Das eigentliche Geschwür ist das Unterhaltsmaximierungsprinzip. Es ist die im deutschen Recht (nicht nur Familienrecht, auch Sozialrecht!) innewohnende Idee, möglichst ausgreifende, langdauernde Geldflüsse zwischen Privatleuten zu erzwingen, um staatliche Leistungen über das Zivilrecht loszuwerden.[1a]
Kindesunterhalt wird geschuldet, weil die Exfrau das Kind betreut und nicht der Vater.
Mehrbedarf zum Kindesunterhalt wird geschuldet, weil die Exfrau das Kind nicht betreut, sondern in der Ganztagsbetreuung lässt.
Betreuungsunterhalt wird geschuldet, weil die Exfrau auch bei einer Ganztagsbetreuung nicht für sich selbst sorgen muss.
Aus jedem Lebensdetail wird ein eigener Unterhaltsanspruch konstruiert, auch wenn sich die Begründungen einander diametral widersprechen sollten. Das einzige durchgängige Motiv dabei ist das Unterhaltsmaximierungsprinzip.[1b]
Die Rechtsprechung sieht die Beweislast immer beim Leistungsträger, der zu Unterhalt verpflichtet werden soll. Dahinter steht das ungeschriebene, aber konsequent angewendete Unterhaltsmaximierungsprinzip, das Unterhalt von der Ausnahme inzwischen zum Normalfall gemacht hat.[1c]
Die treibende Kraft hinter dem Unterhaltsmaximierungsprinzip ist Geld, sehr viel Geld, da Unterhaltstitel über viele Jahre laufen. Je höher der Streitwert, desto höher sind auch die Verdienstchancen für die Rechtsanwälte, die davon profitieren. Letztenendes interessiert es niemanden, ob Familien zerstört oder Männer in die Pleite getrieben werden – Hauptsache, die Familienzerstörer haben sich ihre eigenen Taschen gut gefüllt.
Neben den Juristen profitiert auch der Staat: Beantragt ein Elternteil Sozialleistungen, erpressen Behörden gerne Klagen seitens des Sozialleistungsbegehrenden, um damit an den Unterhalt des anderen Elternteils heranzukommen, damit staatliche Hilfen maximal gekürzt werden können. Es geht dabei allein um die Minimierung eventueller Sozialleistungen um jeden Preis, das Kindeswohl spielt dabei keine Rolle.[2]
Die Unterhaltsrechtsprechung selbst ist extrem umfangreich und kompliziert. Die Unterhaltsrechtsprechung kann hier also nur in groben Pinselstrichen dargestellt und auf ihre zerstörerische Wirkung auf das Familienkonzept abgeklopft werden.
Um das „Unterhaltsmaximierungsprinzip“ aufzuzeigen, reicht es nicht den Buchstaben des Gesetzes zu studieren, es muss diese Rechtspraxis vor allem anhand von Richterurteilen aufgezeigt werden.
Zuviele Menschen glauben noch in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat zu leben, und sie glauben an die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Um dies an der Praxis des Unterhaltsrechts in Deutschland zu überprüfen, sollen zwei Urteile zusammenfassend dargestellt werden:
Zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit
OLG Koblenz vom 9.7.2007 – 13 UF 299/07
Kindesunterhalt wird nicht gezahlt, der Pflichtige wird verklagt, aber er verdient zu wenig. Das Gericht entscheidet:
Das klagende Kind kriegt keine Prozesskostenhilfe, weil seine Klage auf Unterhalt aussichtslos ist.
Arbeitsplatzwechsel ist nicht nötig und nicht zumutbar.
Bewerbungen auf andere Jobs wurden nicht vorgelegt, sind auch nicht nötig.
Nebenjob ist nicht nötig.
Zusammenleben mit neuem Partner ist irrelevant, der Selbstbehalt wird deswegen nicht abgesenkt.
Umzug näher zum Arbeitsort ist nicht nötig, obwohl dadurch Fahrtkosten eingespart werden würden.
Kindesunterhalt kann nicht voll gezahlt werden, wird aber verlangt. Der Pflichtige verdient zu wenig, er klagt auf Herabsetzung. Das Gericht entscheidet:
Der klagende Pflichtige kriegt keine Prozesskostenhilfe, weil die Klage auf Herabsetzung aussichtslos ist.
Arbeitsplatzwechsel ist unbedingt nötig und zumutbar, obwohl er bereits Vollzeit arbeitet. Er hat sich im gesamten deutschen Sprachraum zu bewerben, also auch ausdrücklich beispielsweise in Österreich.
Bewerbungen wurden vorgelegt, es sind aber hauptsächlich nur „Blindbewerbungen“, das „bleibt hinter den Obliegenheiten“ zurück.
In Österreich könnte er mit Zeitarbeit 1300 € verdienen wie das Gericht behauptet, also fiktives Einkommen.
Die Bindungen an seine Heimat sind irrelevant.
OLG Dresden, Beschluss vom 25. Juli 2007, Az 20 UF 444/07 § 1603 II BGB: Pflicht zur Arbeitssuche im gesamten deutschsprachigen Raum FamRZ 2008, Band 55, Ausgabe 2, S. 173
Wer sich darüber wundert, dass zwei fast zeitgleiche Urteile zur „erhöhten Erwerbsobliegenheit“ so unterschiedlich ausfallen, dem sei noch gesagt, dass im 1. Fall der Pflichtige die Mutter, im 2. Fall aber der Vater ist.[3] Damit ist dokumentiert, wie Frauenbevorzugung trotz geschlechtsneutral formulierter Gesetze betrieben wird.
Ein weiteres charakteristisches Beispiel zeigt, welche bizarren Blüten die unterschiedliche Anwendung der Erwerbsobliegenheit treibt. Die verheiratete Mutter zweier Kinder, die als Domina tätig war, zahlt zwischen 1997 und 2007 Alimente nur verspätet oder überhaupt nicht. Nachdem sie zunächst wegen Vernachlässigung der Unterhaltspflichten schuldig gesprochen wurde, und das Urteil in zweiter Instanz bestätigt wurde, hob das Schweizer Bundesgericht das Urteil als willkürlich auf. Laut den Richtern ist der Vorwurf, nicht genug Freier bedient zu haben, bereits mit Blick auf das „Recht der persönlichen Freiheit und der sexuellen Selbstbestimmung“ heikel.[4] Diese Rechtsprechung muss vor dem Hintergrund eines Prostituiertengesetzes, welches Prostitution zu einem ehrbaren Beruf erhob, gesehen werden. Solange Erwerbsarbeit mit sexuellen Dienstleistungen der Selbstverwirklichung von Frauen dient, gilt das als selbstbestimmte Ausübung einer freien Berufswahl, sobald daraus aber eine Unterhaltsverpflichtung bedient werden soll, ist dies nicht statthaft. Plötzlich wird das „Recht der persönlichen Freiheit“ und die „sexuelle Selbstbestimmung“ der Frau (wieder)entdeckt. Man kann zur Prostitution stehen wie man will, aber in diesem Beispiel werden die doppelten Standards deutlich, die in unserem Rechtssystem etabliert sind: Dort, wo es den Frauen nützt, werden Frauenrechte verwirklicht, wo Pflichten auf Frauen zukommen, werden sie davor in Schutz genommen.
Männer warten erwartungsvoll auf den Familienrichter, der nach einer Scheidung das Recht auf „persönliche Freiheit“ und „gesundheitliche Selbstbestimmung“ für Möbelpacker, Schlachthausmitarbeiter, Kanalreiniger oder Soldaten im Afghanistaneinsatz entdeckt. Die Rechtswirklichkeit sieht allerdings anders aus. Der Richter erlaubt nur einer Frau, ihre gut dotierte Stelle (etwa als Domina) nach freiem Belieben aufzugeben. Ist der Unterhaltspflichtige allerdings ein Mann, dann klingt es ganz anders:
„Die Reduzierung eines Einkommens ist unterhaltsrechtlich unbeachtlich, wenn sie auf einem freiwilligen Wechsel des Arbeitsplatzes in eine schlechter bezahlte Stelle beruht.“ [5]
In der Urteilsbegründung liest sich das so:
„Im Rahmen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht ist nämlich der Antragsgegner gehalten, alles zu unterlassen, was seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen könnte. Hierzu zählte bei der heutigen Arbeitsmarktsituation auch die freiwillige Aufgabe eines ordentlich dotierten Arbeitsplatzes, ohne eine adäquate neue Arbeitsstelle zu haben.“ [6]
Der Staat greift hier tief in die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit eines freien Bürgers und Leistungsträgers der Gesellschaft ein. Knackpunkt an der Entscheidung ist, dass es sich nicht um einen Mangelfall handelt. Der Vater zahlt Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle und er soll aus seiner Heimat vertrieben werden, um noch mehr zu zahlen. Das OLG Köln streicht mal eben den § 1603 BGB. Der Vater zahlt mehr als 100 % des Mindestunterhalts und wird auch im neuen Job mehr wie 100 % bezahlen. Bisher waren berufliche Veränderungen erst verboten, wenn dadurch ein Mangelfall entstand, d. h. eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit bestand. Das ist in § 1603 BGB begründet: Erst wenn jemand Mangelfall ist (Absatz 1), greift die gesteigerte Erwerbsobliegenheit (Absatz 2). Einen Paragraphen, der eine gesteigerte oder auch nur eine einfache Erwerbsobliegenheit für Nicht-Mangelfälle festlegt, gibt es nicht.[7]
Diese Beispiele belegen, wie unter dem Deckmantel vordergründig geschlechtsneutral formulierter Gesetze einerseits Frauenbevorzugung und bei Männern andererseits Unterhaltsmaximierung praktiziert wird. Mit dieser Rechtsprechung wird „Familiensolidarität“ zerbrochen, ohne damit die versprochene neue „Geschlechtergerechtigkeit“ herzustellen.
Vertreibung eines Vaters durch Zwangsverkauf einer Immobilie, OLG Nürnberg 11 UF 806/10, Urteil vom 3. November 2010
Ein Vater wird unterhaltspflichtig gemacht. Er übernimmt das gemeinsame Haus samt Schulen bei der Scheidung. Dem Wert des Hauses von 140.000 Euro stehen Schulden von 135.000 Euro gegenüber. Desweiteren bestehen Schulden in Höhe von 25.000 Euro an die Eltern und 11.000 Euro an eine Tante, die sich an der Finanzierung beteiligt haben. Gegenüber der Bank sind monatliche Raten in Höhe von 682 Euro zu zahlen. Der Amtsrichter verpflichtet den Mann zu einem Nebenjob, obwohl dieser sogar am Wochenende noch Bereitschaftsdienste machen muss.
Das OLG sieht zwar keine Pflicht zu einem Nebenjob, aber zum Verhängnis wird dem Hauseigentümer, dass er ganz zu Anfang den Wert der Immobilie auf 200.000 Euro geschätzt und erst später auf 140.000 Euro korrigiert hat. Für das OLG ist aber die alte Zahl wie eine unumstößliche Offenbarung aus der Bibel und so ergeht das Urteil: Verkaufen!
Das Beweisangebot in Form eines Sachverständigengutachtens komme zu spät, Fakten spielen schließlich keine Rolle, wichtig ist nur Unterhalt. Für dieses Vorgehen gibt es sogar einen geeigneten Paragraphen:
„Danach können in Familienstreitsachen, hierzu gehören gemäß § 112 Nr. 1 FamFG auch Verfahren zum Kindesunterhalt gemäß § 231 Abs. 1 FamFG, Angriffs- und Verteidigungsmittel, die nicht rechtzeitig vorgebracht werden, zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichtes die Erledigung des Verfahrens verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.“
Was unter „Grobe Nachlässigkeit“ zu verstehen ist, liegt natürlich im Ermessen der Richter. Es muss – koste es, was es wolle – Unterhalt fließen, und so muss der Hauseigentümer eine 140.000 Euro-Immobilie also für 200.000 Euro verkaufen. Es ist fraglich, dass ein Käufer 200.000 Euro nur deswegen hinlegt, weil ein Richter das so meint. Nach dem Kalkül des Richters sollen 24.144,35 Euro für Unterhaltsleistungen übrig bleiben. Hokuspokus, und wieder hat ein Richter fiktives Geld für vollen Unterhalt hervorgezaubert. Ob die neue Familie damit auf der Straße steht, was kümmert das den Richter? Wenn der Verkaufspreis nicht zu erzielen ist, wen interessiert das?
P aus dem TrennungsFAQ zieht das Fazit:
„Das alte Mantra bewahrheitet sich wieder, Immobilienbesitz ist für einen Unterhaltspflichtigen immer ein tödliches Gift. Immobilien machen unflexibel, sind ein gefundenes Fressen für Parasiten aller Art, sie wecken Neid, ganz egal wie belastet sie sind. Es läuft auf Vertreibung und Enteignung hinaus oder man macht sich dabei kaputt, das Ding irgendwie zu halten. Der Vater sollte die Bankraten nicht mehr zahlen, noch ein Jahr drin wohnen bis das Ding zwangsversteigert wird. Der übrigbleibende Schuldenberg wird irgendwann über eine Insolvenz verdampft. Das Ergebnis ist dasselbe, aber er spart sich jede Menge Stress und hat sogar noch massenhaft Anzündpapier, weil die Ex und die hinter ihr stehende gesamte Rechtspflege das alles mit endloser schriftlicher Krakeelerei begleiten werden.“
Beweislast bei Befristung nachehelichen Unterhalts, BGH XII ZR 175/08, Urteil vom 24. März 2010
Unbegrenzte Unterhaltszahlungen werden zum Standardfall, für alles andere muss der Pflichtige Nachweise vorlegen. Es findet eine Beweislastverschiebung auf den Unterhaltspflichtigen statt, wenn er Unterhalt herabsetzen oder befristen will. Prima Idee! Man sollte einfach behaupten, man wäre beim Staat angestellt und solange Lohnbezüge einfordern, bis der Staat mit einer erfolgreichen Klage nachweist, dass dem nicht so ist.
Wenn es darum geht, die Versorgung einer Mutter nachhaltig – also unbefristet – aus privater Hand zu sichern, werden deutsche Richter sehr kreativ. Nachdem dem Leistungsträger die „Darlegungs- und Beweislast“ auferlegt wurde, erfindet die Richterschaft die „sekundäre Darlegungslast“. Die Kette, die vom BGH aufgebaut wird, ist folgende: Erst einmal gilt unbegrenzte Unterhaltspflicht als Standardfall. Wenn keiner etwas sagt, das nach Meinung des Gerichts Beweiskraft hat, muss unbegrenzt Unterhalt gezahlt werden. Will der pflichtige Leistungsträger das nicht, muss er darlegen und beweisen, damit Unterhalt befristet wird. Er argumentiert zum Beispiel, es seien der Mutter keine ehebedingten Nachteile entstanden. Nun endlich, nachdem eine Befristung auf dem Tablett liegt, muss die berechtigte Leistungsempfängerin mit ihren Argumenten rausrücken, warum ihrer Ansicht nach ehebedingte Nachteile vorhanden sind. Ihre Beweispflicht entsteht erst im Kielwasser des Standardfalls und des Gegenvorbringens des Pflichtigen – Das ist „sekundäre Beweispflicht“ nach Definition des BGH. Das vom Gesetzgeber vorgegebene Prinzip, Unterhalt im Regelfall auf drei Jahre zu begrenzen, wird so zugunsten von möglichst langen Unterhaltszahlungen verbogen.
Mit dieser Kreativität betreiben deutsche Richter Rechtsbeugung im Unterhaltsrecht. Das geltende Recht, niedergelegt im § 1569 BGB, „Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen.“ wird von den Richtern ins Gegenteil verkehrt. Das Gesetz fordert: Eigenverantwortung als Regel und Fremdfinanzierung per Unterhalt als Ausnahme, die zu begründen wäre. Die Richter praktizieren das Gegenteil.
Lebenslanger Betreuungsunterhalt, BGH XII ZR 204/08, Urteil vom 17. März 2010
Ein entsorgter Vater hat lebenslang an die Exfrau Betreuungsunterhalt zu zahlen, bis runter auf 900 € Selbstbehalt. Mit der Selbstbehaltsreduzierung von 1000 auf 900 € beim Ehegattenunterhalt (nicht Kindesunterhalt!) wird eine neue Stufe im Unterhaltsmaximierungsprinzip betreten. Der Leistungsträger wird lebenslang ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Bei drei Kindern nützt es ihm auch nichts, sollte mal eines der Kinder nicht mehr unterhaltsberechtigt sein (etwa durch Volljährigkeit), weil bei einem Mindestbedarf von 770 € Betreuungsunterhalt dann einfach die andere Unterhaltsart steigt.
