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Die Familie und ihre Zerstörer

Was schief läuft und was anders werden muss – Eine überfällige Debatte

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3.1.1. Die Politik

Dieses Buch handelt von der Familie und ihren Zerstörern. Wenn man den Ursachen für die Zerstörung der Familie nachspürt, trifft man auf Dinge, die sich nicht so einfach zuordnen lassen. Schnell stellt man fast, dass es unmöglich ist, die Familien­politik losgelöst von der allgemeinen Politik und dem Zeitgeist zu betrachten. Was als Politik letztlich sichtbar und wirksam wird, ist schließlich das Ergebnis eines komplexen gesell­schaft­lichen Prozesses.

Ausgehend von den Lebensbereichen der Familie sind die Politikfelder daraufhin zu untersuchen, welchen Einfluss sie auf die Institution der Familie haben.[1]


zurückNatur

Schon Jean Jacques Rousseau hat darauf hingewiesen, dass die „unbesiegbare Natur“ zurück­schlägt, wenn die Herrscher falsche Gesetze erlassen und gegen die Ordnung der Dinge verstoßen. Der katholische Münchner Philosoph Robert Spaemann fügt hinzu: „Wahrheit lässt sich auch durch eine demokratische Entscheidung nicht beugen.“ [2]

Es soll an dieser Stelle nicht darüber philosophiert werden, wann die Natur zurückschlagen wird. Die vorliegende Arbeit wurde allerdings vorgelegt, weil die Geburtenrate um 50 % zu niedrig (1,4 statt 2,1) und die Scheidungsrate bei 50 % liegt. Es gibt Stimmen, die befürchten, dass die Politik zu einem nicht wieder gut­zu­machenden Schaden an unserer Nation führen wird, wenn diese Tatsachen auf Dauer ignoriert werden.

zurückDemokratie

Da gibt es zunächst die alte Herrschafts­politik, die auf den Souverän einer Demokratie, den Bürger, eher verächtlich herabblickt und am liebsten von oben herab mit Gesetzen und Verordnungen die Bürger dazu veranlasst genau das zu tun, was die herrschende Klasse wünscht. Dieser Politikstil ist natürlich anti­freiheitlich. Eine Zuordnung ist schwierig, da von den alten und neuen Eliten sich kaum jemand offen anti­demokratisch gibt und sogar Adel und Königs­häuser in Demokratien sich staats­tragend geben. Spürbar wird es aber bspw. wenn Konzerne ihre Gewinne in Steuer­paradiese transferieren und der Staat gescheiterten Banken groß­zügig Bürgschaften geben, während der Bürger über Mehrwert­steuer ausgepresst wird. In seltenen Fällen wird es auch sichtbar wie beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm. Stärker hätte sich auch Ludwig XIV. nicht von seinem Volk abschotten können wie diese Vertreter von Bürgern angeblich demokratisch verfasster Staaten.

Dagegen stehen – sich selbst als „revolutionär“ verstehende – Geister, die vorgeben, den Bürger bzw. das Individuum vor eben dieser Herrschafts­politik zu schützen bzw. zu befreien. Unter Alt-68ern und Links­intellektuellen ist eine Geistes­haltung weit verbreitet, die besser zu wissen meint, was gut für das Volk sei und dies muss die Gesellschaft beispielsweise mit Dosenpfand und Rauch­verboten ertragen. Grüne und Links­intellektuelle knechten das Individuum unter das Kollektiv der Besser­wisserei und bevormunden den Souverän.

Im linken Spektrum gibt es seit jeher die Diskussion, ob eine soziale Diktatur in Form einer „Diktatur des Proletariats“ oder eine soziale Demokratie im Sinne der sozial­demokratischen Idee der Sozialen Marktwirtschaft die bessere Antwort auf gesell­schaft­liche Fragen wäre. Historisch stehen für diese Positionen die SPD und die KPD. Nach dem „Marsch durch die Institutionen“, der deutschen Wieder­vereinigung, der Wahl einer FDJ-Funktionärin zur Kanzlerin und dem Eintreten Ursula von der Leyens für staatliche Krippen­plätze sind diese Unterschiede obsolete geworden. Der Unterschied zur alten Herrschafts­politik ist geringer, als die Genossen wahrhaben wollen: Die alte Herrschafts­politik trägt das Etikett „kapitalistisch“ und „patriarchalisch“, die neue „sozial(istisch)“ und „frauen­freundlich“. Mit der Über­zeugung zu wissen, was gut für das Volk ist, wird der Staat von Linken instrumentalisiert, um den Bürger zum richtigen Verhalten anzuhalten und wenn nötig zu sanktionieren. Spätestens mit der „Sozial­demokratisierung“ der CDU setzte sich Politikstil als un­hinter­fragbarer Mainstream durch, der sich mit staatlicher Bevormundung des Bürgers, feministischer Gleichschaltung (auch Gender Mainstreaming genannt) und die staatlich alimentierter Aufblähung der Helfer­berufe zu einer HelferInnen­industrie beschreiben lässt.

Weder konservativer noch linker Politikstil steht im Ruf sehr demokratisch und freiheits­liebend zu sein. Der staatliche Zugriff des Staates auf die Privatsphäre seiner Bürger und in den autonomen Bereich der Familie ist ein veritabler Angriff auf die Freiheit. Familien­zerstörung wird noch viel zu wenig als ein grober Verstoß gegen das Subsidiaritäts­prinzip verstanden.

Das System ewiger Sanktionierungen des privaten und öffentlichen Lebens muss ein Ende finden. Freiheit ist ein Gut, dass es zu kultivieren gilt und nicht als Gefahr verstanden werden sollte. Zu einer freien Gesellschaft gehören eben auch autonome und vitale Familien und eben nicht vom Staat abhängige Individuen.

Gabrielle Kuby warnt:

„Das Haus, in dem wir leben, ist einsturz­gefährdet, die Kinder fehlen, das Geld fehlt, die Werte fehlen, die Demokratie erst möglich machen.“ [3]

Exkurs: Wie souverän ist Deutschland?

zurückWer regiert uns?

Auch die Zusammensetzung des Parlaments bietet Anlass zur Sorge. Lehrer sind über­proportional als Abgeordnete in Parlamenten vertreten. Lehrer und andere sind aber als Beamte Teil des Staates. Regiert sich der Staat also irgendwann selbst? Auch Juristen sind über­proportional vertreten. Damit wird latent die Gewalten­teilung zwischen Gesetzgebung (Parlament) und Recht­sprechung (Gerichte) durch Seilschaften gefährdet, denn Juristen kennen sich untereinander seit dem Studium an der Universität und bleiben bei der Parteiarbeit in Verbindung. Welche Stellung hat da der Bürger, der ja per definitionem der Souverän eines demokratischen Staatswesens ist, wenn im Parlament Staatsdiener (Lehrer) und Juristen sitzen?

Der Kabarettist Georg Schramm hat zum Abschied von Dieter Hildebrandt einen Satz geprägt, der seine und Hildebrandts Lebens­erfahrung zusammenfasst:

„Politik machen Interessen­verbände, die die Fäden ziehen, an denen politische Hampel­männer hängen, die uns dann auf der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen dürfen. Diese Polit­figuren dürfen in den öffent­lich-recht­lichen Bedürfnis­anstalten bei den Klofrauen Christiansen und Illner ihre Sprechblasen entleeren. Und wenn sie da ihre intellektuelle Notdurft verrichtet haben und es tröpfelt nach, dann können sie sich bei Beckmann und Kerner an der emotionalen Pissrinne auch noch unter’s Volk mischen.“ [4]

Im ersten Kapitel wurde betont, wie wichtig die Autonomie der Familie ist für die Freiheit des Bürgers ist, es geht um die wichtige Gewalten­teilung zwischen der öffentlichen Bereich des Staates und dem privaten Bereich der Familie. Die oben angedeuteten politischen Gemenge­lagen erklären die allgemeine Verwirrung, die über die Bedeutung der Familie besteht. Statt die Familie zu schützen, wie im Grundgesetz gefordert, wird die Familie allerlei ideologischen Experimenten preisgegeben. Darunter leidet die Familie und das bewirkt langfristig ihre Zerstörung.

zurückMythos Macht

In diesem Buch wird der Vorwurf erhoben, dass der Staat die Familien­strukturen dadurch schwächt und zerstört, in dem er den Familien die Autonomie und Handlungs­kompetenz nimmt. Doch wie sieht es mit der Handlungs­kompetenz und der Macht der Politik aus? Ist angesichts von Globalisierung und Finanzkrise das Konzept von dem Primat der Politik überhaupt noch gültig? Auch was die Gesundheits- und Renten­reform angeht, so sieht es mit der Handlungs­kompetenz der Politik eher kritisch aus. Wenn dem aber so ist: Was bedeutet das wiederum für die Familie und ihrer Verrechtlichung bzw. „Verstaatlichung“?

Alexander-Platz schreibt in einer Kolumne über die Politik und die „Entzauberung des Machtbegriffs“:

„Politik lebt von einer Machtvermutung, die sie schon lange nicht mehr einlösen kann. In der neuen Welt zählen Kompetenz und Handlungs­spielraum. Unser mittel­alterlicher Machtbegriff hat ausgedient und mit ihm das Parlament.
[…] Hinter dem Schreibtisch von Frau Merkel steht keine Schatzkiste mit der Aufschrift ‚Macht‘. Es kommen auch keine bösen Räuber aus Brüssel, um das Kanzleramt zu plündern und die Truhe im Triumphzug nach Brüssel zu überführen.
Was wie Machtlosigkeit der Politik der Kanzlerin aussieht, ist in Wirklichkeit die Morgenröte der neuen Zeit. Macht bedeutet Handlungs­kompetenz. Handlungs­kompetenz haben – je nach Handlungsfeld oder Aufgabe – verschiedene Akteure.
Macht bedeutete in der alten Welt eine umfassende Zuschreibung. All-Macht: Die wurde dem Kaiser und dem Papst zugeschrieben. Letztendlich Gott. Und der gibt seinen irdischen Repräsentanten etwas davon ab. Diese beiden Gewalten brauchten keine Gestaltungs­kompetenz. Sie bestimmten, was die Wirklichkeit ist. […]
Das Volk hat bis heute diesen Machtbegriff behalten, auch wenn es schon lange keinen Kaiser mehr gibt. Diese alte Begriffs­bedeutung ruht im Sediment unseres kulturellen Erbes. […]
Warum werden manche Gesetzes­vorlagen in Rechts­anwalts­kanzleien geschrieben? Weil die Anwälte das in dem einen oder anderen Fall besser machen als die zuständigen Fachressorts. Und das, obwohl in diesen Ministerien durchaus Hunderte fähiger Mitarbeiter sitzen. […]
Der Mythos einer all­um­fassenden Macht geht in diesen Tagen unter. Die Euro-Krise hat es gezeigt, die Diskussion um das richtige Gesundheits­system zeigt es. Heute heißt Macht Handlungs­kompetenz – das ist der entzauberte und säkularisierte Begriff, der auf den Trümmern des abend­ländischen Machtbegriffs aufbaut. Diese Kompetenz haben, je nach Fragestellung, verschiedene gesell­schaft­liche Akteure oder Gruppen. […]
Wenn die Morgenröte vorüber sein wird und der Tag anhebt, wird es einen Wirtschaftsrat, einen Netzrat, einen Politikrat, einen Ethikrat, einen Sportrat etc. geben, deren Mitglieder ernannt werden und die gemeinsam im diskursiven Verfahren versuchen, unser Zusammenleben zu gestalten. […]“
[5]

Interessant ist, dass offenbar auch in Alexander Platzs Gedankenwelt der Begriff „Familienrat“ keine Rolle spielt. Wenn es mit der Handlungs­kompetenz der Politik nicht so gut bestellt ist, dann wäre das Grund genug, die Handlungs­kompetenz der Familien zu verteidigen und zu stärken.

zurückBürokratie und Staatsbankrott

Professor Walter Wittmann schreibt über Steuern, Sozial­aus­gaben, Bürokratie und Staatsbankrott:

„Staatsbankrotte sind nicht neu, sie sind fast so alt wie die Menschheit. Bürokratie und Wohlfahrt bildeten stets den Auftakt für den wirt­schaft­lichen Niedergang. […]
Die Steuerbelastung ist langfristig massiv angestiegen, sie kennt keine Grenzen und hat noch einen anderen Nebeneffekt: Negative Steuer­wirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung werden vernachlässigt und Warnungen in den Wind geschlagen. Man argumentiert stets mit dem wachsenden Staatsbedarf und mit der ‚Steuer­gerechtigkeit‘, um der Expansion einen sozialen Anstrich zu vermitteln. […]
In der Regel treten jene für ‚mehr Gerechtigkeit‘ ein, die selbst unter­durch­schnittlich oder gar keine Steuern bezahlen, zugleich aber am meisten von staatlichen Leistungen aller Art profitieren. Auf Dauer kann diese Rechnung für keinen Staat aufgehen. […]
In dem Masse, wie die wirtschaftliche Dynamik anhaltend nachlässt und in die Stagnation mündet, antwortet der Staat mit einer beschleunigten Verschuldung, denn er findet keine Wähler­mehrheit für einen Abbau von Staats­leistungen im Allgemeinen und Sozial­ausgaben im Besonderen. Operiert der Staat auch noch mit Sonder­steuern zu Lasten von ‚reichen Personen‘ und Unternehmen, ist er auf dem Wege, die Volkswirtschaft zu ruinieren. Im Zuge dieser Entwicklung gerät er immer mehr in die Schuldenfalle, aus der es kein Entrinnen mehr gibt. Den krönenden Abschluss bildet der Staats­bankrott. […]
Die historische Erfahrung zeigt, dass jeder Staat stets den Weg des geringsten Widerstandes geht. Er verschuldet sich immer wieder, um Ausgaben – unter Umgehung des Steuer­wider­standes – finanzieren zu können. Es gelingt ihm sogar regelmäßig, mit wechselnden Argumenten Geldgeber von der Notwendigkeit und Nützlichkeit der Verschuldung zu überzeugen. In der Regel verschulden sich Staaten, unabhängig von ihrer politischen Orientierung, bis zum Ruin. Daher gilt: Die Geschichte der öffentlichen Finanzen ist jene der Bankrotte. Sie reicht vom Altertum bis in die Gegenwart.“
[6]

Kurz gefasst: Erst ruiniert der Staat die Familien und die Volkswirtschaft, und dann sich selbst.





[1] Für parteipolitische Standpunkte siehe beispielsweise bei MANNdat: Männer­politik der Parteien – Studie zur Bundestagswahl 2005
[2] Die Wahrheit lässt sich auch nicht demokratisch beugen, kreuz.net am 14. Dezember 2009. Robert Spaemann in einem Interview mit der Tageszeitung Welt: Philosoph Spaemann: „Minarette sind für den Islam nicht lebenswichtig“, Welt am 11. Dezember 2009
[3] Gabriele Kuby: Gender-Wahnsinn – Einsturzgefahr, The European am 18. Juni 2010
[4] „Georg Schramm bei der Verabschiedung von Dieter Hildebrandt aus dem Scheibenwischer“, ARD am 2. Oktober 2003, YouTube Min. 1:05-2:10 MP3-Dokument MP3-Dokument Georg Schramm als Oberstleutnant Sanftleben: „Das Weichziel ist der Mensch“, SAT am 20. Januar 2008, YouTube Min. 7:50 MP3-Dokument
[5] Alexander-Platz: Mythos Macht – Parlamente abschaffen, The European am 16. Juni 2010
[6] Walter Wittmann: Die fast unaufhaltbare Schuldenspirale, 20-Minuten am 12. Juli 2010