der ehelichen Solidarität abgeleiteten Rechtsanspruch.
§ 1570 BGB regelt diesen Sachverhalt folgendermaßen:
Aus der Überzeugung, dass das Kind „zur Mutter“ gehöre, wurde das alleinige Sorgerecht zu 94 % der Mutter zugesprochen. Weil die Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nun sofort die Unterhaltsberechtigung mit sich bringt, ist es schon rein aus ökonomischen Gründen wichtig, das Kind in seinen Besitz zu bringen. Aus diesem Grund geben Rechtsanwälte scheidungswilligen Müttern den Rat:
Seit 1977 regelt das Ehescheidungsrecht nicht etwa nur den streitigen Sonderfall einer zu Tode erkrankten Ehe als einer ultima ratio, sondern es löst seinerseits erst Verhaltensweisen aus, die bei einem der beiden Ehepartner das Ziel der zwischenzeitlichen oder endgültigen Familien- und Ehezerstörung haben. Eine Ingangsetzung der vorsätzlichen Ehezerstörung führt – wegen des gesetzesimmanenten Automatismus – immer zum „Erfolge“.
Eine ehemüde und scheidungswillige Ehefrau kann also risikolos aus einer Ehe aussteigen, darf sich darauf verlassen, dass ihr das Kind bzw. die Kinder zugesprochen werden und sie sich so die Unterhaltsberechtigung sichert. Der Mann verliert dabei doppelt, er verliert die Kinder und muss seiner Exfrau Unterhalt zahlen. Rechtlich befindet sich der Mann letztlich in der gleichen Lage wie nach dem alten Scheidungsrecht schuldig geschieden zu sein. Deshalb wurde 1977 mit der Eherechtsreform nicht etwa das Schuldprinzip abgeschafft, sondern nur die Schuldfrage. Diese Frage wurde mit dem stärker werdenden Feminismus ja generell beantwortet: „Der Mann ist schuld, die Frau ist das Opfer!“ Nichts lag also näher, als das Eherecht in dieser Form zu ändern, wo der Mann sich in der Position des Schuldigen wiederfindet.
Der Mann hat keine Chance, sich aus den Verstrickungen zu befreien, der gesetzesimmanente Automatismus sieht für ihn nur die Rolle des Unterhaltspflichtigen, des Zahlesels, vor.
Das Verschuldensprinzip in einer so gesellschaftstragenden Institution wie die Familie abzuschaffen ist unverantwortlich und widerspricht den gängigen Normen in anderen Bereichen der Gesellschaft. Man stelle sich vor, das Verschuldensprinzip würde bei Verkehrsunfällen und Umweltverschmutzungen abgeschafft. Im Familienrecht jedoch wird das Recht in seiner sittlichen Dimension, zugleich aber auch in seinen von der Mehrheit dieser Rechtsgesellschaft konsentierten Prinzipien in diesem Staate von Staats wegen (!) seit 1977 vorsätzlich und kontinuierlich pervertiert. Der Staat der Bundesrepublik hat seine sittliche Qualität im Familienraume verleugnet und verloren. Er hat damit zugleich seinen ethisch begründeten Legitimitätsanspruch selbst verwirkt.[1]
Wenn beabsichtigt war, mit der Eherechtsreform die gerichtlichen Auseinandersetzungen bei einer Scheidung zu reduzieren, dann hat die Entwicklung der Rechtsprechung bzgl. Sorgerecht und Unterhalt in den letzten 30 Jahren dies in der Praxis längst widerlegt.
Im Klartext wurde nicht das Eherecht „reformiert“, sondern die Ehe als „Gemeinschaft auf Lebenszeit“ de facto abgeschafft und (unter gleichem Namen) ein Konkubinat eingeführt. Das verstößt gegen den im Grundgesetz Artikel 6 verankerten Schutz der Ehe und folglich hätte das Gesetz vom Verfassungsgericht gestoppt werden müssen. Das ist nicht geschehen und deshalb ist seit 1977 der vom Grundgesetz geforderte Schutz von Ehe und Familie faktisch abgeschafft, Artikel 6 GG zu einer inhaltsleeren Hülle verkommen, die keinerlei rechtliche Konsequenz mehr entfaltet.
