Informationsstelle
für verheiratete
Männer und Frauen

Die Familie und ihre Zerstörer

Was schief läuft und was anders werden muss – Eine überfällige Debatte

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2.3. Das Sorgerecht

Über die Bedeutung der Scheidung im deutschen Familienrecht hat außerhalb der roben­tragenden Berufe kaum jemand eine Kenntnis. Bevor die bedeutsamsten Miss­verständnisse zum Thema Scheidung erklärt werden, zur Einführung ein paar bedeutsame Merksätze:

„Durch die Eherechts­reform von 1977 ist das Kind als Verfügungs­masse wie Hausrat und Zugewinn zum rechtlosen Objekt des Familien­rechts­verfahrens gemacht worden.“ (Wolfgang Klenner [1])

Hier geht es zunächst um die Sicherung des Sorgerechts, um damit Unter­halts­ansprüche zu begründen. Für weitere Details zum Sorgerecht im Familien­recht siehe Teil 2.


„Sehen Sie zu, dass Sie die Kinder besitzen. Dann muss Ihr Mann für alles bezahlen.“ [2], diesen rechtlichen Rat gaben nach Aussage Joachim Wiesners Tausende von Rechts­anwältInnen scheidungs­willigen Frauen schon vor 30 Jahren. Die „Inbesitz­nahme des Kindes“ durch die Mutter bewirkt für sie im Folgenden einen Anspruch auf Unterhalt gegen den Vater.

Trotzdem lassen sich viele Männer den einmal hergestellten Unrechts­tat­bestand (die wider­rechtliche Verbringung der Kinder in den Besitz der Mutter) gefallen und belassen die Kinder schließlich der Mutter. Das Familien­gericht spricht dann der Mutter das Sorgerecht ohne weiteres zu.

Die „kaputte“ soziale Welt ist rechtlich wieder heil – so scheint es zumindest. Der Fall ist erledigt, zumindest für das Rechtssystem und aus der bürokratischen Sicht des Jugendamts. Widerstreben jedoch die Väter, so beginnt der – selbst von Publikationen aus dem linken Spektrum des Journalismus als solcher empfundene und bezeichnete – „Kampf ums Kind“.

Der Familienrichter lässt sich zunächst vom Jugendamt das prozessual gebotene Gutachten anfertigen, das eine Empfehlung dazu aussprechen soll, welchem der beiden Eltern­teile die Kinder zugeschlagen werden sollten.

Auf dem Jugendamt sitzen Sozial­arbeiter und Sozial­arbeiterinnen. Hier kann nicht darüber im einzelnen Nachweis geführt werden, in welcher Weise deren Gesellschafts-, Familien- und „Weltbild“ sie in ihrer Sach­bearbeiter-Tätigkeit der Familien­gerichts­hilfe mit beeinflusst oder gar interessenmäßig leitet. Sowohl von den quantitativen Proportionen her als auch aufgrund unserer Kenntnis von den inhaltlichen Orientierungen der Jugendamt-Sozial­arbeiter vertreten wir hier allerdings die These, dass deren familien­bezogene Wert­vor­stellungen nicht selten „problematisch“ im Sinne einer Wertordnung sind, in der die Familie als gesell­schaft­liche Basis­organisation mehr als nur eine ökonomische oder erziehungs­praktische Funktion hat. Dieser unser Befund verleugnet nicht, dass es natürlich unter der großen Zahl von sozial­arbeiterischen Sach­bearbeitern in Jugendämtern auch einen relativ beachtlichen Anteil von verantwortlich (im zuvor skizzierten Sinne) Handelnden gibt. Dennoch ist auf eine weitere einschränkende Tatsache hinzuweisen, die im Fortgang eines solchen streitigen familien­gericht­lichen Verfahrens eine bedeutsame Rolle spielt. Joachim Wiesner ist in seiner beruflichen Praxis eine Vielzahl von geradezu blut­jungen, lebens­un­erfahrenen Sozial­arbeiterinnen und Sozial­arbeitern des Anerkennungsjahres (nach dem Fach­hoch­schul­abschluss) begegnet, die nicht nur im Alter von etwa 22/23 Lebens­jahren, sondern bereits sogar zuvor als Zuarbeiterinnen zu den Sach­bearbeitern während ihrer Praktikanten­zeit – also etwa 19/20jährig – Entscheidungen und Vor­entscheidungen darüber (mit-)gefällt haben, welcher Elternteil für die Erziehung von Kindern eigentlich der personal, moralisch und funktional kompetenteste Erziehende wäre.

Die aus konventionalen und in der Regel unreflektierten Sozial­anschauungen (insbesondere einer gewisser­maßen „modernistischen“ Ausrichtung) gespeiste Entscheidungs­tendenz ist in der quantitativen Struktur eindeutig und zahlenmäßig sogar nach unseren Beobachtungen überwältigend: Fast ausschließlich ist es „die Frau“, die die Kinder erhält. Eine solche die Frauen befürwortende Vorentscheidung (eben das „Gutachten“ des Jugendamtes) berücksichtigt in der Regel – wiederum nach unseren nicht nur punktuellen Beobachtungen – kaum das strafrechtlich relevante und ehe­zerstörerische Verhalten von Ehefrauen/Müttern. Die Aufmerksamkeit der Sozial­arbeiter/-arbeiterinnen auf den Jugendämtern ist vornehmlich den ihnen beruflich vertrauten Defiziten an Tatbeständen (schlechte Wohnungs­verhältnisse, Sucht­gefährdung, schwierige Arbeits­probleme, allgemeine soziale Probleme) gewidmet. Wird eine rechts­brecherische Kindes­entführung zumindest kognitiv als solche zur Kenntnis genommen, so kommt es in der Sicht zu Bewertungen, die diesen Tatbestand für irrelevant ansehen, häufig sogar als eine gleichsam natürliche Inanspruch­nahme von Mutter­rechten auffassen oder gar letztlich rechtfertigen.

