„Der Staat weiß, dass er darauf angewiesen ist, auch in Zukunft junge demokratiefähige Bürger zu haben. […] Dieses Angewiesensein des freiheitlichen Staates auf die Annahme eines Freiheitsangebots durch den Einzelnen gilt auch für die Freiheit von Ehe und Familie. Der Staat baut darauf, dass wir auch in Zukunft viele Kinder haben, die diesen Kulturstaat tragen, dieses Wirtschaftssystem am Leben halten, diese Demokratie mit Inhalt und Gedanken füllen.“ [1]
Paul Kirchhof weist darauf hin, dass der freiheitliche Staat auf die Freiheit von Ehe und Familie angewiesen ist. Das soll vor der Versuchung bewahren, unter Bevölkerungspolitik nur Migration und Demographie zu verstehen.
„Der gegenwärtig hohe Aufmerksamkeitswert gegenüber der Familie – auch auf kommunaler Ebene – verdankt sich in erster Linie dem stillen, aber durchaus wirkungsmächtigen ‚Gebärstreik‘ der Frauen in Deutschland, hinzu kommt in letzter Zeit eine Art ‚Zeugungsstreik‘ der jüngeren Männergeneration. Sicherungssysteme drohen zu implodieren, in etlichen Regionen wird bereits deutlich, was sich in den nächsten Jahren ausweiten wird: Kindergärten, Schulen und andere Einrichtungen werden in Ermangelung von Nachwuchs schließen müssen; von der Wirtschaft wird bereits ein Fachkräftemangel prognostiziert. […] Bei den westdeutschen Akademikerinnen bleiben inzwischen ca. 35 Prozent zeitlebens ohne Kinder. Aber nicht nur die Akademikerinnen bleiben immer häufiger kinderlos, sondern auch die sehr gut qualifizierten Männer. […] eine Gesellschaft, der es nicht mehr gelingt, ihre Funktions- und Leistungseliten zu reproduzieren, verspielt ihre Standortvorteile und ihre Zukunft auf lange Sicht.“ [2]
Fraglich ist allerdings, ob angesichts einer fortschreitenden Familienzerstörung und einer institutionalisierten Frauenbewegung – dem Staatsfeminismus – die richtigen Antworten auf das Problem gefunden werden. Während Familie in Deutschland keine Lobby hat (Tierschutzvereine haben eine einflussreichere Lobby), kümmern sich staatlich bestallte Frauenbeauftragte nur um Frauenförderung und Betroffenheitspolitikerinnen sorgen für das alltägliche Lamento von der Benachteiligung der Frau. Gegen einen Staatsfeminismus, der sich der Selbstverwirklichung der Frau verschrieben hat, die keinesfalls in der Reproduktionsarbeit liegt, wird der „Gebärstreik“ der Frauen kaum überwunden werden. Und angesichts der Entrechtung der Männer und Ausbeutung über Unterhaltstransfers zu Selbstfindungspirouetten drehenden alleinerziehenden Müttern, wird sich ein „Zeugungsstreik“ der Männer nicht stoppen lassen.
Selbstverständlich ist das nicht der einzige Grund. In der sich industrialisierenden Gesellschaft sank der Nutzen von Kindern als Arbeitskraft und Altersvorsorge und zugleich stieg der Aufwand für die Pflege, Erziehung und Ausbildung der Kinder. Ehepaare reagierten hierauf, indem sie etwa ab dem zweiten oder dritten Kind Geburtenplanung praktizierten. Gerade weil sie mehr in sie investieren mussten, gewannen Kinder an emotionalem Wert für ihre Eltern: Kinder galten als Teil der Lebenserfüllung, Kinderlosigkeit als ein Unglück. Die Ehe war die Norm, unverheiratet zu bleiben ein persönlicher Makel.
Die bürgerliche Familiengesellschaft wiederum wurde von Kommunismus seit 1848 und Feminismus seit den 1968er Jahren infrage gestellt. Ehe und Familie verlieren seitdem sukzessive an sozialer Geltung: Zunächst nahmen Scheidungen zu, dann breiteten sich nichteheliche Lebensgemeinschaften aus und schließlich wuchs die Zahl der Singles. Die Familiengründung verschob sich immer mehr in ein höheres Lebensalter, zuerst wurden höhere Geburtenparitäten seltener und schließlich nahm auch die Kinderlosigkeit zu. Kinder sind längst nicht mehr ein selbstverständlicher Teil der Lebensplanung, sondern konkurrieren mit anderen Optionen (Konsum, Freizeit, Beruf). Im Zentrum der postmodernen Mediengesellschaft steht das autonome Individuum: Sein Selbstverwirklichungsstreben soll nicht durch endgültige Bindungen an Personen (Kinder, Ehegatten), Institutionen (Staat, Kirche) und Moral behindert werden. Die „traditionelle“ Familie gilt dem postmodernen Individualismus als überholte Institution und ihr Bedeutungsverlust als emanzipatorische Befreiung. Die Kosten dieser Emanzipation werden dabei gerne verdrängt: Weil die Familie ausfällt, muss immer häufiger der Staat für Kinder und alte Menschen sorgen (Verstaatlichung). Gleichzeitig schwindet das Reservoir junger Arbeits- und Pflegekräfte, Steuer- und Beitragszahler. Letztlich unterhöhlen diese Kollateralschäden der Emanzipation die Fundamente des seit dem 19. Jahrhundert aufgebauten Wohlfahrtsstaatsgebäudes.[3]
Demographie – Bevölkerungsentwicklung in Deutschland
In Deutschland gibt es bereits seit 1972 mehr Sterbefälle als Geburten und seit 2003 wird dieses Geburtendefizit auch nicht mehr durch Zuwanderung kompensiert – die Bevölkerung altert und schrumpft. Die „demographische Revolution“ von der kinderreichen Agrar- zur nachwuchsarmen postindustriellen Gesellschaft vollzog sich in Deutschland in zwei Phasen: Während des „Ersten Demographischen Übergangs“ (nach 1870) fielen die Geburtenzahlen von fünf auf etwa zwei Kinder pro Frau. Die Fertilität passte sich so der gesunkenen Kindersterblichkeit an, das Verhältnis zwischen älterer und jüngerer Generation blieb ungefähr im Gleichgewicht. Im „Zweiten Demographischen Übergang“ ab 1965 sank das Geburtenniveau um ein Drittel unter den Generationenersatz: Auf 100 Eltern kommen nun ca. 66 Kinder und 40 Enkel.[4]
Die Bevölkerung in Deutschland ist 2009 gegenüber dem Vorjahr von 82 auf 81,7 Millionen Menschen geschrumpft. Im Jahr 2008 gab es 683 000 Geburten und 844 000 Sterbefälle. Damit lag das Defizit bei 162 000. Zudem hat Deutschland derzeit mehr Aus- als Einwanderer.
Die Zuwanderung von qualifizierten Kräften wird nach Meinung von Experten schon in wenigen Jahren notwendig. Die Bevölkerung in Deutschland schrumpft immer schneller, wie das Geburtendefizit zeigt. Das Geburtendefizit zeigt an, wie viel Menschen mehr gestorben sind, als geboren wurden. Im Jahr 2009 wird es nach Schätzung der Statistiker bei knapp 190 000 liegen. Die Zahl der Geburten sinkt trotz Elterngeld und Krippenausbau. 2009 lag sie nach vorläufigen Schätzungen zwischen 645 000 und 660 000.
Die Integrationsbeauftragte Böhmer (CDU) betonte zwar, die demographischen Probleme ließen sich zwar nicht mit Zuwanderung lösen. Deutschland müsse dennoch in den internationalen Wettbewerb um kluge Köpfe eintreten. Böhmer möchte den Zuzug Hochqualifizierter nach Deutschland erhöhen. „Wir benötigen Fachkräfte, damit wir unsere wirtschaftliche Führungsrolle auf vielen Weltmärkten sichern können.“ [5]
In der Wirtschaft ist es ein normales Vorgehen, unrentable Produktionsteile auszugliedern (Outsourcing = Abgabe von Unternehmensaufgaben und -strukturen an Drittunternehmen). Wenn allerdings das Kinderkriegen und die Reproduktion eines Landes „ausgelagert“ wird, dann mutet das seltsam an. Warum sollten Mütter in Afrika und Indien die Kinder gebären wollen, wofür feministische Wohlstandsfrauen in Deutschland sich zu fein sind? Und warum sollten Inder überhaupt ins kinderfeindliche Deutschland wollen? In Indien kann sich die Ehefrau eines IT-Spezialisten Hausangestellte leisten, in Deutschland müsste sie sich um das Leeren der Spülmaschine selbst kümmern. Und überhaupt, die Wirtschaft des aufstrebenden Indien braucht seine Fachkräfte selbst. In der globalen Welt hat man besseres zu tun, als für Deutschland Fachleute auszubilden und (kostenlos?) zur Verfügung zu stellen.
Deutschland hat weder Rohstoffe noch billige Löhne zu bieten. Unsere einzigen Stärken sind Know-how und Bildung. Angesichts dieser Faktenlage ist es erstaunlich, wenn PolitikerInnen auf die Idee kommen können, Bildung und hochqualifizierte Fachkräfte einfach mal so importieren zu können. Hochqualifizierte Kräfte in Indien sprechen zwar Englisch und in Afrika Französisch, aber leider kein Deutsch und Integrationsprobleme haben wir schon reichlich genug. Ausländische Experten sind auch bei chinesischen Unternehmen sehr gefragt. Und die Chinesische Akademie der Wissenschaften hat im Jahre 1994 den „Hundert-Personen-Plan“ gestartet, um hoch qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland anzuziehen.[6]
Die Politik im Ausland schläft also nicht. Und was macht die deutsche Frauen…, Entschuldigung, Familienministerin? Sie will das Elterngeld für Partner von zwei Monaten auf vier ausdehnen.[7] Bravo, Frau Ministerin! Die vier Monate Elterngeld wiegen allerdings die jahrelangen Unterhaltszahlungen an die alleinerziehende Exfrau nach der Scheidung nicht auf. Mit solchen Milchmädchenrechnungen macht das Ministerium für alle außer Männer in Deutschland Familienpolitik. Es ist an der Zeit, dass in der Politik erkannt wird, dass mit Elterngeld, Frauenbeauftragten und Quotenfrauen die Zukunft Deutschlands nicht zu sichern ist.
Demographie – Fachkräftebedarf der Zukunft
Von 100 Kindern, die Deutschland benötigt, um nicht weiter zu schrumpfen, werden 35 gar nicht erst geboren. Statt der 2,1 Kinder je Frauenleben, die für eine demographische Stabilisierung nötig wären, kommen nur knapp 1,4. Von den 65 Kindern, die auf die Welt kommen und zu Jugendlichen heranwachsen, gelten später 15 als nicht ausbildungsreif. Unter den Lehrstellenbewerbern war fast die Hälfte nicht ausbildungsfähig. Von den 50 befähigten Kindern verlassen 10 das Land und suchen als Auswanderer anderswo ihr Glück. Es stehen mithin gerade mal 40 der erforderlichen 100 Nachwuchskräfte zur Verfügung.[8] Dieser Befund ist für die Wirtschaft, den Sozialstaat, das Gemeinwesen insgesamt mehr als bedrohlich.
Die Stellung von Kindern in Deutschland
Aus der 14. Shell-Studie, die sich auf eine repräsentativ zusammengesetzte Stichprobe von 2515 Jugendlichen im Alter von 12 bis 25 Jahren in der BRD bezieht, ergab sich, dass bezogen auf die soziale Herkunft 10 % der Jugend der Unterschicht, 27 % der unteren Mittelschicht, 30 % der Mittelschicht, 21 % der oberen Mittelschicht und 12 % der Oberschicht angehören.[9]
„Für die Unterschicht sind Kinder eine Einnahmequelle, für die Mittelschicht Armutsrisiko Nr. 1 und für die Oberschicht Statussymbol.“ [10]
Peter Mersch: Bevölkerungsplanung. Warum die Menschheit sie braucht. (Nimmt man eine Generationendauer von 30 Jahren an, dann folgt aus den getroffenen Annahmen, dass sich die Weltbevölkerung seit 2.000 Jahren durchschnittlich mit einer Fertilitätsrate von 2,22 vermehrt hat, also etwas mehr als bestandserhaltend. Möglicherweise sind Sie jetzt überrascht, denn 2,22 ist ja gar nicht so viel mehr als 2,1, und trotzdem ist der Effekt gewaltig.)
Gerd Habermann: „Thema: Demographischer Wandel“
„Thema: Demographie und Familie“
Michael Blume: „Religion und Demographie. Vom biologischen Erfolg des Glaubens.“, Vortrag an der Universität Leipzig vom 8. Mai 2007
YouTube: „Überbevölkerung – Kollaps für die Menschheit“, ARD: Abenteuer Forschung, Teil 1, 2, 3, 4
iDAF: „Kinder bringen nur noch emotionale Rendite“ – „Unsicherheit in Beruf und Beziehung – Warum der Kinderwunsch bei Männern schwindet“, Nachricht der Wochen 1-2/2010
iDAF: „Spaemann: ‚Natur kann nicht ersetzt werden durch Willen‘“ – „Vor allem Ehen haben Kinder – Politik fördert trotzdem das Konkubinat“, Nachricht der Wochen 3-4/2010
iDAF: „Geburtenziffern und Vereinbarkeitspolitik“ – „Mutterschaft in Ostdeutschland: Unabhängig vom Ehemann, abhängig von Vater Staat“, Nachricht der Wochen 5-6/2010
iDAF: „Kurzfristiges Denken hat Vorfahrt“ – „Journalisten, Künstler, Politiker, Sozialwissenschaftler: Berufe, in denen Kinderlosigkeit besonders häufig vorkommt“, Nachricht der Wochen 7-8/2010
iDAF: „Die sichere Basis: Hauptbindungsfigur ist fast immer die Mutter“ – „Bindung, Bildung, Babies: Mythen und Wirklichkeit“, Nachricht der Wochen 9-10/2010
iDAF: „Scheidung ist Aggression gegen Kinder“ – „Scheidungsfolgen: Über Generationen wirksam“, Nachricht der Wochen 11-12/2010
iDAF: „Autistische Gesellschaft als Ende der Geschichte?“ – „Verantwortete Elternschaft und Egoismus – die Hauptursachen von erstem und zweiten ‚Demographischen Übergang‘“, Nachricht der Wochen 13-14/2010
iDAF: „Wir wissen nicht mehr so recht …“ – „Kern der Unauflöslichkeit“, Nachricht der Wochen 15-16/2010
iDAF: „Medien verunsichern die Elternschaft“ – „Das Medium ist die Botschaft“, Nachricht der Wochen 17-18/2010
iDAF: „Benedikt XVI: Die Folgen des Geburtenrückgangs“ – „Der Wohlstand frisst seine Kinder: Die Beispiele Türkei und Südkorea“, Nachricht der Wochen 19-20/2010
Demographische Konflikte, FAZ am 2. März 2005 (Jürgen Borchert: „Transferausbeutung der Familien“, Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001)
[2] Uta Meier-Gräwe: „Familie heute – Zwischen Wandel und Stabilität: Eine Bestandsaufnahme“, Thesenpapier von Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe auf dem 2. Demografischen Fachkongress des Paritätischen Gesamtverbandes am 4.-5. März 2008
[3] Verantwortete Elternschaft und Egoismus – die Hauptursachen von erstem und zweiten „Demographischen Übergang“ , Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie, Newsletter 13-14/2010
3.1.1.4. Bevölkerungspolitik
Paul Kirchhof weist darauf hin, dass der freiheitliche Staat auf die Freiheit von Ehe und Familie angewiesen ist. Das soll vor der Versuchung bewahren, unter Bevölkerungspolitik nur Migration und Demographie zu verstehen.
Siehe auch: Die Folgen der demographischen Entwicklung
Das Problem ist durchaus erkannt:
Fraglich ist allerdings, ob angesichts einer fortschreitenden Familienzerstörung und einer institutionalisierten Frauenbewegung – dem Staatsfeminismus – die richtigen Antworten auf das Problem gefunden werden. Während Familie in Deutschland keine Lobby hat (Tierschutzvereine haben eine einflussreichere Lobby), kümmern sich staatlich bestallte Frauenbeauftragte nur um Frauenförderung und Betroffenheitspolitikerinnen sorgen für das alltägliche Lamento von der Benachteiligung der Frau. Gegen einen Staatsfeminismus, der sich der Selbstverwirklichung der Frau verschrieben hat, die keinesfalls in der Reproduktionsarbeit liegt, wird der „Gebärstreik“ der Frauen kaum überwunden werden. Und angesichts der Entrechtung der Männer und Ausbeutung über Unterhaltstransfers zu Selbstfindungspirouetten drehenden alleinerziehenden Müttern, wird sich ein „Zeugungsstreik“ der Männer nicht stoppen lassen.
Selbstverständlich ist das nicht der einzige Grund. In der sich industrialisierenden Gesellschaft sank der Nutzen von Kindern als Arbeitskraft und Altersvorsorge und zugleich stieg der Aufwand für die Pflege, Erziehung und Ausbildung der Kinder. Ehepaare reagierten hierauf, indem sie etwa ab dem zweiten oder dritten Kind Geburtenplanung praktizierten. Gerade weil sie mehr in sie investieren mussten, gewannen Kinder an emotionalem Wert für ihre Eltern: Kinder galten als Teil der Lebenserfüllung, Kinderlosigkeit als ein Unglück. Die Ehe war die Norm, unverheiratet zu bleiben ein persönlicher Makel.
Die bürgerliche Familiengesellschaft wiederum wurde von Kommunismus seit 1848 und Feminismus seit den 1968er Jahren infrage gestellt. Ehe und Familie verlieren seitdem sukzessive an sozialer Geltung: Zunächst nahmen Scheidungen zu, dann breiteten sich nichteheliche Lebensgemeinschaften aus und schließlich wuchs die Zahl der Singles. Die Familiengründung verschob sich immer mehr in ein höheres Lebensalter, zuerst wurden höhere Geburtenparitäten seltener und schließlich nahm auch die Kinderlosigkeit zu. Kinder sind längst nicht mehr ein selbstverständlicher Teil der Lebensplanung, sondern konkurrieren mit anderen Optionen (Konsum, Freizeit, Beruf). Im Zentrum der postmodernen Mediengesellschaft steht das autonome Individuum: Sein Selbstverwirklichungsstreben soll nicht durch endgültige Bindungen an Personen (Kinder, Ehegatten), Institutionen (Staat, Kirche) und Moral behindert werden. Die „traditionelle“ Familie gilt dem postmodernen Individualismus als überholte Institution und ihr Bedeutungsverlust als emanzipatorische Befreiung. Die Kosten dieser Emanzipation werden dabei gerne verdrängt: Weil die Familie ausfällt, muss immer häufiger der Staat für Kinder und alte Menschen sorgen (Verstaatlichung). Gleichzeitig schwindet das Reservoir junger Arbeits- und Pflegekräfte, Steuer- und Beitragszahler. Letztlich unterhöhlen diese Kollateralschäden der Emanzipation die Fundamente des seit dem 19. Jahrhundert aufgebauten Wohlfahrtsstaatsgebäudes.[3]
Demographie – Bevölkerungsentwicklung in Deutschland
In Deutschland gibt es bereits seit 1972 mehr Sterbefälle als Geburten und seit 2003 wird dieses Geburtendefizit auch nicht mehr durch Zuwanderung kompensiert – die Bevölkerung altert und schrumpft. Die „demographische Revolution“ von der kinderreichen Agrar- zur nachwuchsarmen postindustriellen Gesellschaft vollzog sich in Deutschland in zwei Phasen: Während des „Ersten Demographischen Übergangs“ (nach 1870) fielen die Geburtenzahlen von fünf auf etwa zwei Kinder pro Frau. Die Fertilität passte sich so der gesunkenen Kindersterblichkeit an, das Verhältnis zwischen älterer und jüngerer Generation blieb ungefähr im Gleichgewicht. Im „Zweiten Demographischen Übergang“ ab 1965 sank das Geburtenniveau um ein Drittel unter den Generationenersatz: Auf 100 Eltern kommen nun ca. 66 Kinder und 40 Enkel.[4]
Die Bevölkerung in Deutschland ist 2009 gegenüber dem Vorjahr von 82 auf 81,7 Millionen Menschen geschrumpft. Im Jahr 2008 gab es 683 000 Geburten und 844 000 Sterbefälle. Damit lag das Defizit bei 162 000. Zudem hat Deutschland derzeit mehr Aus- als Einwanderer.
Die Zuwanderung von qualifizierten Kräften wird nach Meinung von Experten schon in wenigen Jahren notwendig. Die Bevölkerung in Deutschland schrumpft immer schneller, wie das Geburtendefizit zeigt. Das Geburtendefizit zeigt an, wie viel Menschen mehr gestorben sind, als geboren wurden. Im Jahr 2009 wird es nach Schätzung der Statistiker bei knapp 190 000 liegen. Die Zahl der Geburten sinkt trotz Elterngeld und Krippenausbau. 2009 lag sie nach vorläufigen Schätzungen zwischen 645 000 und 660 000.
Die Integrationsbeauftragte Böhmer (CDU) betonte zwar, die demographischen Probleme ließen sich zwar nicht mit Zuwanderung lösen. Deutschland müsse dennoch in den internationalen Wettbewerb um kluge Köpfe eintreten. Böhmer möchte den Zuzug Hochqualifizierter nach Deutschland erhöhen. „Wir benötigen Fachkräfte, damit wir unsere wirtschaftliche Führungsrolle auf vielen Weltmärkten sichern können.“ [5]
In der Wirtschaft ist es ein normales Vorgehen, unrentable Produktionsteile auszugliedern (Outsourcing = Abgabe von Unternehmensaufgaben und -strukturen an Drittunternehmen). Wenn allerdings das Kinderkriegen und die Reproduktion eines Landes „ausgelagert“ wird, dann mutet das seltsam an. Warum sollten Mütter in Afrika und Indien die Kinder gebären wollen, wofür feministische Wohlstandsfrauen in Deutschland sich zu fein sind? Und warum sollten Inder überhaupt ins kinderfeindliche Deutschland wollen? In Indien kann sich die Ehefrau eines IT-Spezialisten Hausangestellte leisten, in Deutschland müsste sie sich um das Leeren der Spülmaschine selbst kümmern. Und überhaupt, die Wirtschaft des aufstrebenden Indien braucht seine Fachkräfte selbst. In der globalen Welt hat man besseres zu tun, als für Deutschland Fachleute auszubilden und (kostenlos?) zur Verfügung zu stellen.
Deutschland hat weder Rohstoffe noch billige Löhne zu bieten. Unsere einzigen Stärken sind Know-how und Bildung. Angesichts dieser Faktenlage ist es erstaunlich, wenn PolitikerInnen auf die Idee kommen können, Bildung und hochqualifizierte Fachkräfte einfach mal so importieren zu können. Hochqualifizierte Kräfte in Indien sprechen zwar Englisch und in Afrika Französisch, aber leider kein Deutsch und Integrationsprobleme haben wir schon reichlich genug. Ausländische Experten sind auch bei chinesischen Unternehmen sehr gefragt. Und die Chinesische Akademie der Wissenschaften hat im Jahre 1994 den „Hundert-Personen-Plan“ gestartet, um hoch qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland anzuziehen.[6]
Die Politik im Ausland schläft also nicht. Und was macht die deutsche Frauen…, Entschuldigung, Familienministerin? Sie will das Elterngeld für Partner von zwei Monaten auf vier ausdehnen.[7] Bravo, Frau Ministerin! Die vier Monate Elterngeld wiegen allerdings die jahrelangen Unterhaltszahlungen an die alleinerziehende Exfrau nach der Scheidung nicht auf. Mit solchen Milchmädchenrechnungen macht das Ministerium für alle außer Männer in Deutschland Familienpolitik. Es ist an der Zeit, dass in der Politik erkannt wird, dass mit Elterngeld, Frauenbeauftragten und Quotenfrauen die Zukunft Deutschlands nicht zu sichern ist.
Demographie – Fachkräftebedarf der Zukunft
Von 100 Kindern, die Deutschland benötigt, um nicht weiter zu schrumpfen, werden 35 gar nicht erst geboren. Statt der 2,1 Kinder je Frauenleben, die für eine demographische Stabilisierung nötig wären, kommen nur knapp 1,4. Von den 65 Kindern, die auf die Welt kommen und zu Jugendlichen heranwachsen, gelten später 15 als nicht ausbildungsreif. Unter den Lehrstellenbewerbern war fast die Hälfte nicht ausbildungsfähig. Von den 50 befähigten Kindern verlassen 10 das Land und suchen als Auswanderer anderswo ihr Glück. Es stehen mithin gerade mal 40 der erforderlichen 100 Nachwuchskräfte zur Verfügung.[8] Dieser Befund ist für die Wirtschaft, den Sozialstaat, das Gemeinwesen insgesamt mehr als bedrohlich.
Die Stellung von Kindern in Deutschland
Aus der 14. Shell-Studie, die sich auf eine repräsentativ zusammengesetzte Stichprobe von 2515 Jugendlichen im Alter von 12 bis 25 Jahren in der BRD bezieht, ergab sich, dass bezogen auf die soziale Herkunft 10 % der Jugend der Unterschicht, 27 % der unteren Mittelschicht, 30 % der Mittelschicht, 21 % der oberen Mittelschicht und 12 % der Oberschicht angehören.[9]
(Nimmt man eine Generationendauer von 30 Jahren an, dann folgt aus den getroffenen Annahmen, dass sich die Weltbevölkerung seit 2.000 Jahren durchschnittlich mit einer Fertilitätsrate von 2,22 vermehrt hat, also etwas mehr als bestandserhaltend. Möglicherweise sind Sie jetzt überrascht, denn 2,22 ist ja gar nicht so viel mehr als 2,1, und trotzdem ist der Effekt gewaltig.)
(Der Rückgang der Sterblichkeit war die Voraussetzung für die Emanzipation der Frauen.)
„Thema: Demographie und Familie“
14. Shell Jugendstudie: „Jugend 2002 – Zwischen pragmatischem Idealismus und robustem Materialismus“, Fischer Taschenbuch Verlag 2002, ISBN 3-596-15849-4