2.2.3. Der Unterhalt: Keine Wiedergutmachung ohne Schuldigen
Es wird immer wieder irreführend behauptet, im Scheidungsverfahren wäre das Schuldprinzip abgeschafft und Gerichte würden dadurch entlastet.
In einem Rechtsstaat gibt es aber ohne Schuldige keine Wiedergutmachung, wie es auch ohne Gesetz keine Strafe geben kann. Der Ehegattinnenunterhalt wurde immer als Entschädigung für die altgewordene treue Ehefrau legitimiert, die nach 30jähriger Ehe von ihrem Gatten sitzengelassen wurde, der sich nun mit einer jüngeren Frau auf Mallorca amüsiert. Man war sich einig, dass man altgediente Gattinnen nicht einfach sich selbst überlassen darf, die notfalls putzen gehen müssten, um für sich selbst zu sorgen, nachdem sie sich jahrelang für die Familie „aufgeopfert“ haben.
Der Gesetzgeber machte es also zu seiner Aufgabe, die Finanzen der Frau von Gesetzes wegen zu ordnen: Wenn sie Kinder erzieht, zu alt oder zu krank ist, um zu arbeiten, wenn sie „in Erwartung der Ehe“ eine eigene Ausbildung abgebrochen oder gar nicht erst angefangen hat, muss der Mann zahlen.[10]
2.2.4. Die Reform: Familie nach bolschewistischem Vorbild
Das 1. EheRG von 1976, das von seinen Machern als „Jahrhundertwerk“ gepriesen wurde, erweist sich als Plagiat des bolschewistischen Scheidungsrechts nach der russischen Revolution von 1917. Auch die Auswirkungen sind vergleichbar.[11] Nach den Marxisten galt es, die Familie „praktisch und theoretisch zu vernichten“.[12] Bewusst oder unbewusst gelang es, mit dem Ehereformgesetz diese Zielsetzung rechtsförmig zu organisieren.
Zu dem Gesetz schrieb Professor Dr. jur. Detlef Liebs:
Diese Darstellung von Detlef Liebs offenbart alle Merkmale von Desinformation der „politischen Klasse“. Alle drei Parteien konnten ihrer Klientel das „Reformwerk“ als Erfolg verkaufen, obgleich sie mit diesem Machtwerk nichts Geringeres als die Abkehr vom Rechtsstaat und die Rückkehr zum Faustrecht geschaffen hatten. Diese reduktionistische Sicht von Realität wird durch die Alimentation ermöglicht, die sanktionslose Wahrnehmungsverzerrung aus politischen Absichten duldet. Die Wirkungen dieser Desinformation – mehr als 150 Milliarden Euro künstlich erzeugte Soziallasten jährlich – bleiben dabei entweder a priori unberücksichtigt oder sind Bestandteil einer absichtsvoll systemverändernden Strategie. Auch zeigt sich hier, wozu beamtetes Denken und dessen Umsetzung durch staatliche Bürokratie imstande ist. Die Desinformationsstrategie der „politischen Klasse“ lässt sich bis in die sprachliche Formulierung erkennen, wie Prof. Dr. Horst Albert Glaser unter der Überschrift „Erschleichung von Folgerungen aus logisch falschen Begriffen“ aufzeigte:
„Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Sie kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist.“ Mit diesen dürren Sätzen besiegelte der Gesetzgeber vor über 30 Jahren eine der umstrittensten Reformen des Familienrechts. Eine Ehe gilt als gescheitert, wenn sie zerrüttet ist. Der Begriff „Zerrüttung der Ehe“ suggeriert allerdings, dass am Scheitern einer Ehe (immer) beide Ehepartner schuld seien, weshalb auf eine gegenseitige Aufrechnung (Waschen schmutziger Wäsche) verzichtet werden könne. So wird sehr wirksam verschleiert, dass in geschlechtsdiskriminierender Weise alleine dem Mann die Schuld angelastet und so in die Rolle des Zahlers gezwungen wird. Das widerspricht rechtsstaatlichen Prinzipien und ist deshalb verfassungswidrig.