Schließlich lädt der Familien­richter die Kinder vor, um deren Willen zu erkunden. Die Kinder – gerade aus den bis zur Scheidung noch einigermaßen funktionierenden Familien – sind in aller Regel kaum oder gar nicht vom Unrechts­bewußtsein des mütterlichen Tatverhaltens geprägt. Die Mutter hat sogar zudem – schon wegen des durch die Kindes­entführung möglich gewordenen alleinigen und zeitlich lang­dauernden Zustandes der unmittelbaren und alleinigen Beein­flussbarkeit – die Kinder überredet, vielleicht sie sogar subjektiv überzeugt, dass sie dem Richter gegenüber betonen sollten, sie wollten nur und ausschließlich bei der Mutter bleiben. Die Palette der Argumentations­weisen, wie sie Joachim Wiesner tat­bestands­mäßig erkennen konnte, reicht von der simplen Suggestion gegenüber dem Kind (z. B.: wer anders als die Mutter könne es denn im Krankheits­falle zum Arzt bringen, doch wohl keinesfalls der Vater, da dieser doch berufstätig sei!) bis hin zur brutalen Verleumdung des Vaters bei den Kindern, der unfähig wäre zur Erziehung, zur Liebe usw., usw.. Wiederholt erkennbar ist aber auch der Versuch der Verniedlichung des durch die Mutter ausgeführten Konflikt­tat­bestandes mit der Argumentations­folge, dass ja die ganze Situation so schlimm und so schwierig nicht wäre, die Kinder ja zum Vater gehen könnten, wenn sie wollten (aber es vielleicht lieber doch bleiben lassen sollten), dass der Vater ja nicht aus der Welt wäre usw., usw..

Wenn es hoch kommt – insbesondere wenn die Kinder älter geworden und intellektuell auch entscheidungs­fähiger geworden sind – werden sie vielleicht dem Richter gegenüber zum Ausdruck bringen, dass ihnen die Wieder­ver­einigung der elterlichen Eheleute am liebsten wäre, dass sie den Vater sogar lieb hätten. Aber der Richter selbst hat eine Entscheidung zu fällen, in die die Aussage der Kinder als eine Entscheidungs­grund­lage eingeht. Er muss deshalb auch die Kinder vor eine zwingende Entscheidung stellen; denn das Fortbestehen einer Ehe hängt – wie oben ausführlich begründet – ausschließlich von dem Ehewillen des ehebrüchigen Partners ab. Dieser ist jedoch in der fast vollständigen Zahl aller dergestalt zerfallenen Familien eheunwillig, so dass Ehe und Familie weiterhin zerstört bleiben. In solchem Falle pflegen dann die Kinder letztendlich für die Mutter zu optieren, und dem Richter bleibt keine andere Wahl, als diese Option in sein Sorge­rechts­urteil zu übernehmen.

zurückDie dialektische Implikation des Gesetzes [2]

Die verhaltenssteuernde Wirkung des Unterhaltsrechts

Wer annimmt, dass ein fürsorgender Staat seine sozial­ethischen Verpflichtungen rechtsförmig festschreibt und sie dann in der durch das Recht geregelten Sozialwirklichkeit auch in diesem Sinne wahrnimmt, der könnte auf den ersten Blick eine derartige Absicht und Tendenz in dem Ehe- und Familienrecht inkorporierte Scheidungs- und Scheidungs­folgen­recht sowie das Sorgerecht des Bürgerlichen Gesetzbuches[3], auch in seiner reformierten Fassung[4], erkennen.

Tatsächlich jedoch gestattet die Wertneutralität des Gesetzes­werkes gegenüber der Ehe und den Ehepartnern eine dazu gerade entgegengesetzte Verhaltensweise und ermöglicht mit Hilfe des Gesetzes letztendlich die Herbeiführung von solchen Tatbeständen, wie sie bei – gleichsam naiver – konventioneller Betrachtung des Eherechtes eben nicht darin enthalten zu sein scheinen.

Die Justiz­maschinerie wird in Gang gesetzt

Für die Zeit der ersten Stufe einer Endphase von Ehe und Familie, nämlich für die nunmehr herbeizuführende Trennung, gelten in wirtschaftlicher Hinsicht dieselben Vorschriften wie über den nach gerichtlich bereits vollzogener Ehescheidung geltenden Geschiedenen-Unterhalt (§§ 1569-1576 BGB).[5] Zwar besteht im Grundsatz eine gegenseitige Unter­halts­pflicht beider Ehepartner; sofern jedoch ein Eheteil „bedürftig“ – weil wirtschaftlich nicht leistungsfähig – ist, der andere Teil jedoch „leistungsfähig“ ist, so hat der schwächere Partner einen aus der ehelichen Solidarität (auch ethisch) abgeleiteten Rechtsanspruch.

Doch die sozioökonomische Wirklichkeit, wie sie derzeit unsere Gesellschaft charakterisiert[6], bewirkt dann eine derartige Faktoren­konstellation, dass allein derjenige Partner unterhalts­bedürftig ist, der nicht erwerbstätig ist – und es nach der Gesetzes­absicht auch deswegen nicht zu sein braucht, weil er ein gemeinsames Kind erzieht. Durch diese „Kombination der Merkmale“ – keine berufliche Tätigkeit des einen und Wahrnehmung einer (im einzelnen qualitativ nicht definierten) Erziehungsfunktion, aber zugleich berufliche Arbeit des anderen Partners – wird eben dieser andere Ehegatte dann wegen seiner Erwerbstätigkeit zwangsläufig zum faktisch „Leistungs­fähigen“ und damit zum Unter­halts­verpflichteten.

§ 1570 BGB regelt diesen Sachverhalt folgendermaßen:

„Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbs­tätigkeit nicht erwartet werden kann.“

Des weiteren regeln die nachfolgenden §§ 1571 und 1572 BGB den Unter­halts­anspruch wegen Alters und Krankheit und begründet § 1573 BGB Ansprüche bei mangelnder angemessener Erwerbs­tätigkeit:

„Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unter­halts­anspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbs­tätigkeit zu finden vermag.“

Diese auf den ersten Blick sehr moralisch-fürsorglich scheinenden Rechts­vor­schriften sind mit Gewissheit dann auch ethisch legitimiert, wenn etwa eine „sitzen­gelassene“ Ehefrau, betrogen von ihrem Ehemann usw., von diesem nun Unterhalt verlangte. Seit 1977 ist jedoch in der sozialen Wirklichkeit Tatsache, dass eine (quantitativ nicht exakt präzisierbare, doch in der Tendenz als große Zahl beobachtbare) Vielzahl von Frauen den Trennungs­tat­bestand ihrerseits erst herbeiführen[7] und dabei – wiederum in einer als groß beobachtbaren Vielzahl – durch gewaltsame Kindes­mitnahme erst jene Fakten aktiv schaffen, von denen nach dem ganzen Tenor und wohl auch der rechts­politischen Absicht des seinerzeitigen Gesetzgebers unterstellt wurde, dass solche Tatsachen letztlich nur eine ultima ratio wären.

Wenn eine Ehefrau die gemeinsamen Kinder „besitzt“, gleichsam über sie geradezu dinglich verfügen kann, weil sie ihrer alleinigen direkten Zugriffsmacht durch räumliche Nähe ständig unterworfen sind, so besteht für alle Behörden zunächst die durch Augenschein begründete Vermutung, dass diese Mutter die Kinder auch recht­mäßig „erziehe“, so wie es der Gesetzestext unterstellt und zu verlangen scheint. Deshalb raten – nach den eingehenden Recherchen Joachim Wiesners – Anwälte und insbesondere häufig die Anwältinnen solchen auskunfts­suchenden Ehefrauen, die Kinder auf die eine oder andere Art in ihren ständigen Besitz zu bringen. Dies könne geschehen durch (körperlichen) Auszug aus der Ehe, etwa während der alltäglichen Berufs­tätigkeit des Vaters oder während der Ferien oder während dessen sonstiger Abwesenheit; danach müsse (zumindest für eine Weile) der Verbringungsort vor dem Vater noch verschwiegen werden.

Dieser weit­verbreitete Sachverhalt ist als solcher nicht nur in Anwalts- und Richterkreisen bekannt, sondern er wird „in der Branche“ auch explizite zugegeben.

zurückDer Rechts­bruch wird gesichert [2]

Ist der „Auszug“ aus der gemeinsamen Wohnung dann gelungen, also der Tatbestand der „Trennung“, wie ihn das Gesetz kennt, hergestellt, und hat die Ehefrau die Kinder – häufig durch List, Täuschung, aber auch Verleumdung des Vaters oder auch nur durch Vorspiegelung, sie wolle lediglich eine gewisse Zeit von den Eheanstrengungen „ausruhen“ – in ihre Verfügungs­gewalt als scheinbar rechtens „Erziehende“ gebracht, so wird unmittelbar darauf ihr Anwalt tätig: Er schreibt dem unterhalts­verpflichteten Kindesvater und verlassenen Ehegatten unter Hinweis auf die zuvor zitierte rechtliche Lage, dass dieser unverzüglich den außerhäuslichen Unterhalt für Ehefrau und Kinder durch Zahlungen sicherzustellen habe. Diese Aufforderung ist in der Regel verbunden mit der Verniedlichung des rechts­brecherischen Verhaltens der Ehefrau oder aber mit Beschimpfungen, nicht selten auch mit Bedrohungen durch Folgemaßnahmen zu Lasten des Vaters, insbesondere mit der Androhung einer Strafanzeige nach § 170b StGB:

„Wer sich einer gesetzlichen Unter­halts­pflicht entzieht, so dass der Lebensbedarf des Unter­halts­berechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheits­strafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Ist der so düpierte, in seinem grundsätzlichen Rechtsverständnis verletzte und seiner Kinder beraubte Vater und Ehemann dann – trotz dieser Straf­androhung – nicht gewillt, den Unterhalt für seine ehezerstörende – und in vielen Fällen auch ehebrecherische – Ehefrau zu zahlen, so greift der Anwalt zu folgenden Maßnahmen: Das Sozialamt wird darüber informiert, dass sich eine Kindesmutter mit ihren Kindern in sozialer Notlage befände, die sie aus eigener Kraft nicht beheben könne, dass diese Kindesmutter einen offenkundigen Rechts­anspruch gegen einen nach­gewiesener­maßen zahlungs­un­willigen Kindesvater habe, dass sie Hilfe zum Lebens­unter­halt brauche.[8]

Allein der anwaltliche Schriftsatz begründet beim Sozialamt schon die Vermutung der Recht­mäßig­keit des Sachverhaltes.[9] Dass ein Kindesvater wegen Kindes­entführung möglicherweise ein anderes Grundsatz-Rechts­verständnis habe, steht bei der Sozial­verwaltung nicht zur Debatte; dass die zuvor zitierte Straf­rechts­vor­schrift von ihrer Intention her für Tatbestände gilt, in denen ein Vater sich seinerseits der Unter­halts­pflicht entziehe, nicht aber für solche Sachverhalte, in denen ihm durch die Mutter die Kinder gegen seinen Willen durch Verschleppung entzogen worden sind, wird überhaupt nicht berücksichtigt.

Das Sozialamt bewilligt nunmehr – und zwar ohne dass der Kindesvater überhaupt davon weiß – den Lebens­unter­halt nach den geltenden Sozial­hilfe­sätzen, gewährt Wohngeld, zusätzliche Sachleistungen usw. und schickt dem unterhalts­verpflichteten Vater eine schlichte Mitteilung über den bereits vollzogenen Bewilligungsakt. Dass derartige Bewilligungs­praxis nicht nur den sozial­ethischen Grundlagen der Sozial­hilfe­idee widerspricht und der Gesetzes­intention, sondern auch noch dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, kümmert Sozialämter selbst in christ­demokratisch beherrschten Kommunen nicht.[9]
Sie schütten die Steuergelder aus zur Sicherung der Familien­zerstörung, obwohl „die Sozialhilfe die Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und den Zusammenhalt der Familie festigen (soll)“. (§ 7, Satz 2 BSHG)

Kein Kindesvater, dem seine Kinder geraubt worden sind, dem möglicherweise beim Auszug auch noch die Wohnung ausgeräumt und das Gehaltskonto geplündert worden sind und der sich häufig in seinem nachbarlich-gesell­schaft­lichen Umfeld einer Verleumdungs­kampagne der sich dadurch rechtfertigen wollenden Ehefrau ausgesetzt sieht, kann sich gegen einen solchen Verwaltungsakt des Sozialamtes wehren. Erhebt er Widerspruch, so wird dieser abgewiesen, und es bleibt verfahrensmäßig dem – doch augenscheinlich unterhalts­verpflichteten – Kindesvater zu diesem Zeitpunkt nur die Möglichkeit übrig, die Gemeinde-/Stadt­verwaltung vor dem Verwaltungs­gericht zu verklagen. Aber die psychologische Situation eines Mannes, der sich nun faktisch und auch für ihn offensichtlich in einer Familien- und Ehekrise von konkurshafter Dimension befindet – gleichgültig ob er diese wollte oder nicht –, lässt in der Regel einen solchen Schritt unterbleiben; er hat ja genügend Last mit sich selbst und seinen Umständen. Zumindest hat Joachim Wiesner bei seinen weitgreifenden Recherchen keinen einzelnen Fall ermitteln können, in dem eine solche Gegenwehr erfolgte.

Einsichtnahme in die entsprechenden Akten des Sozialamtes – jetzt oder später – wird aus Gründen des Datenschutzes dem Vater und Ehemann zudem verwehrt. Die Maschinerie des Rechts- und Sozialstaates nimmt ihren ordnungs­gemäßen – legalen, rechts­positivistisch legitimierten – Gang.
Gleichzeitig wird nun seitens der Ehefrau und der „erziehenden“ Kindesmutter eine Unterhaltsklage beim Familien­gericht anhängig gemacht. Das Sozialamt erhält – damit alles nach Recht und Gesetz geht und auch anständig aussieht – einen Durchschlag; die Beamten dort brauchen nun nicht mehr misstrauisch zu sein.
Nach § 620 der Zivil­prozess­ordnung (ZPO) erlässt das Familien­gericht in geraumer Zeit eine einstweilige Anordnung gegen den Unter­halts­verpflichteten; der Unterhalt der außerhäuslich ungetreuen Ehefrau und der durch sie in Not gebrachten Kinder ist von Staats wegen gesichert. Das Sozialamt geht in Vorlage; später wird es sich beim Vater durch Pfändung von dessen Lohn, Gehalt und Vermögen schadlos halten.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat der Ehemann sich seinerseits eines Anwalts zu bedienen; in Familien­rechts­sachen besteht Anwaltszwang (§ 624, Abs. 1 ZPO). Gleichzeitig fordert der Gegenanwalt auch noch nach § 1360a, Abs. 4 BGB einen Prozess­kosten­vorschuss für seine Leistungen zugunsten der Ehefrau.

zurückSozial- und rechtsethische Bewertung der Rechts­tatsachen [2]

Ein solcher nunmehr zustande gekommener Tatbestand ist das Resultat des Zusammen­wirkens verschiedener Faktoren: der Wille zur Ehebeendigung ist im neuen Ehe­scheidungs­recht realisierbar geworden durch das Rechtsinstitut der Zerrüttung. Diese wird dann als unwiderlegbare Tatsache angesehen, wenn eine Trennung mindestens drei Jahre bestanden hat. In der Strategie der Ehezerstörung gilt es also, diese Drei­jahres­frist ökonomisch zu überbrücken. Ein solches Konzept wird formalrechtlich mit Hilfe des Familienrechts und wirtschaftlich durch das Sozial­hilfe­recht ermöglicht: Im Sozial- und Rechtsstaat ist das Familienrecht zum Auslöser und das Sozial­hilfe­recht zum Zwischen­finanzierungs-Instrument für Ehezerstörungen geworden.

Un-Verbindlichkeit und Beliebigkeit der Ehebindung im deutschen Recht

Die eheinternen Ursachen für die Herbeiführung solcher Tatbestände sind so vielfältig wie die Zahl der Ehen und Familien selbst. Es kann deshalb keine generelle Erklärung angeboten werden. Die Statistiken erfassen keine qualitativen Ehescheidungs­gründe, sondern nur formal­rechtliche, nämlich allein den förmlichen Tatbestand der Trennung mit gegen­seitigem Einverständnis oder ohne dieses.

Aber immer wieder werden – gemäß den umfangreichen Nach­forschungen Joachim Wiesners, ebenso wie in den Aussagen der ausgewerteten Literatur und in einer Reihe von nahe beobachteten Fällen – neben einem ehebrecherischen Verhältnis zu einem anderen Manne die Fälle der bloßen Ehemüdigkeit, der Sehnsucht nach Alleinsein, die Forderung nach fraulicher „Selbst­verwirklichung“, ein weibliches Unbehagen an Ehe und Gesellschaft überhaupt als vermeintlich hierarchischen Strukturen oder schlichtes psychisches Unwohlsein als (allesamt substantiell inkommen­surable) Begründungen erkennbar. Ein von Joachim Wiesner befragter Anwalt beschreibt die Rechts- und Sozial­wirklichkeit: In Deutschland kann jeder aus der Ehe aussteigen, der will; Gründe dafür braucht er nicht. Wenn dieser Ehegatte in der derzeitigen sozialen und wirtschaftlichen Situation die Frau ist, die sich einkommensmäßig als der wirtschaftlich schwächere Teil der Ehe erweist, so hat dieser Partner zu Lasten des anderen einen wirtschaftlichen Vorteil und kann die Überbrückungszeit durchhalten.

Zwar deklamiert das Familienrecht die Pflicht zur ehelichen Lebens­gemein­schaft:

„Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebens­gemein­schaft verpflichtet.“ (§ 1353, Abs. 1, BGB)

aber diese Deklamation ist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurde. Es handelt sich um eine Leerformel, die einfach eine einstmals weitgehende konsentierte (= erlaubte) sittliche Grund­auf­fassung wiedergibt, die aber keine rechtliche Pflicht mehr darstellt. Empirisch verifizierbar, tatsachen­mäßig richtig ist vielmehr, dass dasjenige Sozial­verhalten, das die Aufhebung der ehelichen Lebens­gemein­schaft bewirkt, seinerseits extensiv durch das gesamte Familien- und Scheidungs­recht begünstigt und förmlich geregelt wird. Den zwei Zeilen des zuvor zitierten § 1353 BGB stehen viele (wegen der unterschiedlichen Druckformen nicht verlässlich messbare) Seiten des Scheidungs- und Scheidungs­folgen­rechts gegenüber. Eine Regelung jedoch, durch die der Staat ein ehekonformes und ehewilliges Verhalten rechtlich stützen würde, gibt es nicht.

Die Kindesverschleppung und ihre Folgen in der Praxis

Das auf den ersten Blick rechts­grund­sätzlich schwache Glied in der zuvor nachgezeichneten Handlungs­kette ist der Tatbestand der Kinder­ver­schleppung. Als solcher ist er strafrechtlich relevant:

„Wer eine Person unter achtzehn Jahren durch List, Drohung oder Gewalt ihren Eltern, ihrem Vormund oder ihrem Pfleger entzieht, wird mit Freiheits­strafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ (§ 235, Abs. 1 StGB)

Wenn der in schlichten Kategorien von Anstand und Sittlichkeit denkende Bürger jedoch glaubt, dass nunmehr der Rechtsstaat die zuvor skizzierten Tatbestände abstellen würde und dem betroffenen Kindesvater nicht nur deklamatorisch sein Recht bestätigen, sondern auch faktisch die Kinder zurückbringen oder gar Vorkehrungen zur rechtlich gebotenen Wieder­her­stellung der Ehe treffen würde, dann erweist sich eine solche Vermutung – zumindest in der familiensozialen und familien­rechtlichen Wirklichkeit dieser Bundesrepublik – als grundfalsch. Denn zunächst bestimmt § 238 StGB ausdrücklich, dass in einem solchen Falle die Tat nur auf Antrag des Betroffenen, hier des anderen Elternteils, verfolgt wird. Der Staat hält sich zurück: es geschieht nichts, selbst wenn Polizei oder Staats­anwaltschaft davon erfahren sollten, die in anderen Fällen von Gesetzes­verstößen (vom Verkehrs­unfall bis zum Sachraub) von sich aus tätig werden müssen, selbst wenn dort ein Strafantrag nicht vorliegt.

Sollte aber ein Kindesvater tatsächlich auf diesen Gedanken verfallen sein, den Staat zum Beistand und zur Wahrnehmung seiner Rechts­schutz­pflicht anzurufen, so wird ihm spätestens sein ihn vertretender Anwalt davon abraten. Joachim Wiesner hat im Köln-Bonner Raum keinen Rechts­anwalt gefunden, der bereit gewesen wäre, ein solches strafrechtliches Vorgehen zu vertreten. Die Argumente laufen über­ein­stimmend darauf hinaus, dass durch eine solche Maßnahme doch wohl die letzte Chance zur Wieder­her­stellung der Ehe (die der Vater vermutlich doch wohl noch wolle oder vielleicht wollen sollte – gerade doch der Kinder wegen usw.) entfiele, dass man Kinder nicht mit der Polizei an ihren Vater binden und schon gar nicht an Liebe binden könne und deswegen auch nicht mit der Polizei zurückbringen solle, dass ein solches Straf­verfahren – wäre es erst einmal in Gang gesetzt, eventuell sogar zu einer öffentlichen Verhandlung mit Presseberichten usw. und zu dem entsprechenden Echo in der Nachbarschaft führen würde und überhaupt in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregen werde, was dem Vater doch wohl nicht angenehm sein dürfte. Im übrigen wäre ein derartiges Vorgehen auch nicht üblich.

Wenn alle derartigen Argumente bei dem in seinem rechts­grund­sätzlichen Ordnungs­verständnis und in seinen konkreten Rechten tatsachenmäßig verletzten Vater dennoch nicht fruchten sollten, so bleibt dem Anwalt noch eine abschließende Begründung, die den Betroffenen schließlich handlungs­unfähig macht: Der Rechts­anwalt eröffnet ihm, dass er eine Strafanzeige nicht erstatten werde, sei es, dass er vom Strafrecht nichts verstünde (so ein Anwalt wörtlich zu Joachim Wiesner: schließlich sei er ja ein anerkannter Zivilrechtler, wie gerade der Mandats­auftrag eines betroffenen Vaters doch erweise, der doch sicherlich auf Empfehlung zu ihm gekommen sei), sei es, dass der Anwalt grundsätzlich diese Art von Regulierung von Familien­streit­sachen nicht schätze, es nicht täte und auch nicht wolle. Selbstverständlich stehe es dem Mandaten frei, von sich aus ein solches Verfahren zu praktizieren und Strafanzeige zu erstatten. Dann müsse er sich aber dafür einen anderen Anwalt suchen, wenn die Sache in Gang käme. Nicht selten fehlt in diesem Begründungs­zusammen­hange nicht der Hinweis, dass dann dieser Anwalt auch das Zivil­verfahren abgeben würde und sich damit begnügen würde, lediglich die bis dahin aufgelaufenen Kosten zu liquidieren.

Der hilflos gelassene Mandant gibt auf.

In diesem Stadium ist der geregelte Gang der Maschinerie des Rechts- und Sozial­staates erneut gesichert: Inzwischen sind zwei Anwalts­kanzleien von dem einen Fall in Brot und Lohn gebracht worden: das Verfahren kann ordnungs­gemäß fortgehen. Die ehebrüchige Ehefrau behält weiterhin ihr geborgtes – ja: erschlichenes – Einkommen; bedürftig ist sie nicht, sie hat sich dazu erst gemacht.

zurückDie Rechtspraxis seit 1977

Das vorstehend beschriebene Vorgehen wurde von Joachim Wiesner bereits 1985 so dargestellt. Es sei nachfolgend mit einem Beispiel aus der Gerichtspraxis aus dem Jahr 2010 belegt, dass sich an dieser Rechtspraxis nichts grundlegendes mehr geändert hat.

Der Beschluss des Ober­landes­gerichts Köln ist dabei vor dem Hintergrund des anwaltlichen Rats gegenüber der Mutter, „Sehen Sie zu, dass Sie die Kinder besitzen. Dann muss Ihr Mann für alles bezahlen.“, und der Achillesferse der Handlungskette, der Verstoß gegen § 235 BGB (Entziehung Minderjähriger), zu lesen. Die Strategie des Anwaltes läuft dabei so:

„Ziel war zu erreichen, dass der Vater die Kinder entweder gar nicht sieht oder das auf ein Minimum beschränkt wird. Und nachdem ich genau so wenig wie die anderen Kollegen und die Familien­richter irgendeine Ausbildung zu der Frage hatte, was macht das eigentlich mit Kindern, wenn die ein Elternteil über lange Zeit nicht sehen, bin ich der Meinung gewesen, ja, das ist doch OK, die Mutter kann die Kind gut versorgen, die hat eine gute Beziehung, das wird für die Kinder schon besser sein, wenn die nicht den ganzen Stress dort mitbekommen. Und habe dann die Verfahren auch so betrieben und den Mandantinnen konnte ich regelmäßig sagen: ‚Sie brauchen sich gar keine Sorgen zu machen, wir spielen auf Zeit. Sie schaffen Fakten, Sie ziehen aus, Sie holen die Kinder mit und dann tut sich erstmal gar nichts. Dann soll er doch mal kommen, soll er doch mal Anträge stellen.‘ Das dauert, das hat immer lange gedauert. Bei vielen Gerichten dauert es heute noch lange. Es ist überhaupt Seltenheit, dass man in diesen Verfahren den ersten Termin nach vier, fünf, sechs Monaten bekommt.“ [10]

Schon vom Grundsatz her kann es zunächst nicht ausschlaggebend sein, aus welcher Motivlage und auf Veranlassung welches Ehepartners sich die Eheleute getrennt haben. Für die Sorgerechts­entscheidung – hier die Frage des Aufenthalts­bestimmungs­rechtes – ist allein das Kindeswohl von Bedeutung. (Absatz 6)

Das Gericht hebt also erstmal auf die Abschaffung des Verantwortungs­prinzips im Scheidungsrecht ab. Was das Gericht in diesen Zeilen sagt, lautet im Klartext so: Die Mutter des Kindes kann sich alles erlauben, das hat auf das Gerichts­verfahren keinerlei Einfluss, weil dort (angeblich) das Wohl des Kindes zur Zentralfrage für den Beschluss gemacht wird. Wie der Begriff Kindeswohl dazu dient, alles zum „Wohle der Mutter“ hinzubiegen, wird noch gesondert im Abschnitt Der Kampf ums Kind behandelt.

[…] sieht es der Senat auch nicht als ausschlag­gebend an, dass die Kindesmutter C. ohne Einwilligung des Beschwerdeführers beim Auszug aus dem Familienheim mitgenommen hat. Zwar liegt hierin sicherlich eine Verletzung des Sorgerechtes des Kindesvaters, welcher dieses gemeinsam mit der Kindesmutter ausübt und welches auch das Recht beinhaltet, über den Aufenthalt des gemeinsamen Kindes mitzubestimmen. Diese Pflicht­ver­letzung der Kindesmutter wird aber dadurch relativiert, dass sie sich […] in der Ehe gerade durch die Anforderungen des Kindesvaters überfordert fühlte. Auch wird […] durchaus deutlich, dass die Kindesmutter gewillt war, den Kindesvater über ihre Motivlage zu informieren und insbesondere nicht beabsichtigte, ihm das gemeinsame Kind C. endgültig vorzuenthalten. So hat die Kindesmutter in der von ihr so empfundenen „Not“ auch […] den Rat des „Sozialdienstes Katholischer Frauen“ eingeholt, wie sie sich weiter zu verhalten habe. All dies zeigt, dass die Kindesmutter nicht bedenkenlos ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellte und die Beziehung des Kindes zum Vater völlig ignorierte. Ein besonders verantwortungs­loses Verhalten der Kindesmutter ist daher im Zusammenhang mit ihrem Auszug und der Mitnahme des Kindes nicht zu sehen, wenn es auch ein eindeutiger Verstoß gegen das gemeinsame Sorgerecht der Kindeseltern war. (Absatz 9)

Das Sorgerecht des Vaters ist grund­gesetz­lich geschützt, so ist wenigstens die Theorie des Artikels 6 Absatz 1 GG. Deshalb wiegt der Verstoß der Mutter gegen § 235 BGB schwer. Das Gericht übergeht diesen schweren Rechtsverstoß, indem er der Mutter eine „Über­forderungs­situation“ zubilligt. Diese Bereitwilligkeit des Gerichtes ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sofort eine Polizeieinheit in Marsch gesetzt wird, wenn es einem Vater einfallen würde, das Kind beim Auszug aus der ehelichen Wohnung gegen den Willen der Kindesmutter mitzunehmen. Vätervereine und Anwälte werden einem ratsuchenden Vater deshalb auch dringend von solchen Aktionen abraten. Frauen­beratungs­stellen und AnwältInnen ist aber auch klar, dass dasselbe Verhalten bei einer Mutter vom Richter nicht geahndet wird, deshalb raten sie Frauen zu, auf diese Weise Fakten zu schaffen. Die Tatsache, dass sich die Mutter hat beraten lassen, könnte man auch als Vorsatz zur Straftat werten. Das tut das Gericht aber nicht. Würde ein Anwalt hingegen einen Vater dazu raten durch Kindes­mitnahme ohne Zustimmung der Mutter Fakten zu schaffen, wäre er ziemlich sicher wegen Beihilfe oder Anstiftung zu einer Straftat dran. Die Straflosstellung der Frau ist ein weiteres Merkmal deutscher Justiz.

[…] kommt nach Auffassung des Senates dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität […] (Absatz 11) [11]

Die Mutter unterbricht unter Rechts­bruch die Kontinuität der Vater-Kind-Beziehung und das Gericht sichert mit dem Kontinuitäts­argument die unter Rechts­bruch zum Vorteil der Mutter herbeigeführte Situation für die Zukunft ab, scheinheilig das Kindeswohl wie ein Schutzschild vor sich hertragend.

Was auch geschieht!
Was auch immer geschieht:
Nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht,
auch noch zu trinken!
[12]

Der aktuelle Beschluss des Ober­landes­gerichts Köln belegt also die von Wiesner herausgearbeiteten Grundzüge des deutschen Familienrechts. Alle Reformen, Reformversuche und Reformen von Reformen haben daran nichts Wesentliches geändert. Erich Kästners Gedicht entstand in einer Zeit, in dem Deutschland im braunen Gebräu zu versinken drohte und schließlich auch versank. Sein Epigramm hat heute besonders für Familien­väter wieder an beklemmender Aktualität gewonnen, die im Gebräu deutschen Familienrechts versinken. Die Frage, ob Familienväter sich derart „durch den Kakao ziehen lassen“ sollen, ist noch im Kapitel Gegenmaßnahmen zu diskutieren. Es ist aber zu bedenken, dass auch Kinder zu Scheidungs­waisen gemacht werden, mit allen Folge­problemen.

zurückResümee zur Rechtslage in einem Rechtsstaat

Im Kapitel Scheidung wurde schon darauf hingewiesen, dass seit 1977 die Trennung einer „auf Dauer angelegten Lebens­gemein­schaft“ ohne Angabe von Gründen problemlos durchgeführt werden kann. Der Jurist Joachim Wiesner hat sehr eindrücklich beschrieben, wie eine trennungswillige Mutter sich die Scheidung von Staat (Prozess­kosten­hilfe, Sozialamt) und Ehemann (Unterhalt) finanzieren lassen kann, so sie nur das Kind in ihren Besitz bringt. Seitdem hat der ehewillige Ehemann in Deutschland keine Chance mehr; er wird vom Staat rechtlos gestellt und alleine gelassen. Die Rolle, die dem Exehemann und Vater von der Gesellschaft zugedacht ist, ist die eines Zahlesels für eine Frau, die ihn verlassen hat, und für seine Kinder, die er ggfs. nicht mehr wiedersehen darf, es sei denn von der Kinder­besitzerin Gnaden.

Das Familienrecht in Deutschland erlaubt der Frau die Scheidung der Ehe ohne Angabe von Gründen und ohne finanzielles Risiko; für den Mann jedoch gibt es finanziell gesehen keine Trennung.[13] Er muss Frau und Kind weiterhin unterhalten, als hätte es eine Scheidung der Ehe nie gegeben.



[1] Wolfgang Klenner: „Essay über die Wandlung des Kindes im Familien­rechts­verfahren vom Rechtsobjekt als Verfügungs­masse zum Rechtssubjekt“ HTML-Dokument PDF-Dokument
[2] Joachim Wiesner: „Vom Rechtsstaat zum Faustrechts-Staat: Eine empirische Studie zur sozial­ethischen und ordnungs­politischen Bedeutung des Scheidungs-, Scheidungsfolgen- und Sorgerechts“, Oder: Über die staatlich verursachte Paralyse von Rechtshandeln und Rechts­bewusst­sein in der Bundesrepublik Deutschland, 1985 a) Seite 1, b) Seite 3, c) Seite 6, d) Seite 9
[3] Wegen des interdisziplinären Ansatzes dieser Untersuchung dürfen die Nichtjuristen unter den Lesern dieser sozial­wissen­schaftlichen Studie auf den BGB-Standard­kommentar von Palandt hingewiesen werden: Bürgerliches Gesetzbuch, München **1984, darin Viertes Buch Familien­recht. Dieser Kommentar erschließt die weitere Literatur Textsammlungen finden sich in verschiedenen Taschenbuch­ausgaben, z. B. (statt vieler) in: Unser Recht. Große Sammlung deutscher Gesetze, Textausgabe mit Sachverzeichnis, München 1982.
[4] Die rechtspolitische Debatte seit den ausgehenden sechziger Jahren weist nach die Zusammen­stellung durch: Deutscher Bundestag – Verwaltung –, Hauptabteilung Wissen­schaftliche Dienste, Bibliographien Nr. 54 / Oktober 1982, Reform des Familienrechts in der Bundesrepublik Deutschland (1969-1982) Auswahl­bibliographie, Bonn 1982.
[5] Eine ausführliche rechts­wissen­schaftliche Behandlung des Verwandten-, Kindes- und Ehe­gatten­unterhalts bei Trennung; und Scheidung sowie des Versorgungs­ausgleichs bietet Wolfgang Kahler, Handbuch des Unterhalts­rechts, München 1983 (mit weiteren Nachweisen).
[6] Die Daten der Erwerbstätigen­struktur in der Bundesrepublik Deutschland lauten für den Juni 1983: Von 26.477.000 erwerbs­tätigen Personen insgesamt waren 16.351.000 (= 61,8%) männliche und 10.126.000 (= 38,3%) weibliche Personen; vgl. Statistisches Jahrbuch 1984. a.a.O., 100 (Tabelle 6.51). Prozent­berechnungen durch Joachim Wiesner. Die statistisch erreichbaren Strukturdaten über die Erwerbs­tätigkeit von Frauen nach Familienstand, Zahl und Alter der Kinder beziehen sich auf den Monat April 1982, sind also in der Globalzahl nicht mit dem zuvor zitierten Juni-83-Datum identisch; sie können jedoch gleichermaßen als generelle Aussage der strukturellen Verhältnisse angesehen werden. Damals waren von insgesamt 10.183.000 erwerbstätigen Frauen (einschl. Jugendlichen ab dem 15. Lebensjahre) 3.507.000 Frauen mit minder­jährigen Kindern unter 18 Jahren (= 34,5%); vgl. Statistisches Jahrbuch 1984. a.a.O., 103 (Tabelle 6.7 dort weitere Nachweise zur Mutterschaft Erwerbstätiger mit Kindern unter 15 Jahren, was ein für die Scheidungspraxis relevantes Datum der ständigen Recht­sprechung ist, und mit Kindern unter 6 Jahren) Prozent­berechnung durch Joachim Wiesner.
[7] Für die Trendaussagen bzgl. der hohen Anzahl der Scheidungs­initiativen der Ehefrauen stützt sich Joachim Wiesner auf qualitative Recherchen: Befragung bei Anwälten, Scheidungs­betroffenen, Bürgerbund gegen Scheidungsunrecht (Bonn), Fall­akten­auswertung und Literatur­auswertung. Auch die Tatsache, daß dieser Falltypus bis hinauf zum Bundes­verfassungs­gericht verhandelt wurde und zum Urteil vom 14. Juli 1981 führte (BVerfGe 57, 361, 381 ff.), darf als bedeutsamer Indikator gewertet werden.
[8] Das Bundes­sozial­hilfe­gesetz (BSHG) begründet Hilfe zum Lebensunterhalt für (unverschuldete) Notlagen, aus denen sich der Einzelne mit seiner Familie nicht aus eigener Kraft befreien kann. Die Hilfe soll die „Führung eines Lebens ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht und ihn soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; hierbei muß er nach seinen Kräften mitwirken.“ (Sozialgesetzbuch Besonderer Teil: Bundes­sozial­hilfe­gesetz § 1, Absatz 2 BSHG)
[9] a b Erkundungen Joachim Wiesners bei Verfahrens­beteiligten und Einsichtnahme in einschlägigen Korrespondenzen.
[10] YouTube: „Kein Kinderspiel. Konfliktschlichtung im Elternstreit.“, ab 4:50 Min. Audio-Dokument
[11] Beschluss des OLG Köln vom 19. Juli 2010, Az. 4 WF 68/10
[12] Erich Kästner: „Gesang zwischen den Stühlen“, 1932;
Der letzte Gedichtband Erich Kästners vor der Bücher­verbrennung 1933 beginnt nur scheinbar harmlos mit dem berühmten Kakao-Epigramm. Was als witzige Sprachspielerei auf die Redewendung „jemanden durch den Kakao ziehen“ sein könnte, bekommt durch den Zusammenhang mit dem Zeitgeschehen eine bitter-ernste Bedeutung: Deutschland droht im braunen Gebräu zu versinken. Heute hat das Epigramm wieder an beklemmender Aktualität gewonnen: Die Familien drohen in Deutschland im Gebräu der Familien­zerstörer zu versinken.
[13] TrennungsFAQ: „Finanziell gesehen gibt es in Deutschland keine Scheidung, nicht einmal eine Trennung, wenn Kinder vorhanden sind.“, in: Soll ich heiraten?