Kein Einspruch eingelegt, somit keine spätere Abänderung möglich
Ein Versäumnisurteil gibt es, weil der Beklagte sich nicht gewehrt oder mitgespielt hat. Somit ist gerichtlich festgestellt, dass die Einkommensverhältnisse unbestimmt weil nicht vorgetragen sind, auf jeden Fall aber Mindestunterhalt zu zahlen ist. Alle Abänderungsklagen in der Zukunft gehen nun von der Referenz „Einkommensverhältnisse unbestimmt“ aus. Der Unterhaltspflichtige kann also vortragen, was er will, eine Änderung seiner Verhältnisse kann er mangels Differenz zum vorigen Zustand gar nicht liefern. Er verliert automatisch.
Da bleibt nur noch eins: Überhaupt nichts mehr zahlen, weil man eh verliert und pleite ist. Wozu also noch lange rumzappeln?
Der BGH begeht hier einen klaren Rechtsbruch, weil § 1603 BGB keine solchen Erfordernisse kennt. In § 1603 gibt es keine Zeit- oder Erfordernisschranken, abzustellen ist also auf die momentane, tatsächliche Fähigkeit, Unterhalt zu bezahlen. Alles andere haben sie sich über die Jahre rechtsschöpferisch selbst zusammenerfunden und bleibt übelste Trickserei über ein Verfahrensrecht, das für ganz andere Fälle gedacht war.
Der unterhaltspflichtige Vater ist Polizist, er verdiente im Jahre 2005 genau 1523,77 EUR pro Monat. In der Klageschrift des Verfahrens mit Versäumnisurteil wurden ihm 2255 EUR unterstellt – stimmte aber nicht, weil Splittingvorteil, Ortszuschlag, Verheiratetenzuschlag weggefallen sind. Es ist den BGH-Richtern also absolut klar gewesen, wie die tatsächlichen Verhältnisse waren. Die wussten auch, dass er in Wechselschicht arbeitet und zudem als Polizist keine Nebenjobs annehmen darf. Sie haben ihn also mit voller Absicht objektiv zu einer Unterhaltshöhe verurteilt, die unmöglich zu erwirtschaften ist, auch bei höchsten Anstrengungen nicht. Gesagt wird ihm, das Versäumnisurteil sei nicht „frei abänderbar“. Er hätte mit einem Einspruch gegen das Versäumnisurteil vorgehen müssen. Sein Pech ist, dass die Einspruchsfrist schon drei Jahre abgelaufen ist. Der fiktive Einspruch hätte also damals zu 1834 EUR anrechenbarem Einkommen geführt. Die 2255 EUR des Versäumnisurteils wären „fingierte Verhältnisse“ gewesen. Seither hätten sich die Umstände nicht geändert.
Hier sind keine kleinen Dorfrichter am Werk, sondern höchstdekorierte BGH-Richter, Rechtshüter auf oberster Ebene. Das BGH-Urteil geht für die Zulässigkeit der Abänderungsklage von den erwiesen falschen Voraussetzungen der Versäumnisklage aus, für die Höhe des Unterhalts jedoch vom Urteil des Versäumnisverfahrens. Die Richter anerkennen also eine unmögliche Unterhaltshöhe, tricksen jedoch mit den Buchstaben der ZPO-Texte so lange herum, bis die Unmöglichkeit entsteht das zu ändern.
Im Ergebnis behaupten die Richter in der Urteilsbegründung, den Unterhalt von 1207,70 EUR könne der Kläger unter Wahrung seines notwendigen Selbstbehalts in Höhe von 900 EUR leisten, und: „Entgegen der Auffassung des Klägers belastet ihn dies nicht in verfassungsrechtlich unzumutbarer Weise.“
Diese Rechtsprechung ist vor den häufig getätigten Aussagen von Richtern, AnwältInnen und JugendamtInnen zu sehen, die pflichtigen Männer würden sich „arm rechnen“ und „mit dem Einkommen tricksen“. Der obige Fall wird in der Statistik als Unterhaltspflichtiger gewertet, der trotz ausreichendem Einkommen (richterlich bestätigt!) zu wenig Unterhalt für seine Kinder bezahlt. Ein Drückeberger!
Dem ausgeurteilten Vater verbleiben nun für seinen Wechselschichtjob mit 41 Wochenstunden die unpfändbaren 635 € und ein um rund 300 € monatliches Anwachsen der Unterhaltsschulden, die mittlerweile längst das bezahlbare Maß überschritten haben.
Keine Restschuldbefreiung für verletzte Unterhaltspflichten
Die Bundesrichter in ihrer rechtsschöpferischen Tätigkeit definieren mal eben das Strafrecht um und führen bei § 170 StGB einen nicht genannten Straftatbestand ein. Handlungsmaxime: Wer den Staat was kostet, ist schuldig und der ewigen Verdammnis bzw. lebenslang dem Schuldturm zu überantworten.
Der Bundesgerichtshof ignoriert in seiner Erhabenheit die Einschränkung der vorsätzlichen unerlaubten Handlung. Eine Verurteilung nach § 170 kann mit viel Rechtsbeugung vielleicht pauschalisierend als unerlaubte Handlung hingedreht werden, aber die Vorsätzlichkeit keineswegs, zumal sie beim § 170 vollkommen irrelevant ist. Die Vorsätzlichkeit wurde auch im Urteil nicht geprüft, jedenfalls steht darüber nichts in der Begründung. Weiterhin ist der Begriff der „unerlaubten Handlung“ aus InsO § 302 nicht deckungsgleich mit einer Tat nach § 170 StGB. Aber das ließe sich noch hinbeugen. § 174 Abs. 2 InsO sagt lediglich aus, dass der Gläubiger die Gründe anzugeben hat, „aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt.“
Voraussetzung ist, die Handlung muss vorsätzlich und unerlaubt begangen worden sein.
Eine Vermutung aufgrund einer nicht vorhandenen Arbeitslosenmeldung ist, was sie ist: Eine bloße Vermutung. Wenn das Gericht dies nicht einmal überprüft, dann ist das so genannte „Recht“ endgültig im Sumpf der Willkür versunken und der persönlichen Launenhaftigkeit von Richtern anheim gegeben. Schließlich gibt es viele Gründe, sich nicht arbeitslos zu melden, etwa eine Krankheit. Eine Nicht-Meldung ist noch kein Beweis für eine unerlaubte Handlung und erst recht kein Beweis für Vorsätzlichkeit.
Unterhalt vom anderen Ufer, BGH XII ZR 7/05, Urteil vom 16. April 2008
In diesem bizarren Fall waren Frau und Mann 26 Jahre miteinander verheiratet, mit fünf ehelich geborenen Kindern, als die Frau über Nacht auszieht, direkt in die Wohnung ihrer lesbischen Liebhaberin. Die Kinder, um die sie sich nicht weiter kümmert, lässt sie beim Vater. Frau hätte trotzdem gerne Unterhalt für sich kassiert und klagt deswegen 2003 und bekommt diesen auch 2004 vom OLG Brandenburg zugesprochen. Im Jahr 2008 urteilte dazu der BGH.
Ob sie überhaupt Kindesunterhalt zahlt, ob sie selber arbeitet, erfährt man nicht. Der BGH stellt auch nicht darauf ab. Er verweist die Sache ans OLG zurück, greift dazu aber tief in die Mottenkiste der kuriosen Begründungen, nämlich den Härtefall nach § 1579 Nr. 7 BGB: Lesbisch zu werden sei Privatsache, aber aus der Ehe direkt zur Loverin auszubrechen könnte ein schwerwiegendes Fehlverhalten sein.
„Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes ist dabei nicht in der Trennung als solcher zu sehen; es steht dem Unterhaltsberechtigten frei, die eheliche Lebensgemeinschaft aufzuheben. Wesentlich ist vielmehr, dass er sich zu seinem Verhalten in Widerspruch setzt, wenn er sich einerseits aus den ehelichen Bindungen löst, andererseits aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert. Insofern wird das Prinzip der Gegenseitigkeit verletzt, wenn der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen kann, führt dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint.“
Das ist natürlich ein Treppenwitz des Unterhaltsrechts, denn jeder Ehebruch mit Unterhaltsforderung würde dann zur Unterhaltsverwirkung führen und das Schuldprinzip wäre wieder eingeführt. Der BGH traut sich auch nur, so etwas für den höchst seltsamen Fall einer Ehe mit fünf Kindern und lesbisch gewordenen Frau zu urteilen und gibt damit indirekt auch den Tipp, erstmal nicht gleich offiziell ins fremde Bett zu hüpfen, sondern erst noch einen Zwischenstopp im nächsten Frauenhaus oder in der eigenen Wohnung einzulegen, damit alles „seine Richtigkeit“ hat.
Jedes OLG muss offenbar seine Rechtsbrüche einzeln korrigiert bekommen
Urteile zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit kommen fast monatlich vom BVerfG. Jedes OLG muss offenbar seine Rechtsbrüche einzeln korrigiert bekommen.
Mutter für volljähriges Kind nicht unterhaltspflichtig
Vater und Mutter geschieden, Vater neu geheiratet und ein weiteres Kind. Tochter aus erster Ehe studiert und verklagt nur den Vater auf Unterhalt, da Mutter nicht leistungsfähig ist. Mutter lebt von neuem Ehegatten getrennt und verlangt von diesem keinen Trennungsunterhalt. Dieser (übrigens der Prozessbevollmächtigte der Tochter) unterstützt die Mutter lediglich mit kleineren darlehensweise zur Verfügung gestellten Geldbeträgen.
Urteil: Der Vater darf von seinem Gehalt Unterhalt und Studiengebühren (Mehrbedarf) zahlen. Die Mutter ist nicht unterhaltspflichtig, da auf lediglich fiktiven Einkünften im Wege der Vollstreckung nicht zurückgegriffen werden kann. Damit ist ihr Anspruch auf Trennungsunterhalt gemeint! Den macht sie aber nicht geltend.
Der Vater hat weiterhin seine private Rentenversicherung ruhend zu stellen.
Bevor man also die Mutter arbeiten schickt oder etwa sie dazu verpflichtet, Unterhalt von ihrem zweiten Ehegatten einzuklagen, plündert man lieber den Vater (den entsorgten ersten Ehegatten) eines volljährigen Kindes.
Das Amtsgericht Nordenham hat einem Vater eines bei der Mutter lebenden halbwüchsigen Sohnes als Sonderbedarf für die getrenntlebende Ehefrau auferlegt, die von dem Sohn im Haushalt der Mutter verursachten Telefonkosten für Servicenummern in Höhe von 500 Euro hälftig zu tragen.
Dieses schöne Beispiel zeigt, wie im Einzelfall deutsches Familienrecht zu bizarren Folgen führt. Wenn eine das Kind betreuende Mutter nicht in der Lage ist, Kosten aus Telefonsexgesprächen ihres Sohnes zu verhindern, wäre zu überlegen, ob der Sohn nicht besser in den Haushalt des Vaters wechseln sollte. Der Vater könnte dann wenigstens für die Taten seines Sohnes auch tatsächlich und nicht nur rechtlich verantwortlich sein. Aber die deutsche Justiz begnügt sich damit, für das Unvermögen der Mutter den entsorgten Exmann haftbar zu machen.
Amtsgericht Nordenham, 4 F 329/02 UE, Urteil vom 3. Dezember 2002, veröffentlicht in FamRZ 9/2003, S. 630-31
Unterhalt bei Wiederheirat
Man sollte meinen, dass eine Frau nur einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Exmann geltend machen kann. Das deutsche Unterhaltsrecht basiert jedoch auf dem Sippenhaftgedanken: Geld wird grundsätzlich überall dort eingesammelt, wo es vermutet wird, nämlich nicht nur beim Pflichtigen, sondern auch in seinem Umfeld, zuallererst bei neuen Partnern. Dafür werden einfach verschiedene Tricks eingesetzt, um die Grenzen direkter Unterhaltsverpflichtungen zu umgehen.
Vor dem OLG Jena (Urteil vom 3.7.2008 – Aktenzeichen 1 UF 397/07) wurde ein Fall verhandelt, in dem ein volljähriges Kind Unterhalt vom Vater will. Von der Einkommenssituation der Mutter und was sie zahlt steht nichts im Urteil. Der Vater war pleite und arbeitslos, in Insolvenz, danach wieder als Hausmeister mit geringem Einkommen beschäftigt. Der Mann wird verklagt, Auskunft über das gesamte Einkommen seiner neuen Frau zu geben und zwar mit Nachweisen und Belegen.
„Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 07.05.2003, XII ZR 229/00; FamRZ 2003, 1836 – zum Elternunterhalt) hat der Unterhaltsverpflichtete nicht nur über seine eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu erteilen, sondern – falls dies von ihm verlangt wird – zusätzlich Angaben über die Einkünfte seiner Ehefrau zu machen, jedenfalls soweit diese erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können. Denn durch letzteren wird auch die eigene finanzielle Lage des Unterhaltsverpflichteten beeinflusst.“
„Soweit der Beklagte der Auskunftserteilung mit der zwischen ihm und seiner Ehefrau vereinbarten Gütertrennung begegnen will, so kann er hiermit nicht durchdringen. Denn die Form des gewählten Güterstandes hat auf den Familienunterhaltsanspruch keinen Einfluss. Ein etwaiger Verzicht auf zukünftigen Unterhalt ist nach §§ 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB unzulässig.“
Obwohl keinerlei Auskunftsanspruch zwischen Gatte und Gattin besteht, muss also Auskunft gegeben werden. Scheinbar großzügig wird nur ein Anspruch auf „grobe Information“ hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zugebilligt. Die genauen Details sind allerdings auch nicht wichtig, weil es nur darum geht, den Selbstbehalt des neu verheirateten Mann auf Null zu setzen, damit ihm Unterhalt abgepresst werden kann. Für den Familienunterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) sieht das Gesetz keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor, doch was sind schon solche Gesetze wert, wenn eine juristische Rabulistik nach dem Unterhaltsmaximierungsprinzip handelt? Dann heiligt der Zweck die Mittel. Vor diesem Hintergrund ist vor einer neuen Heirat zu warnen. Kein Vertrag, keine Gütertrennung schützt die neue Partnerin davor, sich offenbaren zu müssen und indirekt Unterhalt bezahlen zu müssen.[8]
Bei Unterhaltspflichtigen wird vom ersten Tag einer neuen Partnerschaft an rücksichtslos abgeräumt. Eine kräftige Selbstbehaltkürzung wegen gemeinsamer Haushaltsführung kann vom ersten Tag ihres Zusammenlebens mit einer neuen Partnerin ausgesprochen werden. Sogar das Einkommen ihrer neuen Partnerinnen wird indirekt für Unterhaltsforderungen herangezogen.
Die angebliche Existenz eines Selbstbehalts entpuppt sich als eine Fata Morgana des Familienrechts. Praktisch wird er nie wirksam, denn sobald der Selbstbehalt unterschritten werden würde, kann und wird er über „fiktives Einkommen“ oder einer Vielzahl anderer Tricks ausgehebelt. Als typische Standardbegründung wird angeführt, der Pflichtige würde sich nicht genug um gut bezahlte Arbeit kümmern oder keinen zusätzlichen Nebenjob in den Nachtstunden annehmen. Selbst wenn sich ein minderjährigen Kindern gegenüber Unterhaltspflichtiger genügend um eine Arbeit bemüht, so kommt es wegen der Zurechnung fiktiver Einkünfte auf seine reale Beschäftigungschancen an (OLG Frankfurt vom 06.06.2001 – 2 UF 374/00). Fiktives Einkommen, weil ein Arbeitsloser nicht von seinen Kindern quer durch den Staat wegziehen kann, wurde vom BVerfG in Az 1 BVR 2076/03 eingeschränkt. Außerdem ist immer der Einzelfall zu prüfen (BVerfG in Az 1BvR 2236/06 vom 14.12.2006). In der Praxis findet sich aber immer ein Grund, einem Pflichtigen fiktives Einkommen zuzurechnen, was übliches Zwangsmittel von Jugendämtern, Familienrichtern und Anwälten ist. Ein Geringverdiener wird dadurch faktisch zahlungsunfähig.[9]
Meist fließt das Einkommen der neuen Ehefrau auf indirektem Weg in die Berechnung der Unterhaltshöhe mit ein, weil der Selbstbehalt des Partners durch das Zusammenleben um 10-30 % verkleinert wird und sich damit dem Sozialgeldsatz annähert. Ähnliches gilt auch für Unterhaltsverpflichtete in neuer Partnerschaft ohne Trauschein! Gerade finanziell geknechtete Mangelfälle werden dadurch noch weiter unter Druck gesetzt.[10] Selbstbehaltverringerungen werden mit Mietersparnis und gemeinsamer Haushaltsführung begründet, wenn mit der neuen Partnerin zusammengewohnt wird. Der Unterhaltspflichtige fällt damit für die Erbringung von Familieneinkommen der neuen Familie weitgehend aus. Eine Zweitfamilie mit einem Unterhaltspflichtigen kann meistens überhaupt nur bestehen, wenn die neue Partnerin gut verdient. Dieser Sachverhalt ist unter „Zweitfrau“ und „Mehrehe“ zu vertiefen. Die steuerlichen Vorteile aus dem Ehegattensplitting der zweiten Ehe müssen voll für den Unterhalt von Kindern aus erster Ehe herangezogen werden (OLG München 19.04.2004 4 WF 137/04 gem. §§ 1603 BGB, 26a EStG). Auch hier sorgt die Existenz der neuen Frau für höhere Unterhaltspflichten des Partners an die Kinder der Erstfrau, mit denen sie eigentlich nichts zu tun hat. Wenn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen durch irgendeinen Umstand Richtung Null geht, muss er aus dem Taschengeld, das sich aus dem Einkommen der neuen Partnerin errechnet, Unterhalt leisten. In diesem Fall geht das Einkommen der Partnerin sogar direkt in den Unterhalt ein. Das finanzielle Risiko aus Arbeitslosigkeit wird allein auf der neuen Partnerin abgeladen, die Unterhaltsempfängerin wird von allen Risiken freigehalten. Ob Gütertrennung in der neuen Ehe vereinbart wurde, ist dabei irrelevant. Unter einigen weiteren Konstellationen zählt grundsätzlich das „Familieneinkommen“ der neuen Ehe, d. h. der neue Ehepartner wird voll in die Unterhaltspflicht mit einbezogen: Gemäß Urteil des BGH vom 12.11.2003 – XII ZR 111/01 muss der neue Partner den Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen decken, damit dieser Unterhalt bezahlen kann, was für den Pflichtigen einem Selbstbehalt von Null entspricht. In BGH vom 20.10.2003 – XII ZR 115/01 verurteilt das Gericht den Unterhaltspflichtigen aufgrund seines Familienunterhaltsanspruch gegenüber dem neuen Ehepartner auf Unterhaltszahlungen. Es besteht in diesem Fall ein Anspruch auf das hälftige Familieneinkommen in der neuen Ehe. Daraus ist Unterhalt zu bezahlen. Kritisch wird es besonders dann, wenn der Unterhaltspflichtige Mangelfall ist; diese Fälle nehmen aufgrund der ständig steigenden Unterhaltssätze und sinkenden Reallöhnen zu. Ganz anders bei der Kindesunterhalt kassierenden Mutter: Heiratet sie einen Millionär, verringert das ihre Ansprüche um keinen Cent. Weitere Überraschungen können durch ungünstige Erbfolge entstehen. Eigentum und Immobilien (z. B. ein selbst bewohntes Haus) der neuen Partnerin können beim Tod des Unterhaltspflichtigen an die Exfrau oder deren Kinder fallen, zu denen die neue Partnerin in keiner rechtlichen oder verwandtschaftlichen Beziehung steht, weil im Todesfall weiterhin Anspruch auf Unterhalt an die Exfrau in Höhe des Pflichtteiles besteht und auch seine Kinder aus erster Ehe erben würden.[11]
Es fällt auf, wie einerseits in Leitartikeln das „Ende der Hausfrauenehe“ beschworen wird[12] und wie wenig bei Frauen die Wahl auf Berufsarbeit fällt. Dabei war es gerade den Feministinnen ein so großes Anliegen, dass 1977 alle Ehefrauen die Wahlmöglichkeit zwischen Haushalt, Beruf oder einer Kombination aus beidem bekamen. Nach den Vorstellungen der Feministinnen sollten die Frauen nach „einigen Jahren der Isolation in Haushalt und Familie“ ihr „angeknackstes Selbstvertrauen“ dadurch überwinden, indem die „Familienmutter am 1. Juli vor ihren Eheherrn tritt, ihn auf seine Pflichten im Haushalt und bei der Kindererziehung hinweist und auf ihr Recht zur Selbstverwirklichung im Beruf pocht“.[13] Wie weit es damit her ist, sieht man spätesten dann, wenn aus dem „Recht zur Selbstverwirklichung im Beruf“ eine Unterhaltsverpflichtung für die Frau wird, wie das Beispiel der Domina anschaulich zeigt.
Tatsächlich hält das Unterhaltsrecht an der „Hausfrauenehe“ fest, wenn es darum geht, eine Mutter aus der früheren Beziehung für mindestens 3 oder 8 Jahre von allen Erwerbspflichten freizustellen und zu alimentieren. Eine unterhaltspflichtige Frau hingegen kann problemlos ihre Berufstätigkeit aufgeben. Nicht wenige Ehemänner wurden davon überrascht, wie ihre berufstätige Power-Frau erst ihre Arbeitsstelle aufgab, unter Mitnahme der Kinder ins Frauenhaus zog und ihn erfolgreich auf Trennungsunterhalt verklagte.
Während eine Frau weiterhin problemlos sich ihr Hausfrauendasein alimentieren lassen kann, erlebt ein Mann eine Überraschung, wenn er in zweiter Ehe eine Karrierefrau heiratet und als Hausmann sich um die Kinder kümmert. In diesen Fällen verlangen Richter, was sie von Frauen niemals verlangen würden, nämlich durch Berufstätigkeit den Familienunterhalt erwirtschaften und nebenbei eine Kinderbetreuung organisieren (und finanzieren), um die Berufstätigkeit trotz betreuungsbedürftigen Kindern zu ermöglichen. Das Kindeswohl spielt dann plötzlich keine Rolle mehr. Das sind Überlegungen, die bei der Berechnung der Unterhaltspflicht einer Trennungsfrau undenkbar sind.
Die Familienrechtsreform hat also nicht, wie gerne kolportiert wird, das Schuldprinzip oder die Hausfrauenehe abgeschafft. Es wurde lediglich der Mann vom weisungsbefugten Haushaltsvorstand zum rechtlosen Zahlesel degradiert. Eine auf Verantwortung und Vernunft basierte Familiengründung ist bei dieser Rechtslage nicht mehr möglich. Angesichts dieser Rechtswirklichkeit wird deutlich, dass Ehe und Familie nicht mehr den „besonderen Schutz der staatlichen Gemeinschaft“ (Art. 6 Abs. 1 GG) genießt, sondern zu einem Unterhaltsabzockmodell entartet ist.
Der Gesetzgeber hat ab 2008 die Unterhaltspflichten zeitlich begrenzt, damit Unterhaltsberechtigte darauf zurückgeführt werden, nach einer Scheidung finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Nach Willen des Gesetzgebers sollte ab 2008 Betreuungsunterhalt auf drei Jahre befristet werden. Bei Scheidung von „Hausfrauenehen“ sei, so formuliert das Ministerium rücksichtsvoll, „der Grundsatz der Eigenverantwortung etwas in Vergessenheit geraten“.[14]
Zu dem am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen neuen Unterhaltsgesetz beklagte Erika Andreß, Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts, Benachteiligungen für Frauen und Rechtsunsicherheit durch das Gesetz. Bisher konnte eine Frau frei entscheiden, ob sie nach einer Scheidung bald wieder arbeiten wollte, auch wenn sie kleine Kinder betreut, jetzt habe sie keine Wahl mehr. Emanzipation sei wünschenswert, sollte aber nicht zwangsweise herbeigeführt werden.[15]
Isabell Götz, Richterin am OLG München und stellv. Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages, hingegen sieht das etwas anders und erklärt, man habe sich bei dem Gesetz „für diese drei Jahre entschieden mit der Maßgabe, dass sich danach der Unterhaltszeitraum natürlich verlängern kann, aus Gründen, die in der Person des Kindes liegen oder in der Person der Mutter. Und bei den Gründen, die in der Person der Mutter liegen, muss ich als Richter natürlich auch schauen, gibt es da ein Vertrauen, dass in der Ehe aufgrund der vorhandenen Absprachen oder einfach des tatsächlichen gelebten Lebens entstanden ist, und das ich schützen muss, und weswegen ich dieser Mutter nun erlauben kann, und sogar muss, nur ganz eingeschränkt erwerbstätig zu sein. Also diese Möglichkeiten haben wir.“ [16] Die Richterin spricht hier unmissverständlich (nur) von Müttern.
Eva Möllring, CDU-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, präzisiert: „Wir [die CDU] hätten gerne den Unterhaltsanspruch verlängert und erhöht, sowohl für die geschiedenen als auch für die unverheirateten Mütter, [aber das wollten die Sozialdemokraten nicht mitmachen]. Wir haben jetzt im Gesetz drin […], dass der Unterhaltsanspruch MINDESTENS drei Jahre nach der Geburt gilt. Und in diesem MINDESTENS […] steckt eben, dass wir durchaus eine Verlängerung für sinnvoll halten. Nur das eben diese Verlängerung im Einzelfall geprüft und auch begründet werden muss.“ [16] Es geht also weniger darum, Frauen tatsächlich in die Berufstätigkeit und damit in die Eigenverantwortung zurückzuführen, sondern den Gerichten sollen noch mehr Eingriffsmöglichkeiten in familiäre Angelegenheiten gegeben werden. In erstaunlicher Offenheit bekennt Richterin Andreß, dass Gerichte sich in Zukunft verstärkt „mit hypothetischen Lebensläufen befassen“ müssen, weil Männer „ehebedingte Nachteile für die Ex-Partner auszugleichen“ haben.[15]
Die Kollegin in München, Richterin Götz, versichert einer Anruferin in einer Radiosendung, dass es für eine Frau reicht, einmal in ihrem Leben eine „Traumarbeitsstelle“ gehabt zu haben, und ihr Mann müsste ihr den Nachteil – der ihr daraus entsteht, dass sie aus freiem Willensentschluss ihre Traumarbeitsstelle aufgibt, ihrem Mann hinterherzieht und nach der Scheidung keinen vergleichbare Traumarbeitsstelle findet – „im Wege eines Aufstockungsunterhalt ausgleichen und zwar auch ohne jede Frist.“ [16]
Bei Frauen jedoch ist der Richterin ein unbestimmtes Wollen, ein unkonkretes „ich täte ja wollen, wenn ich könnte, aber man(n) lässt mich ja nicht.“, schon ausreichend. Richterin Götz drückt sich so aus: „Bei mir als Richter, ich habe es oft erlebt, dass viele Frauen gesagt haben: ‚Frau Götz, ich würde ja furchtbar gerne […] aber im Moment kann ich halt meinen Lebensunterhalt noch nicht selber erwirtschaften.‘ Also auch diese Tendenz, durchaus selbstständig sein zu wollen – die überwiegende Zahl der Scheidungsanträge wird ja auch von Frauen gestellt – die war da und die war sichtbar.“ [16] Wenn nur Männer auch RichterInnen so leicht überzeugen könnten: „Ich tät ja schon gerne Unterhalt zahlen, wenn ich nur könnte …“
Richterin Andreß meint: „Frauen sind mittlerweile auch in ihrer Partnerschaft selbstbewusster geworden. Dies ist unter anderem dem liberaleren Scheidungsrecht zu verdanken. Wenn eine Frau, die ihre Ehe nicht mehr ertragen kann, heute aber vor der Alternative steht, im Scheidungsfall voll arbeiten und ihren Kindern eine Ganztagsbetreuung zumuten zu müssen, wird sie vielleicht in der ungeliebten Beziehung bleiben. Das ist antiquiert.“ [15] Die Richterin hält es aber nicht für antiquiert, dass der Mann seiner Ex-Frau ihre liberale Lebensgestaltung finanziert. Sie mutet Männern zu, für Ex-Frauen zu arbeiten, und hält es gleichzeitig für unzumutbar, dass Frauen für ihren eigenen Lebensunterhalt arbeiten. Das lehnt sie als „erzwungene Emanzipation“ ab.
In der männlichen Lebenswelt ist es so, wenn ein Mann eine Traumarbeitsstelle aufgibt und später keine vergleichbare Stelle mehr findet, dann hat er einfach Pech gehabt. Es wird von ihm erwartet, das als normales Lebensrisiko abzubuchen und als solches hinzunehmen. Frauen soll aber das, was Männern zugemutet wird, nicht zugemutet werden. Emanzipation wird, wenn es in Pflichten ausartet, abgelehnt. Offensichtlich wird in weiten Kreisen die Auffassung vertreten, dass Frauen einerseits für ihre Lebensentscheidungen nicht verantwortlich gemacht werden dürfen und für alle erdenklichen Unpässlichkeiten im Leben der Frau der Ex-Mann verantwortlich zu machen ist, der die Frau für alle entgangenen (fiktiven) Lebenschancen zu entschädigen habe. Die Tatsache, dass diese Geisteshaltung in höchsten Richterkreisen in Deutschland vertreten wird, sollte Männern sehr zu denken geben.
Eva Möllring sieht es nicht ein, „dass eine neue Familie – die der Vater, der Geld verdient, gründet – eventuell finanziell besser gestellt wird als die erste.“ [16] Es wird vehement eine „Gleichstellung von nichtverheirateten und verheirateten Müttern“ gefordert. Abgesehen davon, dass auf diesem Wege die Frau, mit der eine Affäre bestand, mit der treuen Ehefrau faktisch gleichgestellt wird, dabei bleibt es nicht. Die richterliche Praxis führt dazu, dass die verheiratete Frau einer geschiedenen Frau gegenüber schlechter gestellt wird. Die verheiratete Frau muss gleich ihrem Ehemann den Gürtel enger schnallen, wenn der Mann seine Arbeit verliert oder aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten wesentlich weniger verdient oder erhebliche Vermögensteile verliert. Einer Geschiedenen muss das nicht kümmern und kann „das, was ihr zusteht“ ungeachtet der veränderten Lage einfordern. In einen jüngst entschiedenen Fall hatte der Financier Brian Myerson geltend gemacht, er habe seit der Scheidungsvereinbarung vor einem Jahr soviel Geld verloren, dass er nun sein gesamtes noch übrig gebliebenes Vermögen seiner Exfrau überlassen müsste. […] Die drei Richter erklärten, natürliche Preisschwankungen selbst in dramatischer Höhe seien kein ausreichendes Argument, um eine bereits erzielte Einigung zu revidieren. [17]
Der Bundesgerichtshof hat 2009 via Urteilsleitsatz tatsächlich einen pauschalen Freischein für unbefristeten und unbegrenzten Betreuungsunterhalt ausgeschrieben, obwohl § 1570 in Verbindung mit § 1578 b Befristung/Begrenzung zulassen:
„2. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin hat das Berufungsgericht gegenwärtig noch zu Recht abgelehnt. a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts ist jedenfalls nicht schon nach der Systematik des § 1570 BGB geboten. Danach steht dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt mit Verlängerungsmöglichkeit aus kind- und elternbezogenen Gründen zu. Der Betreuungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre des Kindes und ein daran anschließender weiterer Betreuungsunterhalt bilden somit einen einheitlichen Unterhaltsanspruch (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 4 f.). Nur dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- oder elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen, ist ein künftiger Betreuungsunterhalt abzuweisen (Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 83). b) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Schwab FamRZ 2005, 1417, 1419; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 155; Peschel-Gutzeit Unterhaltsrecht aktuell Rdn. 57; Viefhues/Mleczko Das neue Unterhaltsrecht 2008 Rdn. 335; Palandt/Brudermüller BGB 68. Aufl. § 1578 b BGB Rdn. 5).“ [18]
Wer immer noch nicht glaubt, dass Unterhaltsansprüche wie Kaugummi beliebig ausgeweitet werden können, der darf sich vom Bundesgerichtshof belehren lassen, wie mit Billigkeits- und Einzelfallbetrachtungen nahezu jeder Unterhaltsanspruch begründet werden kann:
„In die Billigkeitsbetrachtung sind also auch vom Gesetz nicht ausdrücklich aufgeführte Einzelfallumstände für oder gegen eine Herabsetzung oder Befristung einzubeziehen. Zum anderen hat das Berufungsgericht das in § 1578 b BGB zum Ausdruck kommende Regel-/Ausnahmeverhältnis verkannt. Die Herabsetzung oder Befristung ist nach § 1578 b Abs. 1, Abs. 2 BGB vom Familiengericht auszusprechen, wenn ein zeitlich oder der Höhe nach unbeschränkter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Aus § 1578 b BGB ergibt sich, dass die Herabsetzung wie auch die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt.“ [19]
„Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme!“
„Gleichzeitig stellte der Bundesgerichtshof klar, dass die Befristung des Unterhalts nach der gesetzlichen Regelung in § 1578b Abs. 2 BGB nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Familiengericht habe zu prüfen, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht, ob der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen, wie es das Berufungsgericht in offensichtlicher Verkennung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von Unterhaltsfortdauer und Befristung in § 1578b Abs. 2 BGB getan hatte.“ [20]
Bereits im Januar 2008 hatte Detlef Bräunig in der ARD Dokumentation „Jagd auf Rabenväter“ sehr richtig erkannt, dass das neue Gesetz sich aufgrund der vielen Ausnahmetatbestände als Farce herausstellen wird.[21]
Eine Änderung der Gesetzeslage wurde lange angekündigt. So formulierte beispielsweise der Bundestagsabgeordnete Norbert Eimer (FDP) im Jahr 1994: „Das Gesetz muss die Selbstverantwortlichkeit jedes Ehepartners nach der Scheidung stärker in den Vordergrund rücken.“ [22] Herausgekommen ist aber nur, wie gezeigt, eine stetige Ausweitung der Unterhaltsansprüche gegenüber dem Leistungsträger.
Der Betreiber des TrennungsFAQ gelangt im Oktober 2009 zu dem Fazit:
„Das Prinzip der Reform 1976 war: Beide ehemalige Ehegatten sind nach der Scheidung für sich selbst verantwortlich, mit ein paar Ausnahmen. Was die Gerichte aus den paar Ausnahmen gemacht haben (mit Zustimmung der Gesetzgeberin!), ist bekannt. Das Spiel ist seit Anbeginn immer dasselbe: Die Gesetzgeberin definiert keine anwendbaren Gesetze, sondern eine Paragraphen-Wolke (Behauptung: Der Einzelfall zähle) und spielt den Gerichten auf diese Weise den Ball zu. Die Gerichte nutzen das, um nach einem Unterhaltsmaximierungsprinzip zu verfahren. Das ist ganz im Sinne der Gesetzgeberin, spart es doch ein paar Euro Sozialleistungen und unangenehme Arbeitsaufforderungen an arbeitsunwilligen Exfrauen.“ [23]
Detlef Bräunig zieht im November 2010 folgendes Fazit für diese Rechtspraxis:
„Das Familiengericht urteilt den Unterhalt für die Exfrau nach Belieben ohne zeitliche Begrenzung. Wenn der unterhaltspflichtige Exmann nicht nach einigen Jahren eine Abänderungsklage führt; er muss also einen Gerichtsprozess anstrengen, dann wird er bis zu seinem Tod unterhaltspflichtig sein. Und so wird der unterhaltspflichtige Mann viele Abänderungsklagen führen, da der Unterhalt für die Exdame natürlich sozial verträglich gestaltet werden muss. Es muss festgestellt werden, dass dies eine ABM für Rechtsanwälte ist, denn in Familien- und Unterhaltssachen besteht Anwaltspflicht und somit dürften immer einige Tausend Euro fällig werden. Das neue Unterhaltsrecht 2010 hat eine große Änderung gebracht und zwar, dass die unehelichen Mamis nun genauso lange auf der Cashcouch ausharren dürfen, wie die verheirateten Exfrauen. Die Unterhaltsdauer für uneheliche Exfrauen ist nun auf Weltrekordniveau angewachsen und wird von keinem anderen Land getoppt. Nun sind alle sicherlich sehr froh, dass diese Ungerechtigkeit abgeschafft worden. Deswegen spricht die deutsche Justizministerin von einer Geldrente anstatt von Unterhalt. Einen besseren Begriff kann es nicht geben.“ [24]
Peter Tholey des „Väteraufbruchs für Kinder“ ergänzt 2011:
„Die Unterhaltspflicht setzt ohne Vorwarnung in dem Moment ein, wenn die Ehefrau Vorschuss verlangt. Es spielt eine Rolle, dass sie vorher sowieso über das ‚gemeinsame‘ Vermögen verfügen konnte und mit dem bisherigen Wirtschaftsmodell, das sie selbst mitgestaltet hat, gut versorgt war; sie kann problemlos das Konto plündern, mietfrei wohnen und gleichzeitig behaupten, der Mann zahle keinen Cent Unterhalt. Dass der Mann für die Kosten und Nebenkosten der ehemals ‚elterlichen Wohnung‘ aufkommt, wird nicht verrechnet, sie kann geltend machen, dass ihre – von ihr selbst herbeigeführte – neue Wohnsituation ein ‚aufgezwungener mietwerter Vorteil‘ ist, der nicht berücksichtigt wird. Sie kann außerdem durch ihren Anwalt vortragen lassen, es sei der ‚gemeinsame Lebensplan‘ gewesen, dass die Ehefrau ‚grundsätzlich nicht arbeitet‘. So sichert sie sich höchstmögliche Ansprüche; denn die begründen sich aus der Differenz von ihrem zu seinem Gehalt. Er kann sich nicht wehren. Die juristischen Mittel, die ihm verbleiben, gelten als ‚nachrangig‘ – das heißt: Sie werden erst behandelt, wenn es zu spät ist. Das gilt für die so genannte ‚negative Feststellungsklage‘, mit der er sich gegen überhöhte Ansprüche zur Wehr setzen kann, das gilt für Klagen wegen Prozessbetrug oder wegen falschen Verdächtigungen – all das steht zurück gegenüber den Eilanträgen einer Frau, die Unterhaltsvorschuss einfordert. Werden die Zahlungsverpflichtungen später korrigiert, werden überzahlte Beträge grundsätzlich nicht zurückerstattet, da sie als ‚verbraucht‘ gelten. Das so genannte Zerrüttungsprinzip ist zu einem ‚Mantel des Schweigens‘ geworden, das die Foulspiele, die heute dazugehören, abdeckt. So kann eine Frau durchaus zugeben, dass die ursprünglich erhobene Beschuldigung des Kindesmissbrauchs konstruiert war; es ändert sich nichts daran, dass ihr das Kind letztlich zugesprochen wird; denn nun ist die Ehe ‚zerrüttet‘ und eine gemeinsame Sorge ist nicht mehr möglich. Eine Frau kann so von der Zerrüttung profitieren, die sie selbst herbeigeführt hat, und sie wird dabei von einem Gericht unterstützt, das sie im Gefühl bestärkt, dass sie lediglich ihr ‚gutes Recht‘ wahrnimmt.“ [25]
Versorgungsmentalität und Moral
Karin Pfeiffer-Stolz schreibt in ihrem Blog:
Es gibt keinen Mißbrauch der Sozialeinrichtungen. Es gibt auch keinen Mißbrauch des Finanzwesens. Was wir derzeit erleben – beziehungsweise, was uns jetzt erst zu Bewußtsein kommt –, ist etwas ganz anderes: der durch und durch konsequente Gebrauch der Mittel und Werkzeuge, welche aufgrund bestehender Gesetze und Regeln öffentlich zur Verfügung stehen. „Das Gute, dieser Satz steht fest, ist stets das Böse, das man läßt!“ So spottete der Humorist und Zeichner Wilhelm Busch (1832-1908). Der Österreichische Philosoph und Staatswissenschaftler Leopold Kohr (1909-1994) schrieb, Tugend sei nichts als die Folge mangelnder Gelegenheiten. Wie verhält es sich mit der Vorstellung, daß Menschen in der Anonymität des Gesellschaftslebens freiwillig darauf verzichteten, sich mehr zu nehmen, als ihnen zugedacht ist? Transferzahlungen, Zuwendungen, Subventionen … all die schönen „kostenlosen“ Angebote des Sozialstaats, soll man denn darauf verzichten? Und das freiwillig? Der gesetzliche Rahmen, der das Erlaubte abstreckt, ist sehr elastisch, wie angesichts der aktuellen Vorgänge [auf dem Finanzmarkt] inzwischen jedermann erfährt, der es wissen will. Wie kommt es, daß jedermann sich über jedermanns Nehmermentalität empören zu müssen glaubt? Nimmt nicht jeder von ihnen ebenfalls ohne Zögern all das an sich, was sich in Reichweite befindet – zumal bereits in der Schule vermittelt wird, daß jedermann Rechte habe? [26]
Schon oft haben Männer von der Frau, der sie Unterhalt zahlen müssen, zähneknirschend vernehmen müssen: „Ich nehme mir ja nur, was mir zusteht!“. Nicht selten schlagen dann der Zorn und die Empörung Wellen. Doch ist diese Empörung wirklich gerechtfertigt, wenn diese Nehmermentalität bereits die gesamte Gesellschaft durchseucht hat? Die Frau muss ja mit unverständnisvollem Kopfschütteln mit dem Fingertipp an die Stirn rechnen, wenn sie sich nicht nimmt, was sie kriegen kann. Frauenrechtlerinnen und Rechtsanwälte stacheln sie noch zusätzlich an und stimulieren die Gier: „Warum wollen Sie sich mit weniger zufrieden geben?“
Wie elastisch der gesetzliche Rahmen ist, der das Erlaubte abstreckt, zeigt ein Urteil des Oberlandesgericht Karlsruhe vom 24. Mai 2011 (Az.: 18 UF 165/09).[27]
P aus dem TrennungsFAQ fasst zusammen:
Das OLG Karlsruhe gibt es uns schriftlich:
Die Unterhaltskassiererin darf beliebig über ihr Einkommen lügen: Keine Auswirkungen auf ihren Unterhalt.
Die Unterhaltskassiererin darf dem Pflichtigen eine Körperverletzung zufügen und ihn beliebig beleidigen: Keine Auswirkungen auf ihren Unterhalt.
Die Unterhaltskassiererin darf den Umgang mit dem gemeinsamen Kind blockieren: Keine Auswirkungen auf ihren Unterhalt.
Die Unterhaltskassiererin darf sich allen Verpflichtungen aus dem gemeinsamen Sorgerecht verweigern: Keine Auswirkungen auf ihren Unterhalt.
Die Unterhaltskassiererin darf gerichtliche Beschlüsse über Verpflichtungen gegenüber dem Vater komplett ignorieren: Keine Auswirkungen auf ihren Unterhalt.
All dies seien keine „schweren“ Verfehlungen, die eine Unterhaltsverwirkung oder auch nur Verminderung bedingen könnten.[28]
Karin Pfeiffer-Stolz schreibt über einen Gymnasiallehrer, dem der Gedankengang fremd ist, „daß sich ein staatsmonopolistisches, planwirtschaftlich nach sozialistischen Denkmustern geprägtes Schulsystem gar nicht anders entwickeln kann als in die so heftig beklagte Richtung. Eltern und Schüler, die in diesem Chancenumverteilungssystem bestehen wollen, müssen sich genau der Werkzeuge bedienen, die sich in einem solchen System als erfolgreich erweisen: Tricks, Lügen, Einschüchterung, Überredung, Drohung, Bestechung, Sophistik, Verleumdung, Denunzierung und was die Waffenkiste sonst noch an Streitwerkzeugen hergibt. Wie sonst soll man sich verhalten, wenn persönliche Leistung und Könnerschaft als Kriterium für die Zulassung zu gesellschaftlichem Aufstieg außer Kraft gesetzt sind?“ Sie schlussfolgert: „So bedrückend und ärgerlich die Realität auch sein mag: die Ursache dafür ist nicht in einem vermuteten Anschwellen menschlicher Bosheit zu suchen, sondern in der Tatsache, daß das Gesetz der Auslese durch Leistung ersetzt wurde durch die wertende Willkür eines anonymen Verwaltungsapparats. In diesem Umfeld gewinnt eben nicht der Fleißige und in der Sache Tüchtige, sondern der seine persönlichen Anliegen dreist und rücksichtslos Erzwingende. Längst sind die haltgebenden, organisch gewachsenen, vertikalen Leistungshierarchien einer horizontalen Verwaltung gewichen, längst sind Sachkompetenz und persönliches Engagement nur noch hinderlich für die berufliche Karriere.“ [26]
Die Grundlagen für die Versorgungsmentalität, die keine Gegenleistung kennt, werden seit über 40 Jahren schon im staatlichen Schulsystem gelegt und im Justizsystem weitergeführt, wie das zitierte Urteil des Oberlandesgericht Karlsruhe so beispielhaft demonstriert. Die dialektische Implikation des Unterhaltsrechts und seine verhaltenssteuernde Wirkung wurde bereits anhand einer Analyse des Joachim Wiesner dargelegt.[29] Das Unterhaltsmaximierungsprinzip nur mit einer „aus dem Ruder gelaufenen“ Rechtsprechung zu erklären, greift zu kurz. Karin Pfeiffer-Stolz merkt zu Recht an, dass in dieser Gesellschaft viel zu weitreichend moralische Grundlagen geschleift und echte Autoritäten demontiert wurden, als dass noch erwartet werden könnte, dass Menschen sich nicht nehmen, „was ihnen zusteht“. Diese egoistische Anspruchsmentalität, die um sich greift, droht nicht nur die Familien zu zerstören, sondern letztendlich die gesamte Gesellschaft.
Jagd auf säumige Unterhaltszahler
Die Zahlungsmoral beim Unterhalt ist bei zahlungspflichtigen Frauen geringer als bei Männern, wie die Proksch-Studie ergeben hat.[32]
Trotzdem spricht die Berichterstattung in den Medien immer nur von säumigen Vätern.[33]
Immer wieder werden Berichte in Umlauf gebracht, dass der Staat für Abermillionen Euro Unterhalt aufkommen müsse, weil Väter nicht zahlen.
Es sei nicht einzusehen, dass deutsche Steuerzahler die Last verantwortungsloser Väter tragen müssten und so weiter.[34a]
2009 sollen Jugendämter 819 Millionen Euro für Unterhaltsvorschüsse aufgewendet haben. Berücksichtigt man, dass in jedem fünften Fall der Vorschuss vom Kindesvater zurückgeholt werden kann, verbleiben 655 Millionen Euro.[34b]
Diese Summe klingt zunächst viel, wirkt aber relativ banal, wenn man erfährt, dass Deutschlands Kommunen für die Entfernung ausgespuckter Kaugummis jährlich etwa 900 Millionen Euro ausgeben.[35]
Immer wieder wird zur Jagd auf säumige Unterhaltszahler geblasen. Regelmäßig ist das erfolglos, weil die meisten Väter, die keinen Unterhalt zahlen, Mangelfall sind und nicht zahlungsfähig sind. Das wollen die Betreiber des Unterhaltsmaximierungsprinzips aber meistens nicht einsehen.
Ein Grund liegt im sinkenden Einkommen der unterhaltspflichtigen Väter. Liegt das Einkommen nach allen Abzügen unter dem so genannten Selbsterhalt von etwa 900 Euro, muss der Vater keinen Unterhalt zahlen. Bei geringem Einkommen kann vielleicht noch für ein Kind Unterhalt gezahlt werden, bei zwei oder drei Kindern lang das Geld dann nicht mehr. Dafür müsste der Vater schon richtig gut verdienen.[36]
Wenn ein unterhaltspflichtig gemachter Vater aber „dauerhaft nicht leistungsfähig“ ist, führen „Beitreibungsversuche“ lediglich zu Kosten und sind „wirtschaftlich fragwürdig“.
Trotzdem ist die Empörung über nicht zahlende Väter groß. Für Jugendarbeiterin Astrid Leonhardt handelt es sich um einen Straftatbestand und kein Kavaliersdelikt. Und: „Viele Väter rechnen sich arm, tricksen und drücken sich vor ihrer Verantwortung“, empört sich nicht nur die ehemalige Sozialministerin und jetzige Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen Christine Lieberknecht.[37] Sie weiß auch: „Gerade säumige Väter versuchen oft mit allen Tricks, ihre Einkünfte zu verschleiern.“[38]
Im Forum der TrennungsFAQ berichtet ein Vater, wie seine Exfrau über 2,5 Jahre neben Unterhaltsleistungen für das Kind auch Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt bezogen hat. Nach dem ersten Monat hatte er die Unterhaltsvorschusskasse informiert. Eine Anzeige gegen die Exfrau wegen Sozialbetruges gab es nicht, dafür prüfte das Jugendamt aber, ob das Geld noch mal vom Vater eingeholt werden kann. Auch solche Beträge sind in den publizierten Quoten enthalten.[39]
Ein Hamburger Versuch, Inkassobüros zu beauftragen, wurde seinerzeit wieder aufgegeben, nachdem man festgestellt hatte, dass der finanzielle Aufwand in keinem Verhältnis zu den beigetriebenen Beträgen steht.[40] Aber immerhin wird so in der Öffentlichkeit das Bild des Vaters als Rabenvater und der Mutter als bedürftige Alleinerziehende aufrechterhalten.
Entwicklung in Deutschland
Die Unterhalts- und Gerichtskostenmaximierung wird in Deutschland ins Extrem getrieben. Das Unterhaltsmaximierungsprinzip hat seinen Ursprung in der Erfindung der nachehelichen Solidarität. Die Titulierung von Unterhaltsforderungen hat in Deutschland vor 15 Jahren angefangen. Seither gab es alle zwei Jahre eine gravierende Verschärfung und Verschlimmerung:
Erfindung der Pflicht, einen Titel zu erstellen
Erfindung dynamischer Titel
Einführung grundsätzlicher Gültigkeit über die Volljährigkeit hinaus
Alle Standardformulierungen maximal ungünstig
Einführung einer Pflicht zu dynamischen Titeln
Einführung einer Pflicht zu unbegrenzt gültigen Titeln.
Inzwischen ist alles bis zum Anschlag ausgereizt und den Punkt erreicht, an dem nichts mehr zu verschlimmern ist, weil die Unterhaltsrechtsprechung maximal katastrophal für den Pflichtigen ist. Die Täter dieses beispiellosen Raubzuges tragen alle Roben oder sitzen auf Ministersesseln.[41]
Der Unterhaltszeitraum kann beliebig verlängert werden und ist nur in der Kreativität der Kindesmutter und ihrer Anwältin beschränkt, Gründe zu benennen, die in der Person des Kindes liegen oder in der Person der Mutter. Der Richter macht sowieso aus jedem Verfahren ein Einzelfall und winkt den Antrag auf Unterhaltsverlängerung in aller Regel durch. Die Rechtspflege produziert das Recht auch selbst, so sind beispielsweise im Unterhaltsrecht rund 99 % der „Regeln“ von den Richtern selbst geschaffen – Musterbeispiel dafür ist die Düsseldorfer Tabelle. Begriffsdefinitionen, gesetzesähnliche Konstrukte, Ideologien, all das produzieren die Richter selber. „Kindeswohl“ ist zum Beispiel ein rein von den Roben definierter Begriff und genauso katastrophal sind auch die Auswirkungen daraus.[42]
Es spielt auch immer weniger eine Rolle, ob eine Mutter verheiratet ist oder nicht. Das Unterhaltsmaximierungsprinzip schlägt auch gleichermaßen zu bei der dreifachen deutschen Mutter, deren Mann sich mit einer zwanzig Jahre jüngeren Frau auf Mallorca vergnügt[43] wie auch bei der Afrikanerin, die zur Unterhaltsoptimierung drei Kinder von drei deutschen Männern hat.[44] Der deutschen Rechtspflege und der HelferInnenindustrie ist das gleichgültig.
Eine Rechtspflege, die Familie total verrechtlicht und ein Unterhaltsrecht praktiziert, das Menschen mit voller Absicht gnadenlos vernichtet, gehört zerschlagen.[45]
Unterhaltsmaximierungsprinzip in Großbritannien
Auch in anderen Ländern wird nach dem Unterhaltsmaximierungsprinzip verfahren. Komiker John Cleese verdiente einst Millionen, nun ist er pleite. Als Monty-Python-Mitglied und Drehbuchautor von „Ein Fisch namens Wanda“ wurde er bekannt. Ein Scheidungsverfahren brachte ihn um sein Vermögen. Die Frau, die er einst mit ihren zwei Kindern 1992 aus einer Sozialwohnung rausgeholt hatte, bekam 8 Millionen britische Pfund zugesprochen und erhält nun darüber hinaus sieben Jahre lang je 600.000 £. Nun muss der Mann im Alter von 71 Jahren wieder arbeiten gehen, um die Scheidung zu finanzieren. Cleese: „Ich muss in jedem Jahr erst einmal eine Million verdienen, bevor ich auch nur einen Penny behalten darf.“ Er findet es unfair, dass, wenn beide heute sterben, ihre Kinder viel mehr als seine bekommen würden. Die Ehe mit Alyce Faye Eichelberger war kinderlos.[46]
Im Jahr 2010 wird die Schraube der Unterhaltsmaximierung weiter gedreht: Anwaltszwang im gesamten Unterhaltsrecht, höherer Unterhalt für Kinder, niedriger Selbstbehalt für Väter, Betreuungskosten als Mehrbedarf.
Michael G. Möhnle: „Was uns das bisher kostet: Kommerzialisierung der Familienjustiz“, 17. Juli 2008 (Jedes Jahr 218.000 Scheidungen mit 170.000 minderjährigen Kindern, 2005 wurden an Deutschlands Familiengerichten rund 600.000 Verfahren entschieden, (Gebühren)Streitwert zusammen rund 5,5 Mrd. Euro.)
[10] Der Mangelfall tritt ein, wenn das Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu niedrig ist, um den von Gerichten festgesetzten Mindestunterhalt zu bedienen.
[16] „Wer profitiert vom neuen Unterhaltsrecht?“, Deutschlandradio – Kontrovers am 23. März 2009 a) (14:15 Min.) b) (15:00 Min.) c) (20:00 Min. und 22:00 Min.) d) (13:50 Min.) e) (8:15 Min.)
[21] „Jagd auf Rabenväter“, ARD exclusiv, Januar 2008 , Ein Film von Rita Knobel-Ulrich; vergleiche auch: Scheidung: Frau kann lebenslang Unterhalt verlangen – Die Unterhaltsreform sollte eigentlich dafür sorgen, dass der besser verdienene Ehegatte seinen Ex-Partner nicht dauerhaft durchfüttern muss. Nun hat der BGH die Regelungen präzisiert. AZ: XII ZR 111/08, Focus am 28. Mai 2009
[25] Peter Tholey: „Wenn’s um Geld geht – Der Schaden für die Wirtschaft, das Rechtssystem, Kinder und Väter“, in: „Schlagseite – Mann und Frau kontrovers“, Klotz-Verlag 2011, ISBN 3-88074-031-3, S. 65-67
[29]Joachim Wiesner: „Vom Rechtsstaat zum Faustrechts-Staat: Eine empirische Studie zur sozialethischen und ordnungspolitischen Bedeutung des Scheidungs-, Scheidungsfolgen- und Sorgerechts“, Oder: Über die staatlich verursachte Paralyse von Rechtshandeln und Rechtsbewusstsein in der Bundesrepublik Deutschland, 1985
[43] „Unfair zu Muttchen“ titelte Sebastian Haffner 1976 einen Kommentar zum ersten damals gerade publizierten Gesetzentwurf. Er gilt als Meilenstein für die Unterhaltsgesetzgebung in Deutschland.
2.4.6. Das Unterhaltsmaximierungsprinzip
Das eigentliche Geschwür ist das Unterhaltsmaximierungsprinzip. Es ist die im deutschen Recht (nicht nur Familienrecht, auch Sozialrecht!) innewohnende Idee, möglichst ausgreifende, langdauernde Geldflüsse zwischen Privatleuten zu erzwingen, um staatliche Leistungen über das Zivilrecht loszuwerden.[1a]
Aus jedem Lebensdetail wird ein eigener Unterhaltsanspruch konstruiert, auch wenn sich die Begründungen einander diametral widersprechen sollten. Das einzige durchgängige Motiv dabei ist das Unterhaltsmaximierungsprinzip.[1b]
Die Rechtsprechung sieht die Beweislast immer beim Leistungsträger, der zu Unterhalt verpflichtet werden soll. Dahinter steht das ungeschriebene, aber konsequent angewendete Unterhaltsmaximierungsprinzip, das Unterhalt von der Ausnahme inzwischen zum Normalfall gemacht hat.[1c]
Die treibende Kraft hinter dem Unterhaltsmaximierungsprinzip ist Geld, sehr viel Geld, da Unterhaltstitel über viele Jahre laufen. Je höher der Streitwert, desto höher sind auch die Verdienstchancen für die Rechtsanwälte, die davon profitieren. Letztenendes interessiert es niemanden, ob Familien zerstört oder Männer in die Pleite getrieben werden – Hauptsache, die Familienzerstörer haben sich ihre eigenen Taschen gut gefüllt.
Neben den Juristen profitiert auch der Staat: Beantragt ein Elternteil Sozialleistungen, erpressen Behörden gerne Klagen seitens des Sozialleistungsbegehrenden, um damit an den Unterhalt des anderen Elternteils heranzukommen, damit staatliche Hilfen maximal gekürzt werden können. Es geht dabei allein um die Minimierung eventueller Sozialleistungen um jeden Preis, das Kindeswohl spielt dabei keine Rolle.[2]
Die Unterhaltsrechtsprechung selbst ist extrem umfangreich und kompliziert. Die Unterhaltsrechtsprechung kann hier also nur in groben Pinselstrichen dargestellt und auf ihre zerstörerische Wirkung auf das Familienkonzept abgeklopft werden.
Um das „Unterhaltsmaximierungsprinzip“ aufzuzeigen, reicht es nicht den Buchstaben des Gesetzes zu studieren, es muss diese Rechtspraxis vor allem anhand von Richterurteilen aufgezeigt werden.
Zuviele Menschen glauben noch in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat zu leben, und sie glauben an die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Um dies an der Praxis des Unterhaltsrechts in Deutschland zu überprüfen, sollen zwei Urteile zusammenfassend dargestellt werden:
Zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit
OLG Koblenz vom 9.7.2007 – 13 UF 299/07
Kindesunterhalt wird nicht gezahlt, der Pflichtige wird verklagt, aber er verdient zu wenig. Das Gericht entscheidet:
§ 1603 II BGB: Gesteigerte Erwerbsobliegenheit der Kindesmutter
FamRZ 2008, Band 55, Ausgabe 2, S. 173
OLG Dresden vom 25.7.2007 – 20 UF 444/07
Kindesunterhalt kann nicht voll gezahlt werden, wird aber verlangt. Der Pflichtige verdient zu wenig, er klagt auf Herabsetzung. Das Gericht entscheidet:
§ 1603 II BGB: Pflicht zur Arbeitssuche im gesamten deutschsprachigen Raum
FamRZ 2008, Band 55, Ausgabe 2, S. 173
Wer sich darüber wundert, dass zwei fast zeitgleiche Urteile zur „erhöhten Erwerbsobliegenheit“ so unterschiedlich ausfallen, dem sei noch gesagt, dass im 1. Fall der Pflichtige die Mutter, im 2. Fall aber der Vater ist.[3] Damit ist dokumentiert, wie Frauenbevorzugung trotz geschlechtsneutral formulierter Gesetze betrieben wird.
Ein weiteres charakteristisches Beispiel zeigt, welche bizarren Blüten die unterschiedliche Anwendung der Erwerbsobliegenheit treibt. Die verheiratete Mutter zweier Kinder, die als Domina tätig war, zahlt zwischen 1997 und 2007 Alimente nur verspätet oder überhaupt nicht. Nachdem sie zunächst wegen Vernachlässigung der Unterhaltspflichten schuldig gesprochen wurde, und das Urteil in zweiter Instanz bestätigt wurde, hob das Schweizer Bundesgericht das Urteil als willkürlich auf. Laut den Richtern ist der Vorwurf, nicht genug Freier bedient zu haben, bereits mit Blick auf das „Recht der persönlichen Freiheit und der sexuellen Selbstbestimmung“ heikel.[4]
Diese Rechtsprechung muss vor dem Hintergrund eines Prostituiertengesetzes, welches Prostitution zu einem ehrbaren Beruf erhob, gesehen werden. Solange Erwerbsarbeit mit sexuellen Dienstleistungen der Selbstverwirklichung von Frauen dient, gilt das als selbstbestimmte Ausübung einer freien Berufswahl, sobald daraus aber eine Unterhaltsverpflichtung bedient werden soll, ist dies nicht statthaft. Plötzlich wird das „Recht der persönlichen Freiheit“ und die „sexuelle Selbstbestimmung“ der Frau (wieder)entdeckt. Man kann zur Prostitution stehen wie man will, aber in diesem Beispiel werden die doppelten Standards deutlich, die in unserem Rechtssystem etabliert sind: Dort, wo es den Frauen nützt, werden Frauenrechte verwirklicht, wo Pflichten auf Frauen zukommen, werden sie davor in Schutz genommen.
Männer warten erwartungsvoll auf den Familienrichter, der nach einer Scheidung das Recht auf „persönliche Freiheit“ und „gesundheitliche Selbstbestimmung“ für Möbelpacker, Schlachthausmitarbeiter, Kanalreiniger oder Soldaten im Afghanistaneinsatz entdeckt. Die Rechtswirklichkeit sieht allerdings anders aus. Der Richter erlaubt nur einer Frau, ihre gut dotierte Stelle (etwa als Domina) nach freiem Belieben aufzugeben. Ist der Unterhaltspflichtige allerdings ein Mann, dann klingt es ganz anders:
In der Urteilsbegründung liest sich das so:
Der Staat greift hier tief in die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit eines freien Bürgers und Leistungsträgers der Gesellschaft ein. Knackpunkt an der Entscheidung ist, dass es sich nicht um einen Mangelfall handelt. Der Vater zahlt Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle und er soll aus seiner Heimat vertrieben werden, um noch mehr zu zahlen. Das OLG Köln streicht mal eben den § 1603 BGB. Der Vater zahlt mehr als 100 % des Mindestunterhalts und wird auch im neuen Job mehr wie 100 % bezahlen. Bisher waren berufliche Veränderungen erst verboten, wenn dadurch ein Mangelfall entstand, d. h. eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit bestand. Das ist in § 1603 BGB begründet: Erst wenn jemand Mangelfall ist (Absatz 1), greift die gesteigerte Erwerbsobliegenheit (Absatz 2). Einen Paragraphen, der eine gesteigerte oder auch nur eine einfache Erwerbsobliegenheit für Nicht-Mangelfälle festlegt, gibt es nicht.[7]
Diese Beispiele belegen, wie unter dem Deckmantel vordergründig geschlechtsneutral formulierter Gesetze einerseits Frauenbevorzugung und bei Männern andererseits Unterhaltsmaximierung praktiziert wird. Mit dieser Rechtsprechung wird „Familiensolidarität“ zerbrochen, ohne damit die versprochene neue „Geschlechtergerechtigkeit“ herzustellen.
Vertreibung eines Vaters durch Zwangsverkauf einer Immobilie,
OLG Nürnberg 11 UF 806/10, Urteil vom 3. November 2010
Ein Vater wird unterhaltspflichtig gemacht. Er übernimmt das gemeinsame Haus samt Schulen bei der Scheidung. Dem Wert des Hauses von 140.000 Euro stehen Schulden von 135.000 Euro gegenüber. Desweiteren bestehen Schulden in Höhe von 25.000 Euro an die Eltern und 11.000 Euro an eine Tante, die sich an der Finanzierung beteiligt haben. Gegenüber der Bank sind monatliche Raten in Höhe von 682 Euro zu zahlen. Der Amtsrichter verpflichtet den Mann zu einem Nebenjob, obwohl dieser sogar am Wochenende noch Bereitschaftsdienste machen muss.
Das OLG sieht zwar keine Pflicht zu einem Nebenjob, aber zum Verhängnis wird dem Hauseigentümer, dass er ganz zu Anfang den Wert der Immobilie auf 200.000 Euro geschätzt und erst später auf 140.000 Euro korrigiert hat. Für das OLG ist aber die alte Zahl wie eine unumstößliche Offenbarung aus der Bibel und so ergeht das Urteil: Verkaufen!
Das Beweisangebot in Form eines Sachverständigengutachtens komme zu spät, Fakten spielen schließlich keine Rolle, wichtig ist nur Unterhalt. Für dieses Vorgehen gibt es sogar einen geeigneten Paragraphen:
Was unter „Grobe Nachlässigkeit“ zu verstehen ist, liegt natürlich im Ermessen der Richter. Es muss – koste es, was es wolle – Unterhalt fließen, und so muss der Hauseigentümer eine 140.000 Euro-Immobilie also für 200.000 Euro verkaufen. Es ist fraglich, dass ein Käufer 200.000 Euro nur deswegen hinlegt, weil ein Richter das so meint. Nach dem Kalkül des Richters sollen 24.144,35 Euro für Unterhaltsleistungen übrig bleiben. Hokuspokus, und wieder hat ein Richter fiktives Geld für vollen Unterhalt hervorgezaubert. Ob die neue Familie damit auf der Straße steht, was kümmert das den Richter? Wenn der Verkaufspreis nicht zu erzielen ist, wen interessiert das?
P aus dem TrennungsFAQ zieht das Fazit:
TrennungsFAQ-Forum: Vertreibung eines Vaters; Immobilienzwangsverkauf
Beweislast bei Befristung nachehelichen Unterhalts,
BGH XII ZR 175/08, Urteil vom 24. März 2010
Unbegrenzte Unterhaltszahlungen werden zum Standardfall, für alles andere muss der Pflichtige Nachweise vorlegen. Es findet eine Beweislastverschiebung auf den Unterhaltspflichtigen statt, wenn er Unterhalt herabsetzen oder befristen will. Prima Idee! Man sollte einfach behaupten, man wäre beim Staat angestellt und solange Lohnbezüge einfordern, bis der Staat mit einer erfolgreichen Klage nachweist, dass dem nicht so ist.
Wenn es darum geht, die Versorgung einer Mutter nachhaltig – also unbefristet – aus privater Hand zu sichern, werden deutsche Richter sehr kreativ. Nachdem dem Leistungsträger die „Darlegungs- und Beweislast“ auferlegt wurde, erfindet die Richterschaft die „sekundäre Darlegungslast“. Die Kette, die vom BGH aufgebaut wird, ist folgende: Erst einmal gilt unbegrenzte Unterhaltspflicht als Standardfall. Wenn keiner etwas sagt, das nach Meinung des Gerichts Beweiskraft hat, muss unbegrenzt Unterhalt gezahlt werden. Will der pflichtige Leistungsträger das nicht, muss er darlegen und beweisen, damit Unterhalt befristet wird. Er argumentiert zum Beispiel, es seien der Mutter keine ehebedingten Nachteile entstanden. Nun endlich, nachdem eine Befristung auf dem Tablett liegt, muss die berechtigte Leistungsempfängerin mit ihren Argumenten rausrücken, warum ihrer Ansicht nach ehebedingte Nachteile vorhanden sind. Ihre Beweispflicht entsteht erst im Kielwasser des Standardfalls und des Gegenvorbringens des Pflichtigen – Das ist „sekundäre Beweispflicht“ nach Definition des BGH. Das vom Gesetzgeber vorgegebene Prinzip, Unterhalt im Regelfall auf drei Jahre zu begrenzen, wird so zugunsten von möglichst langen Unterhaltszahlungen verbogen.
Mit dieser Kreativität betreiben deutsche Richter Rechtsbeugung im Unterhaltsrecht. Das geltende Recht, niedergelegt im § 1569 BGB, „Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen.“ wird von den Richtern ins Gegenteil verkehrt. Das Gesetz fordert: Eigenverantwortung als Regel und Fremdfinanzierung per Unterhalt als Ausnahme, die zu begründen wäre. Die Richter praktizieren das Gegenteil.
TrennungsFAQ-Forum: Beweislast bei Befristung nachehelichen Unterhalts
Lebenslanger Betreuungsunterhalt,
BGH XII ZR 204/08, Urteil vom 17. März 2010
Ein entsorgter Vater hat lebenslang an die Exfrau Betreuungsunterhalt zu zahlen, bis runter auf 900 € Selbstbehalt. Mit der Selbstbehaltsreduzierung von 1000 auf 900 € beim Ehegattenunterhalt (nicht Kindesunterhalt!) wird eine neue Stufe im Unterhaltsmaximierungsprinzip betreten. Der Leistungsträger wird lebenslang ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Bei drei Kindern nützt es ihm auch nichts, sollte mal eines der Kinder nicht mehr unterhaltsberechtigt sein (etwa durch Volljährigkeit), weil bei einem Mindestbedarf von 770 € Betreuungsunterhalt dann einfach die andere Unterhaltsart steigt.
TrennungsFAQ-Forum: Lebenslanger Betreuungsunterhalt
Kein Einspruch eingelegt, somit keine spätere Abänderung möglich
Ein Versäumnisurteil gibt es, weil der Beklagte sich nicht gewehrt oder mitgespielt hat. Somit ist gerichtlich festgestellt, dass die Einkommensverhältnisse unbestimmt weil nicht vorgetragen sind, auf jeden Fall aber Mindestunterhalt zu zahlen ist. Alle Abänderungsklagen in der Zukunft gehen nun von der Referenz „Einkommensverhältnisse unbestimmt“ aus. Der Unterhaltspflichtige kann also vortragen, was er will, eine Änderung seiner Verhältnisse kann er mangels Differenz zum vorigen Zustand gar nicht liefern. Er verliert automatisch.
Da bleibt nur noch eins: Überhaupt nichts mehr zahlen, weil man eh verliert und pleite ist. Wozu also noch lange rumzappeln?
Der BGH begeht hier einen klaren Rechtsbruch, weil § 1603 BGB keine solchen Erfordernisse kennt. In § 1603 gibt es keine Zeit- oder Erfordernisschranken, abzustellen ist also auf die momentane, tatsächliche Fähigkeit, Unterhalt zu bezahlen. Alles andere haben sie sich über die Jahre rechtsschöpferisch selbst zusammenerfunden und bleibt übelste Trickserei über ein Verfahrensrecht, das für ganz andere Fälle gedacht war.
Der unterhaltspflichtige Vater ist Polizist, er verdiente im Jahre 2005 genau 1523,77 EUR pro Monat. In der Klageschrift des Verfahrens mit Versäumnisurteil wurden ihm 2255 EUR unterstellt – stimmte aber nicht, weil Splittingvorteil, Ortszuschlag, Verheiratetenzuschlag weggefallen sind. Es ist den BGH-Richtern also absolut klar gewesen, wie die tatsächlichen Verhältnisse waren. Die wussten auch, dass er in Wechselschicht arbeitet und zudem als Polizist keine Nebenjobs annehmen darf. Sie haben ihn also mit voller Absicht objektiv zu einer Unterhaltshöhe verurteilt, die unmöglich zu erwirtschaften ist, auch bei höchsten Anstrengungen nicht. Gesagt wird ihm, das Versäumnisurteil sei nicht „frei abänderbar“. Er hätte mit einem Einspruch gegen das Versäumnisurteil vorgehen müssen. Sein Pech ist, dass die Einspruchsfrist schon drei Jahre abgelaufen ist. Der fiktive Einspruch hätte also damals zu 1834 EUR anrechenbarem Einkommen geführt. Die 2255 EUR des Versäumnisurteils wären „fingierte Verhältnisse“ gewesen. Seither hätten sich die Umstände nicht geändert.
Hier sind keine kleinen Dorfrichter am Werk, sondern höchstdekorierte BGH-Richter, Rechtshüter auf oberster Ebene. Das BGH-Urteil geht für die Zulässigkeit der Abänderungsklage von den erwiesen falschen Voraussetzungen der Versäumnisklage aus, für die Höhe des Unterhalts jedoch vom Urteil des Versäumnisverfahrens. Die Richter anerkennen also eine unmögliche Unterhaltshöhe, tricksen jedoch mit den Buchstaben der ZPO-Texte so lange herum, bis die Unmöglichkeit entsteht das zu ändern.
Im Ergebnis behaupten die Richter in der Urteilsbegründung, den Unterhalt von 1207,70 EUR könne der Kläger unter Wahrung seines notwendigen Selbstbehalts in Höhe von 900 EUR leisten, und: „Entgegen der Auffassung des Klägers belastet ihn dies nicht in verfassungsrechtlich unzumutbarer Weise.“
Diese Rechtsprechung ist vor den häufig getätigten Aussagen von Richtern, AnwältInnen und JugendamtInnen zu sehen, die pflichtigen Männer würden sich „arm rechnen“ und „mit dem Einkommen tricksen“. Der obige Fall wird in der Statistik als Unterhaltspflichtiger gewertet, der trotz ausreichendem Einkommen (richterlich bestätigt!) zu wenig Unterhalt für seine Kinder bezahlt. Ein Drückeberger!
Dem ausgeurteilten Vater verbleiben nun für seinen Wechselschichtjob mit 41 Wochenstunden die unpfändbaren 635 € und ein um rund 300 € monatliches Anwachsen der Unterhaltsschulden, die mittlerweile längst das bezahlbare Maß überschritten haben.
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Keine Restschuldbefreiung für verletzte Unterhaltspflichten
Die Bundesrichter in ihrer rechtsschöpferischen Tätigkeit definieren mal eben das Strafrecht um und führen bei § 170 StGB einen nicht genannten Straftatbestand ein. Handlungsmaxime: Wer den Staat was kostet, ist schuldig und der ewigen Verdammnis bzw. lebenslang dem Schuldturm zu überantworten.
Der Bundesgerichtshof ignoriert in seiner Erhabenheit die Einschränkung der vorsätzlichen unerlaubten Handlung. Eine Verurteilung nach § 170 kann mit viel Rechtsbeugung vielleicht pauschalisierend als unerlaubte Handlung hingedreht werden, aber die Vorsätzlichkeit keineswegs, zumal sie beim § 170 vollkommen irrelevant ist. Die Vorsätzlichkeit wurde auch im Urteil nicht geprüft, jedenfalls steht darüber nichts in der Begründung. Weiterhin ist der Begriff der „unerlaubten Handlung“ aus InsO § 302 nicht deckungsgleich mit einer Tat nach § 170 StGB. Aber das ließe sich noch hinbeugen. § 174 Abs. 2 InsO sagt lediglich aus, dass der Gläubiger die Gründe anzugeben hat, „aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt.“
Voraussetzung ist, die Handlung muss vorsätzlich und unerlaubt begangen worden sein.
Eine Vermutung aufgrund einer nicht vorhandenen Arbeitslosenmeldung ist, was sie ist: Eine bloße Vermutung. Wenn das Gericht dies nicht einmal überprüft, dann ist das so genannte „Recht“ endgültig im Sumpf der Willkür versunken und der persönlichen Launenhaftigkeit von Richtern anheim gegeben. Schließlich gibt es viele Gründe, sich nicht arbeitslos zu melden, etwa eine Krankheit. Eine Nicht-Meldung ist noch kein Beweis für eine unerlaubte Handlung und erst recht kein Beweis für Vorsätzlichkeit.
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Unterhalt vom anderen Ufer,
BGH XII ZR 7/05, Urteil vom 16. April 2008
In diesem bizarren Fall waren Frau und Mann 26 Jahre miteinander verheiratet, mit fünf ehelich geborenen Kindern, als die Frau über Nacht auszieht, direkt in die Wohnung ihrer lesbischen Liebhaberin. Die Kinder, um die sie sich nicht weiter kümmert, lässt sie beim Vater. Frau hätte trotzdem gerne Unterhalt für sich kassiert und klagt deswegen 2003 und bekommt diesen auch 2004 vom OLG Brandenburg zugesprochen. Im Jahr 2008 urteilte dazu der BGH.
Ob sie überhaupt Kindesunterhalt zahlt, ob sie selber arbeitet, erfährt man nicht. Der BGH stellt auch nicht darauf ab. Er verweist die Sache ans OLG zurück, greift dazu aber tief in die Mottenkiste der kuriosen Begründungen, nämlich den Härtefall nach § 1579 Nr. 7 BGB: Lesbisch zu werden sei Privatsache, aber aus der Ehe direkt zur Loverin auszubrechen könnte ein schwerwiegendes Fehlverhalten sein.
Das ist natürlich ein Treppenwitz des Unterhaltsrechts, denn jeder Ehebruch mit Unterhaltsforderung würde dann zur Unterhaltsverwirkung führen und das Schuldprinzip wäre wieder eingeführt. Der BGH traut sich auch nur, so etwas für den höchst seltsamen Fall einer Ehe mit fünf Kindern und lesbisch gewordenen Frau zu urteilen und gibt damit indirekt auch den Tipp, erstmal nicht gleich offiziell ins fremde Bett zu hüpfen, sondern erst noch einen Zwischenstopp im nächsten Frauenhaus oder in der eigenen Wohnung einzulegen, damit alles „seine Richtigkeit“ hat.
Fünffache Mutter wird lesbisch: Kein Unterhaltsanspruch, aus einer Pressemitteilung des BGH
TrennungsFAQ-Forum: BGH: Unterhaltsansprüche vom anderen Ufer
Ehebruch kann Anspruch auf Trennungsunterhalts um die Hälfte verringern (OLG Brandenburg, Urteil v. 24.03.2009, 10 UF 166/03), Heise am 8. Januar 2010
Jedes OLG muss offenbar seine Rechtsbrüche einzeln korrigiert bekommen
Urteile zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit kommen fast monatlich vom BVerfG. Jedes OLG muss offenbar seine Rechtsbrüche einzeln korrigiert bekommen.
TrennungsFAQ-Forum: BVerfG vom 11.03.2010 zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit
Mutter für volljähriges Kind nicht unterhaltspflichtig
Vater und Mutter geschieden, Vater neu geheiratet und ein weiteres Kind. Tochter aus erster Ehe studiert und verklagt nur den Vater auf Unterhalt, da Mutter nicht leistungsfähig ist. Mutter lebt von neuem Ehegatten getrennt und verlangt von diesem keinen Trennungsunterhalt. Dieser (übrigens der Prozessbevollmächtigte der Tochter) unterstützt die Mutter lediglich mit kleineren darlehensweise zur Verfügung gestellten Geldbeträgen.
Urteil:
Der Vater darf von seinem Gehalt Unterhalt und Studiengebühren (Mehrbedarf) zahlen.
Die Mutter ist nicht unterhaltspflichtig, da auf lediglich fiktiven Einkünften im Wege der Vollstreckung nicht zurückgegriffen werden kann. Damit ist ihr Anspruch auf Trennungsunterhalt gemeint! Den macht sie aber nicht geltend.
Der Vater hat weiterhin seine private Rentenversicherung ruhend zu stellen.
Bevor man also die Mutter arbeiten schickt oder etwa sie dazu verpflichtet, Unterhalt von ihrem zweiten Ehegatten einzuklagen, plündert man lieber den Vater (den entsorgten ersten Ehegatten) eines volljährigen Kindes.
TrennungsFAQ-Forum: Mutter für volljähriges Kind nicht unterhaltspflichtig
Telefonsex ist Sonderbedarf
Das Amtsgericht Nordenham hat einem Vater eines bei der Mutter lebenden halbwüchsigen Sohnes als Sonderbedarf für die getrenntlebende Ehefrau auferlegt, die von dem Sohn im Haushalt der Mutter verursachten Telefonkosten für Servicenummern in Höhe von 500 Euro hälftig zu tragen.
Dieses schöne Beispiel zeigt, wie im Einzelfall deutsches Familienrecht zu bizarren Folgen führt. Wenn eine das Kind betreuende Mutter nicht in der Lage ist, Kosten aus Telefonsexgesprächen ihres Sohnes zu verhindern, wäre zu überlegen, ob der Sohn nicht besser in den Haushalt des Vaters wechseln sollte. Der Vater könnte dann wenigstens für die Taten seines Sohnes auch tatsächlich und nicht nur rechtlich verantwortlich sein. Aber die deutsche Justiz begnügt sich damit, für das Unvermögen der Mutter den entsorgten Exmann haftbar zu machen.
veröffentlicht in FamRZ 9/2003, S. 630-31
Unterhalt bei Wiederheirat
Man sollte meinen, dass eine Frau nur einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Exmann geltend machen kann. Das deutsche Unterhaltsrecht basiert jedoch auf dem Sippenhaftgedanken: Geld wird grundsätzlich überall dort eingesammelt, wo es vermutet wird, nämlich nicht nur beim Pflichtigen, sondern auch in seinem Umfeld, zuallererst bei neuen Partnern. Dafür werden einfach verschiedene Tricks eingesetzt, um die Grenzen direkter Unterhaltsverpflichtungen zu umgehen.
Vor dem OLG Jena (Urteil vom 3.7.2008 – Aktenzeichen 1 UF 397/07) wurde ein Fall verhandelt, in dem ein volljähriges Kind Unterhalt vom Vater will. Von der Einkommenssituation der Mutter und was sie zahlt steht nichts im Urteil. Der Vater war pleite und arbeitslos, in Insolvenz, danach wieder als Hausmeister mit geringem Einkommen beschäftigt. Der Mann wird verklagt, Auskunft über das gesamte Einkommen seiner neuen Frau zu geben und zwar mit Nachweisen und Belegen.
Obwohl keinerlei Auskunftsanspruch zwischen Gatte und Gattin besteht, muss also Auskunft gegeben werden. Scheinbar großzügig wird nur ein Anspruch auf „grobe Information“ hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zugebilligt. Die genauen Details sind allerdings auch nicht wichtig, weil es nur darum geht, den Selbstbehalt des neu verheirateten Mann auf Null zu setzen, damit ihm Unterhalt abgepresst werden kann. Für den Familienunterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) sieht das Gesetz keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor, doch was sind schon solche Gesetze wert, wenn eine juristische Rabulistik nach dem Unterhaltsmaximierungsprinzip handelt? Dann heiligt der Zweck die Mittel. Vor diesem Hintergrund ist vor einer neuen Heirat zu warnen. Kein Vertrag, keine Gütertrennung schützt die neue Partnerin davor, sich offenbaren zu müssen und indirekt Unterhalt bezahlen zu müssen.[8]
Bei Unterhaltspflichtigen wird vom ersten Tag einer neuen Partnerschaft an rücksichtslos abgeräumt. Eine kräftige Selbstbehaltkürzung wegen gemeinsamer Haushaltsführung kann vom ersten Tag ihres Zusammenlebens mit einer neuen Partnerin ausgesprochen werden. Sogar das Einkommen ihrer neuen Partnerinnen wird indirekt für Unterhaltsforderungen herangezogen.
Die angebliche Existenz eines Selbstbehalts entpuppt sich als eine Fata Morgana des Familienrechts. Praktisch wird er nie wirksam, denn sobald der Selbstbehalt unterschritten werden würde, kann und wird er über „fiktives Einkommen“ oder einer Vielzahl anderer Tricks ausgehebelt. Als typische Standardbegründung wird angeführt, der Pflichtige würde sich nicht genug um gut bezahlte Arbeit kümmern oder keinen zusätzlichen Nebenjob in den Nachtstunden annehmen. Selbst wenn sich ein minderjährigen Kindern gegenüber Unterhaltspflichtiger genügend um eine Arbeit bemüht, so kommt es wegen der Zurechnung fiktiver Einkünfte auf seine reale Beschäftigungschancen an (OLG Frankfurt vom 06.06.2001 – 2 UF 374/00). Fiktives Einkommen, weil ein Arbeitsloser nicht von seinen Kindern quer durch den Staat wegziehen kann, wurde vom BVerfG in Az 1 BVR 2076/03 eingeschränkt. Außerdem ist immer der Einzelfall zu prüfen (BVerfG in Az 1BvR 2236/06 vom 14.12.2006). In der Praxis findet sich aber immer ein Grund, einem Pflichtigen fiktives Einkommen zuzurechnen, was übliches Zwangsmittel von Jugendämtern, Familienrichtern und Anwälten ist. Ein Geringverdiener wird dadurch faktisch zahlungsunfähig.[9]
Meist fließt das Einkommen der neuen Ehefrau auf indirektem Weg in die Berechnung der Unterhaltshöhe mit ein, weil der Selbstbehalt des Partners durch das Zusammenleben um 10-30 % verkleinert wird und sich damit dem Sozialgeldsatz annähert. Ähnliches gilt auch für Unterhaltsverpflichtete in neuer Partnerschaft ohne Trauschein! Gerade finanziell geknechtete Mangelfälle werden dadurch noch weiter unter Druck gesetzt.[10] Selbstbehaltverringerungen werden mit Mietersparnis und gemeinsamer Haushaltsführung begründet, wenn mit der neuen Partnerin zusammengewohnt wird. Der Unterhaltspflichtige fällt damit für die Erbringung von Familieneinkommen der neuen Familie weitgehend aus. Eine Zweitfamilie mit einem Unterhaltspflichtigen kann meistens überhaupt nur bestehen, wenn die neue Partnerin gut verdient. Dieser Sachverhalt ist unter „Zweitfrau“ und „Mehrehe“ zu vertiefen.
Die steuerlichen Vorteile aus dem Ehegattensplitting der zweiten Ehe müssen voll für den Unterhalt von Kindern aus erster Ehe herangezogen werden (OLG München 19.04.2004 4 WF 137/04 gem. §§ 1603 BGB, 26a EStG). Auch hier sorgt die Existenz der neuen Frau für höhere Unterhaltspflichten des Partners an die Kinder der Erstfrau, mit denen sie eigentlich nichts zu tun hat.
Wenn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen durch irgendeinen Umstand Richtung Null geht, muss er aus dem Taschengeld, das sich aus dem Einkommen der neuen Partnerin errechnet, Unterhalt leisten. In diesem Fall geht das Einkommen der Partnerin sogar direkt in den Unterhalt ein. Das finanzielle Risiko aus Arbeitslosigkeit wird allein auf der neuen Partnerin abgeladen, die Unterhaltsempfängerin wird von allen Risiken freigehalten. Ob Gütertrennung in der neuen Ehe vereinbart wurde, ist dabei irrelevant. Unter einigen weiteren Konstellationen zählt grundsätzlich das „Familieneinkommen“ der neuen Ehe, d. h. der neue Ehepartner wird voll in die Unterhaltspflicht mit einbezogen: Gemäß Urteil des BGH vom 12.11.2003 – XII ZR 111/01 muss der neue Partner den Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen decken, damit dieser Unterhalt bezahlen kann, was für den Pflichtigen einem Selbstbehalt von Null entspricht. In BGH vom 20.10.2003 – XII ZR 115/01 verurteilt das Gericht den Unterhaltspflichtigen aufgrund seines Familienunterhaltsanspruch gegenüber dem neuen Ehepartner auf Unterhaltszahlungen. Es besteht in diesem Fall ein Anspruch auf das hälftige Familieneinkommen in der neuen Ehe. Daraus ist Unterhalt zu bezahlen. Kritisch wird es besonders dann, wenn der Unterhaltspflichtige Mangelfall ist; diese Fälle nehmen aufgrund der ständig steigenden Unterhaltssätze und sinkenden Reallöhnen zu. Ganz anders bei der Kindesunterhalt kassierenden Mutter: Heiratet sie einen Millionär, verringert das ihre Ansprüche um keinen Cent.
Weitere Überraschungen können durch ungünstige Erbfolge entstehen. Eigentum und Immobilien (z. B. ein selbst bewohntes Haus) der neuen Partnerin können beim Tod des Unterhaltspflichtigen an die Exfrau oder deren Kinder fallen, zu denen die neue Partnerin in keiner rechtlichen oder verwandtschaftlichen Beziehung steht, weil im Todesfall weiterhin Anspruch auf Unterhalt an die Exfrau in Höhe des Pflichtteiles besteht und auch seine Kinder aus erster Ehe erben würden.[11]
Es fällt auf, wie einerseits in Leitartikeln das „Ende der Hausfrauenehe“ beschworen wird[12] und wie wenig bei Frauen die Wahl auf Berufsarbeit fällt. Dabei war es gerade den Feministinnen ein so großes Anliegen, dass 1977 alle Ehefrauen die Wahlmöglichkeit zwischen Haushalt, Beruf oder einer Kombination aus beidem bekamen. Nach den Vorstellungen der Feministinnen sollten die Frauen nach „einigen Jahren der Isolation in Haushalt und Familie“ ihr „angeknackstes Selbstvertrauen“ dadurch überwinden, indem die „Familienmutter am 1. Juli vor ihren Eheherrn tritt, ihn auf seine Pflichten im Haushalt und bei der Kindererziehung hinweist und auf ihr Recht zur Selbstverwirklichung im Beruf pocht“.[13] Wie weit es damit her ist, sieht man spätesten dann, wenn aus dem „Recht zur Selbstverwirklichung im Beruf“ eine Unterhaltsverpflichtung für die Frau wird, wie das Beispiel der Domina anschaulich zeigt.
Tatsächlich hält das Unterhaltsrecht an der „Hausfrauenehe“ fest, wenn es darum geht, eine Mutter aus der früheren Beziehung für mindestens 3 oder 8 Jahre von allen Erwerbspflichten freizustellen und zu alimentieren. Eine unterhaltspflichtige Frau hingegen kann problemlos ihre Berufstätigkeit aufgeben. Nicht wenige Ehemänner wurden davon überrascht, wie ihre berufstätige Power-Frau erst ihre Arbeitsstelle aufgab, unter Mitnahme der Kinder ins Frauenhaus zog und ihn erfolgreich auf Trennungsunterhalt verklagte.
Während eine Frau weiterhin problemlos sich ihr Hausfrauendasein alimentieren lassen kann, erlebt ein Mann eine Überraschung, wenn er in zweiter Ehe eine Karrierefrau heiratet und als Hausmann sich um die Kinder kümmert. In diesen Fällen verlangen Richter, was sie von Frauen niemals verlangen würden, nämlich durch Berufstätigkeit den Familienunterhalt erwirtschaften und nebenbei eine Kinderbetreuung organisieren (und finanzieren), um die Berufstätigkeit trotz betreuungsbedürftigen Kindern zu ermöglichen. Das Kindeswohl spielt dann plötzlich keine Rolle mehr. Das sind Überlegungen, die bei der Berechnung der Unterhaltspflicht einer Trennungsfrau undenkbar sind.
Die Familienrechtsreform hat also nicht, wie gerne kolportiert wird, das Schuldprinzip oder die Hausfrauenehe abgeschafft. Es wurde lediglich der Mann vom weisungsbefugten Haushaltsvorstand zum rechtlosen Zahlesel degradiert. Eine auf Verantwortung und Vernunft basierte Familiengründung ist bei dieser Rechtslage nicht mehr möglich. Angesichts dieser Rechtswirklichkeit wird deutlich, dass Ehe und Familie nicht mehr den „besonderen Schutz der staatlichen Gemeinschaft“ (Art. 6 Abs. 1 GG) genießt, sondern zu einem Unterhaltsabzockmodell entartet ist.
Unterhaltsgesetz von 2008
Der Gesetzgeber hat ab 2008 die Unterhaltspflichten zeitlich begrenzt, damit Unterhaltsberechtigte darauf zurückgeführt werden, nach einer Scheidung finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Nach Willen des Gesetzgebers sollte ab 2008 Betreuungsunterhalt auf drei Jahre befristet werden. Bei Scheidung von „Hausfrauenehen“ sei, so formuliert das Ministerium rücksichtsvoll, „der Grundsatz der Eigenverantwortung etwas in Vergessenheit geraten“.[14]
Zu dem am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen neuen Unterhaltsgesetz beklagte Erika Andreß, Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts, Benachteiligungen für Frauen und Rechtsunsicherheit durch das Gesetz. Bisher konnte eine Frau frei entscheiden, ob sie nach einer Scheidung bald wieder arbeiten wollte, auch wenn sie kleine Kinder betreut, jetzt habe sie keine Wahl mehr. Emanzipation sei wünschenswert, sollte aber nicht zwangsweise herbeigeführt werden.[15]
Isabell Götz, Richterin am OLG München und stellv. Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages, hingegen sieht das etwas anders und erklärt, man habe sich bei dem Gesetz „für diese drei Jahre entschieden mit der Maßgabe, dass sich danach der Unterhaltszeitraum natürlich verlängern kann, aus Gründen, die in der Person des Kindes liegen oder in der Person der Mutter. Und bei den Gründen, die in der Person der Mutter liegen, muss ich als Richter natürlich auch schauen, gibt es da ein Vertrauen, dass in der Ehe aufgrund der vorhandenen Absprachen oder einfach des tatsächlichen gelebten Lebens entstanden ist, und das ich schützen muss, und weswegen ich dieser Mutter nun erlauben kann, und sogar muss, nur ganz eingeschränkt erwerbstätig zu sein. Also diese Möglichkeiten haben wir.“ [16] Die Richterin spricht hier unmissverständlich (nur) von Müttern.
Eva Möllring, CDU-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, präzisiert: „Wir [die CDU] hätten gerne den Unterhaltsanspruch verlängert und erhöht, sowohl für die geschiedenen als auch für die unverheirateten Mütter, [aber das wollten die Sozialdemokraten nicht mitmachen]. Wir haben jetzt im Gesetz drin […], dass der Unterhaltsanspruch MINDESTENS drei Jahre nach der Geburt gilt. Und in diesem MINDESTENS […] steckt eben, dass wir durchaus eine Verlängerung für sinnvoll halten. Nur das eben diese Verlängerung im Einzelfall geprüft und auch begründet werden muss.“ [16] Es geht also weniger darum, Frauen tatsächlich in die Berufstätigkeit und damit in die Eigenverantwortung zurückzuführen, sondern den Gerichten sollen noch mehr Eingriffsmöglichkeiten in familiäre Angelegenheiten gegeben werden. In erstaunlicher Offenheit bekennt Richterin Andreß, dass Gerichte sich in Zukunft verstärkt „mit hypothetischen Lebensläufen befassen“ müssen, weil Männer „ehebedingte Nachteile für die Ex-Partner auszugleichen“ haben.[15]
Die Kollegin in München, Richterin Götz, versichert einer Anruferin in einer Radiosendung, dass es für eine Frau reicht, einmal in ihrem Leben eine „Traumarbeitsstelle“ gehabt zu haben, und ihr Mann müsste ihr den Nachteil – der ihr daraus entsteht, dass sie aus freiem Willensentschluss ihre Traumarbeitsstelle aufgibt, ihrem Mann hinterherzieht und nach der Scheidung keinen vergleichbare Traumarbeitsstelle findet – „im Wege eines Aufstockungsunterhalt ausgleichen und zwar auch ohne jede Frist.“ [16]
Bei Frauen jedoch ist der Richterin ein unbestimmtes Wollen, ein unkonkretes „ich täte ja wollen, wenn ich könnte, aber man(n) lässt mich ja nicht.“, schon ausreichend. Richterin Götz drückt sich so aus: „Bei mir als Richter, ich habe es oft erlebt, dass viele Frauen gesagt haben: ‚Frau Götz, ich würde ja furchtbar gerne […] aber im Moment kann ich halt meinen Lebensunterhalt noch nicht selber erwirtschaften.‘ Also auch diese Tendenz, durchaus selbstständig sein zu wollen – die überwiegende Zahl der Scheidungsanträge wird ja auch von Frauen gestellt – die war da und die war sichtbar.“ [16] Wenn nur Männer auch RichterInnen so leicht überzeugen könnten: „Ich tät ja schon gerne Unterhalt zahlen, wenn ich nur könnte …“
Richterin Andreß meint: „Frauen sind mittlerweile auch in ihrer Partnerschaft selbstbewusster geworden. Dies ist unter anderem dem liberaleren Scheidungsrecht zu verdanken. Wenn eine Frau, die ihre Ehe nicht mehr ertragen kann, heute aber vor der Alternative steht, im Scheidungsfall voll arbeiten und ihren Kindern eine Ganztagsbetreuung zumuten zu müssen, wird sie vielleicht in der ungeliebten Beziehung bleiben. Das ist antiquiert.“ [15] Die Richterin hält es aber nicht für antiquiert, dass der Mann seiner Ex-Frau ihre liberale Lebensgestaltung finanziert. Sie mutet Männern zu, für Ex-Frauen zu arbeiten, und hält es gleichzeitig für unzumutbar, dass Frauen für ihren eigenen Lebensunterhalt arbeiten. Das lehnt sie als „erzwungene Emanzipation“ ab.
In der männlichen Lebenswelt ist es so, wenn ein Mann eine Traumarbeitsstelle aufgibt und später keine vergleichbare Stelle mehr findet, dann hat er einfach Pech gehabt. Es wird von ihm erwartet, das als normales Lebensrisiko abzubuchen und als solches hinzunehmen. Frauen soll aber das, was Männern zugemutet wird, nicht zugemutet werden. Emanzipation wird, wenn es in Pflichten ausartet, abgelehnt. Offensichtlich wird in weiten Kreisen die Auffassung vertreten, dass Frauen einerseits für ihre Lebensentscheidungen nicht verantwortlich gemacht werden dürfen und für alle erdenklichen Unpässlichkeiten im Leben der Frau der Ex-Mann verantwortlich zu machen ist, der die Frau für alle entgangenen (fiktiven) Lebenschancen zu entschädigen habe. Die Tatsache, dass diese Geisteshaltung in höchsten Richterkreisen in Deutschland vertreten wird, sollte Männern sehr zu denken geben.
Eva Möllring sieht es nicht ein, „dass eine neue Familie – die der Vater, der Geld verdient, gründet – eventuell finanziell besser gestellt wird als die erste.“ [16] Es wird vehement eine „Gleichstellung von nichtverheirateten und verheirateten Müttern“ gefordert. Abgesehen davon, dass auf diesem Wege die Frau, mit der eine Affäre bestand, mit der treuen Ehefrau faktisch gleichgestellt wird, dabei bleibt es nicht. Die richterliche Praxis führt dazu, dass die verheiratete Frau einer geschiedenen Frau gegenüber schlechter gestellt wird. Die verheiratete Frau muss gleich ihrem Ehemann den Gürtel enger schnallen, wenn der Mann seine Arbeit verliert oder aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten wesentlich weniger verdient oder erhebliche Vermögensteile verliert. Einer Geschiedenen muss das nicht kümmern und kann „das, was ihr zusteht“ ungeachtet der veränderten Lage einfordern. In einen jüngst entschiedenen Fall hatte der Financier Brian Myerson geltend gemacht, er habe seit der Scheidungsvereinbarung vor einem Jahr soviel Geld verloren, dass er nun sein gesamtes noch übrig gebliebenes Vermögen seiner Exfrau überlassen müsste. […] Die drei Richter erklärten, natürliche Preisschwankungen selbst in dramatischer Höhe seien kein ausreichendes Argument, um eine bereits erzielte Einigung zu revidieren. [17]
Der Bundesgerichtshof hat 2009 via Urteilsleitsatz tatsächlich einen pauschalen Freischein für unbefristeten und unbegrenzten Betreuungsunterhalt ausgeschrieben, obwohl § 1570 in Verbindung mit § 1578 b Befristung/Begrenzung zulassen:
Wer immer noch nicht glaubt, dass Unterhaltsansprüche wie Kaugummi beliebig ausgeweitet werden können, der darf sich vom Bundesgerichtshof belehren lassen, wie mit Billigkeits- und Einzelfallbetrachtungen nahezu jeder Unterhaltsanspruch begründet werden kann:
Bereits im Januar 2008 hatte Detlef Bräunig in der ARD Dokumentation „Jagd auf Rabenväter“ sehr richtig erkannt, dass das neue Gesetz sich aufgrund der vielen Ausnahmetatbestände als Farce herausstellen wird.[21]
Eine Änderung der Gesetzeslage wurde lange angekündigt. So formulierte beispielsweise der Bundestagsabgeordnete Norbert Eimer (FDP) im Jahr 1994: „Das Gesetz muss die Selbstverantwortlichkeit jedes Ehepartners nach der Scheidung stärker in den Vordergrund rücken.“ [22] Herausgekommen ist aber nur, wie gezeigt, eine stetige Ausweitung der Unterhaltsansprüche gegenüber dem Leistungsträger.
Der Betreiber des TrennungsFAQ gelangt im Oktober 2009 zu dem Fazit:
Detlef Bräunig zieht im November 2010 folgendes Fazit für diese Rechtspraxis:
Peter Tholey des „Väteraufbruchs für Kinder“ ergänzt 2011:
Versorgungsmentalität und Moral
Karin Pfeiffer-Stolz schreibt in ihrem Blog:
Schon oft haben Männer von der Frau, der sie Unterhalt zahlen müssen, zähneknirschend vernehmen müssen: „Ich nehme mir ja nur, was mir zusteht!“. Nicht selten schlagen dann der Zorn und die Empörung Wellen. Doch ist diese Empörung wirklich gerechtfertigt, wenn diese Nehmermentalität bereits die gesamte Gesellschaft durchseucht hat? Die Frau muss ja mit unverständnisvollem Kopfschütteln mit dem Fingertipp an die Stirn rechnen, wenn sie sich nicht nimmt, was sie kriegen kann. Frauenrechtlerinnen und Rechtsanwälte stacheln sie noch zusätzlich an und stimulieren die Gier: „Warum wollen Sie sich mit weniger zufrieden geben?“
Wie elastisch der gesetzliche Rahmen ist, der das Erlaubte abstreckt, zeigt ein Urteil des Oberlandesgericht Karlsruhe vom 24. Mai 2011 (Az.: 18 UF 165/09).[27]
P aus dem TrennungsFAQ fasst zusammen:
Karin Pfeiffer-Stolz schreibt über einen Gymnasiallehrer, dem der Gedankengang fremd ist, „daß sich ein staatsmonopolistisches, planwirtschaftlich nach sozialistischen Denkmustern geprägtes Schulsystem gar nicht anders entwickeln kann als in die so heftig beklagte Richtung. Eltern und Schüler, die in diesem Chancenumverteilungssystem bestehen wollen, müssen sich genau der Werkzeuge bedienen, die sich in einem solchen System als erfolgreich erweisen: Tricks, Lügen, Einschüchterung, Überredung, Drohung, Bestechung, Sophistik, Verleumdung, Denunzierung und was die Waffenkiste sonst noch an Streitwerkzeugen hergibt. Wie sonst soll man sich verhalten, wenn persönliche Leistung und Könnerschaft als Kriterium für die Zulassung zu gesellschaftlichem Aufstieg außer Kraft gesetzt sind?“ Sie schlussfolgert: „So bedrückend und ärgerlich die Realität auch sein mag: die Ursache dafür ist nicht in einem vermuteten Anschwellen menschlicher Bosheit zu suchen, sondern in der Tatsache, daß das Gesetz der Auslese durch Leistung ersetzt wurde durch die wertende Willkür eines anonymen Verwaltungsapparats. In diesem Umfeld gewinnt eben nicht der Fleißige und in der Sache Tüchtige, sondern der seine persönlichen Anliegen dreist und rücksichtslos Erzwingende. Längst sind die haltgebenden, organisch gewachsenen, vertikalen Leistungshierarchien einer horizontalen Verwaltung gewichen, längst sind Sachkompetenz und persönliches Engagement nur noch hinderlich für die berufliche Karriere.“ [26]
Die Grundlagen für die Versorgungsmentalität, die keine Gegenleistung kennt, werden seit über 40 Jahren schon im staatlichen Schulsystem gelegt und im Justizsystem weitergeführt, wie das zitierte Urteil des Oberlandesgericht Karlsruhe so beispielhaft demonstriert. Die dialektische Implikation des Unterhaltsrechts und seine verhaltenssteuernde Wirkung wurde bereits anhand einer Analyse des Joachim Wiesner dargelegt.[29] Das Unterhaltsmaximierungsprinzip nur mit einer „aus dem Ruder gelaufenen“ Rechtsprechung zu erklären, greift zu kurz. Karin Pfeiffer-Stolz merkt zu Recht an, dass in dieser Gesellschaft viel zu weitreichend moralische Grundlagen geschleift und echte Autoritäten demontiert wurden, als dass noch erwartet werden könnte, dass Menschen sich nicht nehmen, „was ihnen zusteht“. Diese egoistische Anspruchsmentalität, die um sich greift, droht nicht nur die Familien zu zerstören, sondern letztendlich die gesamte Gesellschaft.
Jagd auf säumige Unterhaltszahler
Die Zahlungsmoral beim Unterhalt ist bei zahlungspflichtigen Frauen geringer als bei Männern, wie die Proksch-Studie ergeben hat.[32]
Trotzdem spricht die Berichterstattung in den Medien immer nur von säumigen Vätern.[33]
Immer wieder werden Berichte in Umlauf gebracht, dass der Staat für Abermillionen Euro Unterhalt aufkommen müsse, weil Väter nicht zahlen.
Es sei nicht einzusehen, dass deutsche Steuerzahler die Last verantwortungsloser Väter tragen müssten und so weiter.[34a]
2009 sollen Jugendämter 819 Millionen Euro für Unterhaltsvorschüsse aufgewendet haben. Berücksichtigt man, dass in jedem fünften Fall der Vorschuss vom Kindesvater zurückgeholt werden kann, verbleiben 655 Millionen Euro.[34b]
Diese Summe klingt zunächst viel, wirkt aber relativ banal, wenn man erfährt, dass Deutschlands Kommunen für die Entfernung ausgespuckter Kaugummis jährlich etwa 900 Millionen Euro ausgeben.[35]
Immer wieder wird zur Jagd auf säumige Unterhaltszahler geblasen. Regelmäßig ist das erfolglos, weil die meisten Väter, die keinen Unterhalt zahlen, Mangelfall sind und nicht zahlungsfähig sind. Das wollen die Betreiber des Unterhaltsmaximierungsprinzips aber meistens nicht einsehen.
Ein Grund liegt im sinkenden Einkommen der unterhaltspflichtigen Väter. Liegt das Einkommen nach allen Abzügen unter dem so genannten Selbsterhalt von etwa 900 Euro, muss der Vater keinen Unterhalt zahlen. Bei geringem Einkommen kann vielleicht noch für ein Kind Unterhalt gezahlt werden, bei zwei oder drei Kindern lang das Geld dann nicht mehr. Dafür müsste der Vater schon richtig gut verdienen.[36]
Wenn ein unterhaltspflichtig gemachter Vater aber „dauerhaft nicht leistungsfähig“ ist, führen „Beitreibungsversuche“ lediglich zu Kosten und sind „wirtschaftlich fragwürdig“.
Trotzdem ist die Empörung über nicht zahlende Väter groß. Für Jugendarbeiterin Astrid Leonhardt handelt es sich um einen Straftatbestand und kein Kavaliersdelikt. Und: „Viele Väter rechnen sich arm, tricksen und drücken sich vor ihrer Verantwortung“, empört sich nicht nur die ehemalige Sozialministerin und jetzige Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen Christine Lieberknecht.[37] Sie weiß auch: „Gerade säumige Väter versuchen oft mit allen Tricks, ihre Einkünfte zu verschleiern.“[38]
Im Forum der TrennungsFAQ berichtet ein Vater, wie seine Exfrau über 2,5 Jahre neben Unterhaltsleistungen für das Kind auch Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt bezogen hat. Nach dem ersten Monat hatte er die Unterhaltsvorschusskasse informiert. Eine Anzeige gegen die Exfrau wegen Sozialbetruges gab es nicht, dafür prüfte das Jugendamt aber, ob das Geld noch mal vom Vater eingeholt werden kann. Auch solche Beträge sind in den publizierten Quoten enthalten.[39]
Ein Hamburger Versuch, Inkassobüros zu beauftragen, wurde seinerzeit wieder aufgegeben, nachdem man festgestellt hatte, dass der finanzielle Aufwand in keinem Verhältnis zu den beigetriebenen Beträgen steht.[40] Aber immerhin wird so in der Öffentlichkeit das Bild des Vaters als Rabenvater und der Mutter als bedürftige Alleinerziehende aufrechterhalten.
Entwicklung in Deutschland
Die Unterhalts- und Gerichtskostenmaximierung wird in Deutschland ins Extrem getrieben. Das Unterhaltsmaximierungsprinzip hat seinen Ursprung in der Erfindung der nachehelichen Solidarität. Die Titulierung von Unterhaltsforderungen hat in Deutschland vor 15 Jahren angefangen. Seither gab es alle zwei Jahre eine gravierende Verschärfung und Verschlimmerung:
Inzwischen ist alles bis zum Anschlag ausgereizt und den Punkt erreicht, an dem nichts mehr zu verschlimmern ist, weil die Unterhaltsrechtsprechung maximal katastrophal für den Pflichtigen ist. Die Täter dieses beispiellosen Raubzuges tragen alle Roben oder sitzen auf Ministersesseln.[41]
Der Unterhaltszeitraum kann beliebig verlängert werden und ist nur in der Kreativität der Kindesmutter und ihrer Anwältin beschränkt, Gründe zu benennen, die in der Person des Kindes liegen oder in der Person der Mutter. Der Richter macht sowieso aus jedem Verfahren ein Einzelfall und winkt den Antrag auf Unterhaltsverlängerung in aller Regel durch. Die Rechtspflege produziert das Recht auch selbst, so sind beispielsweise im Unterhaltsrecht rund 99 % der „Regeln“ von den Richtern selbst geschaffen – Musterbeispiel dafür ist die Düsseldorfer Tabelle. Begriffsdefinitionen, gesetzesähnliche Konstrukte, Ideologien, all das produzieren die Richter selber. „Kindeswohl“ ist zum Beispiel ein rein von den Roben definierter Begriff und genauso katastrophal sind auch die Auswirkungen daraus.[42]
Es spielt auch immer weniger eine Rolle, ob eine Mutter verheiratet ist oder nicht. Das Unterhaltsmaximierungsprinzip schlägt auch gleichermaßen zu bei der dreifachen deutschen Mutter, deren Mann sich mit einer zwanzig Jahre jüngeren Frau auf Mallorca vergnügt[43] wie auch bei der Afrikanerin, die zur Unterhaltsoptimierung drei Kinder von drei deutschen Männern hat.[44] Der deutschen Rechtspflege und der HelferInnenindustrie ist das gleichgültig.
Eine Rechtspflege, die Familie total verrechtlicht und ein Unterhaltsrecht praktiziert, das Menschen mit voller Absicht gnadenlos vernichtet, gehört zerschlagen.[45]
Unterhaltsmaximierungsprinzip in Großbritannien
Auch in anderen Ländern wird nach dem Unterhaltsmaximierungsprinzip verfahren. Komiker John Cleese verdiente einst Millionen, nun ist er pleite. Als Monty-Python-Mitglied und Drehbuchautor von „Ein Fisch namens Wanda“ wurde er bekannt. Ein Scheidungsverfahren brachte ihn um sein Vermögen. Die Frau, die er einst mit ihren zwei Kindern 1992 aus einer Sozialwohnung rausgeholt hatte, bekam 8 Millionen britische Pfund zugesprochen und erhält nun darüber hinaus sieben Jahre lang je 600.000 £. Nun muss der Mann im Alter von 71 Jahren wieder arbeiten gehen, um die Scheidung zu finanzieren. Cleese: „Ich muss in jedem Jahr erst einmal eine Million verdienen, bevor ich auch nur einen Penny behalten darf.“ Er findet es unfair, dass, wenn beide heute sterben, ihre Kinder viel mehr als seine bekommen würden. Die Ehe mit Alyce Faye Eichelberger war kinderlos.[46]
Im Jahr 2010 wird die Schraube der Unterhaltsmaximierung weiter gedreht: Anwaltszwang im gesamten Unterhaltsrecht, höherer Unterhalt für Kinder, niedriger Selbstbehalt für Väter, Betreuungskosten als Mehrbedarf.
a) P am 2. Juni 2009 – 12:27 Uhr
b) P am 4. Mai 2009 – 13:38 Uhr
c) P am 16. Juni 2009 – 11:09 Uhr
OLG Jena, Urteil vom 3.7.2008 – Aktenzeichen 1 UF 397/07
Es wurde vom Beklagten Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt und führt dort das Aktenzeichen XII ZR 124/08 (Quelle: FamRB 2008, S. 329)
a) (14:15 Min.) b) (15:00 Min.) c) (20:00 Min. und 22:00 Min.) d) (13:50 Min.) e) (8:15 Min.)
vergleiche auch: Scheidung: Frau kann lebenslang Unterhalt verlangen – Die Unterhaltsreform sollte eigentlich dafür sorgen, dass der besser verdienene Ehegatte seinen Ex-Partner nicht dauerhaft durchfüttern muss. Nun hat der BGH die Regelungen präzisiert. AZ: XII ZR 111/08, Focus am 28. Mai 2009