Daran ändert auch nichts, dass es 1977 politisch gewollt war, allein Männern die Schuld am Ehezerbruch zuzuschreiben. Ohnehin ist es heutzutage sehr en vogue, Männern die Schuld an allem zu geben. Besonders der Feminismus schlägt mit vevre in diese Kerbe und fordert neben Gewaltschutzgesetz immer weitere Frauenquoten und -förderungen. Obwohl die treue, nach 30 Ehejahren unschuldig verlassene Gattin weniger die Regel ist als die Tatsache, dass 2/3 der Scheidungen von Frauen betrieben werden, bleibt die Rechtswirklichkeit im Familienrecht so: Hat die Frau es geschafft, während der Ehe nicht gearbeitet zu haben, braucht sie das auch nach der Trennung nicht zu tun.
Die vordergründig geschlechtsneutral verfassten Gesetzestexte können ja nicht über die Rechtswirklichkeit hinwegtäuschen und ihre Intention wurde ja auch in der gesellschaftlichen Debatte exemplarisch am „Muttchen-Artikel“ deutlich.[10] Die wenigen Frauen, die heute Ehegattenunterhalt an ihre Exmänner zahlen, sind nicht nur die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt.
Wenn man davon absieht, dass die Unterhaltsgesetze eine Lebensstandardgarantie für Frauen sind, und davon, dass die Kinder zu 94 % der Mutter zugesprochen werden, die sich dadurch einen Barunterhaltsanspruch erwirbt, dann wird der Berufstätige (= wirtschaftlich Leistungsfähige) zum Zahlsklaven für den nicht berufstätigen Unterhaltsempfänger gemacht. Echte Gleichberechtigung vorausgesetzt, dann könnte der Pfleger auch eine Ärztin heiraten, seinen Job kündigen und sich um die Kinder kümmern, später die Scheidung einreichen, um sich mit einem großzügig bemessenen Unterhaltsanspruch ein unbeschwertes Leben ohne die Frau zu machen.
Das ist eine schlechte Motivation für Frauen, berufstätig zu sein und im Sinne eines Rollentauschs einen Hausmann zu ehelichen. Das Familienrecht in der gegenwärtigen Form macht es für Frauen und für Männer sehr unattraktiv, eine Familie zu gründen und für ihren Unterhalt zu sorgen. Eine Garantie für den Bestand der Ehe gibt es nicht, dafür trägt der Leistungsträger das große Risiko, nach einer Scheidung mit unvorhersehbaren Unterhaltspflichten belastet zu werden. In der heutigen Form bietet das Scheidungsrecht die seltene Möglichkeit, eine lebenslange leistungsunabhängige Rente zu beziehen; nicht für jeden natürlich, aber für die, die schon während der Ehe gut leben konnten. Es sind Männer wie für Frauen gut beraten, keine Familie zu gründen oder einen gut verdienenden Partner zu finden, der dumm genug ist, die damit verbundenen Risiken auf sich zu nehmen. Das kann gesellschaftlich nur schiefgehen. Eine weitere Abnahme von Familiengründungen ist ebenso zu erwarten wie die Zunahme von Einzelpersonenhaushalten. Aus selbstbestimmten Familien werden so staatlich bestimmte Bedarfsgemeinschaften.
Es erweist sich als Milchmädchenrechnung zu glauben, die Gerichte würden entlastet. Tatsächlich wird oft der Versorgungsausgleich abgetrennt, damit die Ehe sofort geschieden werden kann. Der Versorgungsausgleich wird dann später nachgeholt. Die Auseinandersetzungen aus den Scheidungsprozessen in die Unterhalts- und Sorgerechtsprozesse verlagert.
De facto werden also die Gerichte nicht entlastet, sondern es entstehen vielmehr Prozessmarathons, die sich viele Jahre hinziehen können. Davon profitieren vor allem Anwälte.[14] Nicht selten endet eine Scheidungsauseinandersetzung mit einem wirtschaftlichen Totalschaden für beide Seiten.
In den folgenden Kapiteln geht es um den Kampf ums Kind, der unter anderem nur deshalb geführt wird, um Unterhaltsforderungen zu begründen. Julia Onken sagte in einem Interview dem Tagesanzeiger: